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Stadtrat Wienecke: "Politik lässt die Leute im Stich"

Der Bauausschuss sollte beraten, ob Gardelegen eine Resolution zum Thema Wolf beschließen soll. Es wurde eine Debatte gegen den Wolf.

Von Cornelia Ahlfeld 05.05.2017, 01:01

Gardelegen l Der Wolf polarisiert die Gesellschaft. Dieser Satz geistert durch alle Medien. Auch der Bauausschuss des Gardeleger Stadtrates zeigte sich in seiner Sitzung am Dienstagabend im Rahmen einer Wolfsdebatte polarisiert. Eindeutig war die Meinung der Mehrheit im Ausschuss: Der Wolf gehört nicht hierher. Oder, wie es Ausschussvorsitzender Gustav Wienecke formulierte: „Ich persönlich brauche keinen Wolf.“

Hintergrund der Debatte war eine Stellungnahme der Stadt zum Entwurf der Leitlinie Wolf. Gefordert wird unter anderem eine Lockerung der strengen EU-Richtlinien, wonach der Wolf unter strengstem Schutz steht. Gefordert wird auch eine Entschädigung für Hobbytierhalter, die derzeit noch leer ausgehen, und eine höhere Förderung von Schutzmaßnahmen. Der Bauausschuss hatte dazu am 27. März beraten, konnte aber damals zu keinem Ergebnis kommen. Unterdessen hat auch der Ortschaftsrat Breitenfeld eine Resolution verfasst mit dem Antrag, der Stadtrat möge sich dieser Resolution anschließen. Der Bauausschuss einigte sich Ende März darauf, einen Fachmann einzuladen.

Gast der Sitzung am Dienstagabend war Andreas Berbig vom Wolfskompetenzzentrum Iden. Eigentlich sollte sich der Bauausschuss im Ergebnis der Sitzung über den Inhalt einer Resolution einigen. Das erfolgte nicht. Stattdessen fand eine emotionale Diskussion zum Thema Wolf statt – mit dem Mehrheitstenor der Ablehnung. Nur ein Ausschussmitglied, Sieghard Dutz (Linke-Fraktion), outete sich als Wolfsbefürworter.

Berbig ging eingangs auf die aktuelle Lage ein. Mit Stand September 2016 gebe es in Sachsen-Anhalt ein Wolfspaar sowie zwölf Wolfsrudel. Im Internet kursiere dazu recht viel. „Wenn man allerdings konkret nachfragt, wer, was, wann, wo, dann bleiben die Antworten aus“, so Berbig. Solche Angaben könnten jedenfalls nicht für das Erstellen sicherer Karten verwendet werden. „Das hat nichts mit Verschweigen zu tun“, betonte Berbig. Sicher, der Wolf als großes Raubtier schaffe Probleme. Ziel der EU sei es, stabile Bestände zu erreichen. „Das gilt auch für andere Arten“, so Berbig, „ich weiß, dass einige Schäfer und Rinderhalter stark betroffen sind, aber gemessen an der Fläche und am Tierbestand ist das noch relativ wenig.“

Berbig verwies auf die nächste Agrarministerkonferenz der Länder im Herbst dieses Jahres. Bis dahin soll eine Bestandsaufnahme für Wolf, Biber und Kormoran vorliegen. Er gehe davon aus, dass es dann im Bund eine Entscheidung geben wird, ob die Bestände stabil genug sind oder nicht und wie dann weiter verfahren werden soll.

Im Bauausschuss wurde dann eifrig diskutiert. Die Ängste der Bevölkerung müssten ernst genommen werden, forderte Gustav Wienecke. Denn der Wolf stünde vor der Tür.

Regina Lessing (Gemischte Fraktion) kritisierte die Verfahrensweise insgesamt. Man hätte vor einer Ansiedlung der Tiere Probleme besprechen müssen. Es sei klar, dass sich der Wolf, der keine natürlichen Feinde habe, fröhlich vermehrt. Es könne nicht sein, dass bei Wolfsschäden Bürger und Tierhalter auf ihren Kosten sitzen bleiben, die Leute sich „hochrüsten“ müssen, um Nutzvieh zu schützen. „Das ist eine Schreibtischtätertat der EU“, so Lessing.

Der Wolf sei schließlich kein Vogel und auch kein nützliches Tier. „Der Wolf beißt, reißt und macht Schaden. Ganz früher hat hier auch mal der Bär gelebt. Umweltfreundlich gut gedacht, aber wo bleibt der Mensch?“, so Lessing.

Einst sei er mal für den Wolf gewesen, sagte Klaus Fehse (CDU-Fraktion). Seit dem 18. April nicht mehr. Der Wolf habe aus seiner Hobbyhaltung drei Schafe und ein Lamm gerissen, und das bei einem 600 Meter langen und 2,50 Meter hohen Zaun. Entschädigung gebe es für Hobbytierhalter nicht. „Wie kann man da Schafe halten, wo der Wolf ist, wurde mir gesagt“, so Fehse. Eine Lösung wäre der Bau eines Untergrabenschutzes. „Wenn man das professionell macht, wird das richtig teuer“, so Fehse. Die EU-Richtlinien müssten unbedingt überarbeitet werden. Der Wolf gehöre unter das Jagdrecht. Entschädigungen und Präventionsförderungen müsste es auch für Hobbytierhalter geben.

Hobbytierhalter hätten tatsächlich nach jetziger Regelung Pech, was Entschädigungen betreffe, bestätigte Berbig. Bisher konzentriere man sich auf Tierhalter, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen. „Die Politik lässt die Leute im Stich“, kommentierte Gustav Wienecke.

Ulrich Scheffler (SPD-Fraktion) sprach von einer Wolfspopulation, die hoffiert werde, aber aus seiner Sicht nur Schaden anrichte. Dem Wolf würden andere Tierarten „zum Fraß vorgeworfen“, wie beispielsweise das Muffelwild.

Sieghard Dutz forderte mehr Sachlichkeit in der Diskussion, denn in Sachen Wolf würden die wildesten Dinge kursieren. „Der Wolf soll sogar schon auf dem Spielplatz in Jerchel gewesen sein. Wir können uns hier heiß reden, soviel wir wollen“, so Dutz. Ansprechpartner seien die Abgeordneten des EU-Parlamentes. Dutz: „Die haben alle eine E-Mail-Adresse und sind auch erreichbar.“