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Schulprojekt Martin Luther als Superstar

Wer war eigentlich Martin Luther? Das Thema beschäftigt die Schüler der Gardeleger Wander-Förderschule für Geistigbehinderte in Gardelegen.

Von Gesine Biermann 16.02.2017, 20:00

Gardelegen l Er hatte nicht nur diese geheimnisvolle Holzkonstruktion in ihrem Klassenraum aufgebaut, sondern auch viele spannende Geschichten im Gepäck. Bernd Schlawer aus Eschede und seine historische Gutenberg-Presse waren gestern in der Gardeleger Förderschule für Geistigbehinderte zu Gast und brachten so eine Zeit näher, die dort gerade im Unterricht behandelt wird. Die Jungen und Mädchen der beiden Oberstufenklassen lernen nämlich gerade Martin Luther kennen, „den Superstar“ aus Wittenberg, sagt Gabriele Wandrey, Klassenleiterin der O3, augenzwinkernd. Und das passiert, wie alles an dieser Schule, auf ganz besonders anschauliche Weise.

Bernd Schlawer und seine Druckerpresse passen da prima ins Konzept. Denn selbstverständlich funktioniert das historische Stück noch. Und fast so wie einst zu Martin Luthers Zeiten wird dann auch im Klassenzimmer gedruckt. Wer will, darf es ausprobieren und selbst mal drucken. Erlebbare Geschichte zum (Be)greifen und Ausprobieren. So bleibt Unterrichtsstoff gut im Kopf. Begeistert folgen die Jungen und Mädchen dem Erzähler mit dem mittelalterlichen Kostüm aber auch theoretisch. Denn Schlawer kann ihnen zum Beispiel erklären, woher das Sprichwort „Das geht doch auf keine Kuhhaut“ stammt. In dieselbe wurden nämlich einst die wertvollen Bücher eingebunden. Viel Platz war auf dem damaligen Cover aus Rinderleder indes nicht. Daher der Spruch.

Schlawer erzählt ihnen zudem, warum Bücher aufgeschlagen und nicht aufgeklappt werden, und er zeigt das auch gleich ganz praktisch an einer alten Bibel samt historischer Metallverschlüsse. Zu bestaunen gibt es weiterhin echtes Pergament und eine echte Lutherbibel. Und da ist sie, die Verbindung zum Schulstoff Luther. Am Ende gibt es ganz viel Applaus für den Gast aus Eschede – und damit auch ein bisschen für Lehrerin Ute Malycha, Klassenleiterin der O1, die das tolle Projekt nämlich an ihre Schule geholt hat.

Spannend soll es den kommenden Wochen in Sachen Luther aber auch weitergehen, versichert ihre Kollegin Gabriele Wandrey. „Das Schöne am Reformator“ sei nämlich, „dass man fast jedes Thema mit ihm verbinden kann“. Die Lutherlieder passen prima in den Musikunterricht; mit ganz vielen Buttons, also Ansteckern mit Luthers Kopf als Schattenriss, werden die Kinder an einer Karte dokumentieren, wo überall in Sachsen-Anhalt er wirkte. Im Fach Kunst wird die Lutherrose behandelt und ihre Farben – und natürlich gibt es sie als Ausmalvorlage. „Aber auch solche Themen wie Zivilcourage und Mut kann man an Luther schön erklären“, sagt Wandrey.

Einbezogen in den aktuellen Unterrichtsstoff sind übrigens auch die Eltern der Schüler. Sie können in kleinen Büchern über Luther gemeinsam mit ihren Kindern lesen. Auf das größte Projekt können und müssen sich die Kinder allerdings noch ein Weilchen vorfreuen. Am Ende des Schuljahres, also kurz vor den Sommerferien, ist nämlich ein Ausflug in die Lutherstadt Wittenberg geplant, verrät Wandrey. Und dann wissen alle sicher noch genau, wie sie gedruckt wurden, die berühmten 95 Thesen, die ihr neuer Superstar einst an die Kirchentür nagelte. Nämlich auf einer ähnlichen Presse, wie sie gestern Bernd Schlawer in ihrem Klassenraum mit ihnen ausprobiert hat.