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Marathon Genthiner sprinten auf Schweizer Berge

Zehn Genthiner waren kürzlich in der Schweiz und beim Berlin-Marathon unterwegs.

12.10.2015, 22:18

Interlaken/Berlin (mzi/fh) l Die Schweizer bezeichnen ihn als schönsten Marathon der Welt. 4000 Läufer starteten kürzlich beim 23. Jungfrau-Marathon im schweizerischen Interlaken. Höchster Punkt ist eine Passhöhe namens Kleine Scheidegg. Unterhalb von Eiger, Mönch und Jungfrau liegt die Kleine Scheidegg auf 2061 Metern über Meer. Sie bietet den Läufern eine spektakuläre Sicht. „Die fantastische Strecke vor imposanter Bergkulisse ist sowohl ein Naturerlebnis als auch eine intensive sportliche Herausforderung. Fast 1900 Höhenmeter müssen die Teilnehmer im Berner Oberland bewältigen“, erklärt Sabine Cornelius. Die Langstreckenläuferin war quasi die Bergführerin für ein Quintett aus Genthin. Sie ist die einzige, die diese Tortur schon im Vorjahr gemeistert hatte. Sie findet: „Der Jungfrau-Marathon ist ein gigantisches Feuerwerk für die Sinne.“ Mitgenommen hatte sie nach Interlaken ins Berner Oberland die Langläufer Marion Wagner, Beate Bolle, Ralf Peiker und Olaf Meier sowie Betreuer und Fotograf Torsten Grützmacher.

Schnellster Genthiner war Olaf Meier, der als einziger unter fünf Stunden lief. Er meint: „Es gibt wohl keinen Marathon in Europa mit derartigen Dimensionen. Eiger, Mönch und Jungfrau sind das berühmteste Dreigestirn der Alpen.“

90 Prozent aller Starter freuten sich im Ziel über Finisher-Medaille, Shirt, original Schweizer Schokolade und über die herrliche Aussicht. Nicht jeder hat diesen Klettermarathon beendet. Doch die Genthiner haben tapfer durchgehalten. Meier: „Die ersten 25 Kilometer waren mit etwa 250 Höhenmetern noch einfach. Dann kam es zum ersten Mal für etwa drei Kilometer zu einem Vorgeschmack auf das Abenteuer Bergmarathon. Es mussten serpentinenartig 500 Höhenmeter erklommen werden.“ Die meisten Wettkämpfer konnten diese Passage nur im Wanderschritt absolvieren. Die nächsten zehn Kilometer waren ein Wechsel aus Laufen und Gehen – aber das dicke Ende sollte noch kommen.

Nicht nur für Olaf Meier kam es kurz vorm Ziel knüppeldick: „Bei Kilometer 38 und einer Höhe von über 1800 Metern war es dann mit dem Laufen endgültig für uns Flachländer vorbei. Ein schmaler Weg über den Grat sorgte dafür, dass alle Läufer wie an einer Kette aufgereiht dem Ziel entgegenschlichen. Die Luft war merklich dünner geworden, aber das baldige Ziel und die überwältigende Aussicht vor Augen ließen uns den Mut nicht verlieren.“

Über die gesamte Strecke hinweg, selbst oben auf den Hängen trieben die Zuschauer mit ihrer Begeisterung die Athleten voran. Sehens- und hörenswert waren die Alphornbläser und der Dudelsackspieler bei Kilometer 40.

Im Ziel meinten die fünf Genthiner Läufer: „Es wird mindestens noch eine weitere Teilnahme geben.“

Wer solche Strapazen meistert, muss sich intensiv auf solche Wettkämpfe vorbereiten: „Auf diesen Lauf habe ich ein ganzes Jahr lang hingearbeitet“, erzählt Marion Wagner. „Wir sind sogar mehrmals den Brocken hoch gelaufen. Den Jungfrau-Marathon zu laufen, ist aber noch einmal eine ganz andere Kategorie.“

Ihre Eindrücke schildert Marion Wagner so: „Ab Kilometer 25 wurde es nicht nur ernst, auch das Panorama wurde mit jedem zurückgelegten Höhenmeter gigantischer. Zu meiner großen Verwunderung entpuppte ich mich als kleine Gämse, mir fiel es gar nicht schwer, die Höhenpassagen in einem zügigen Tempo zurückzulegen. Hier kamen mir wahrscheinlich meine kurzen Beine entgegen, was ja im Alltag nicht immer von Vorteil ist.“

Ab Kilometer 37 verjüngte sich der breite Wanderweg hoch zum Eigergletscher in einen schmalen Trail, das Läuferfeld staute sich. Zu schwer sind bei einigen die Beine zum Ende des Laufs, als dass sie hier noch flink hinaufkämen. Wagner: „Ein Gänsemarsch zum Ende eines Marathons, das war auch für mich eine neue Erfahrung.“ Der letzte Kilometer ging einfach nur noch stark bergab.

Die fünf Genthiner saßen noch lange oben in der Sonne, betrachteten die atemberaubende Bergwelt und waren einfach nur glücklich.

„Von der Kulisse einfach überwältigt“, war Beate Bolle: „Im Ziel kullerten die Freudentränen.“ Torsten Grützmacher wartete auf der Kleinen Scheidegg mit einer Magnum Flasche Sekt auf die Genthiner.

Weil es für Sabine Cornelius der zweite Start in Interlaken war, „sollte es mit Ralf Peiker ein gemeinsamer Genusslauf werden, unabhängig von Zeiten und Platzierungen.“ Weltbekannt ist der Skiort Wengen. Ralf Peiker erzählt: „Über die Wengeralp geht es zu der Ski-Station Wixi. Für mich persönlich begann dort der schönste Teil des gesamten Kurses. Die Stimmung an der Strecke war großartig und das Panorama von Eiger, Mönch und Jungfrau mit seinen schroffen Felsen und Eiswänden verschlug einem fast den Atem. Der strahlende Sonnenschein ließ die Gletscher von Jungfrau und Mönch besonders hell erstrahlen. Nur noch vier Kilometer, und das Ziel war zum Greifen nah. In Wixi trafen wir auf ein erfahrenes Schweizer Urgestein. Er meinte lächelnd: Von hier ist es noch eine Stunde.“ Wie, eine Stunde für nur vier Kilometer?

Der Mann sollte recht behalten.

Berlin-Marathon: 3:12 Stunden ist die fantastische Berlin-Marathon-Zeit für Paul Weinmann aus Genthin. Dabei wollte er dort gar nicht laufen, er hatte den Start (kostet über 100 Euro) beim Internet-Gewinnspiel eines Sponsors gewonnen. Also machte der 20-Jährige einen Trainingslauf unter Wettkampfbedingungen für den Magdeburg-Marathon am kommenden Sonntag. „Mal sehen, was für eine Zeit dort herauskommt.“ Für ihn war es der dritten Start in Berlin. Fünf Marathons ist er bisher gelaufen. Seine Bestzeit ist 2:53 h.

Völlig andere Voraussetzungen hatte Enrico Hanschmann (34) aus Genthin beim ersten Marathon seines Lebens – es lief bei ihm! „Ich habe immer auf einen Einbruch gewartet, aber der blieb glücklicherweise aus. Im Gegenteil, im Zielbereich hätte ich locker noch 15 Kilometer laufen können.“ Mit seiner Zeit hat Hanschmann ein Punktlandung hingelegt: „Ich wollte unter vier Stunden bleiben, und hab dies mit einem 34-Sekunden-Polster geschafft.“ Entstanden war die Marathon-Idee bei einer Wette am Biertisch. Doch der erste soll (vorerst) der letzte sein: „Ich möchte noch ein paar andere Dinge erleben, die auf meiner Liste stehen.“ Hanschmann spricht von einem schlammigen Hindernislauf, auch Strongman genannt, oder vom Triathlon: „Mal sehen, welche Herausforderung ich nächstes Jahr annehme.“

Nicht ganz so rund lief es für Rüdiger Klein bei seinem dritten Start in Berlin. Auch er wollte die vier Stunden unterbieten: „Bis Kilometer 30 war ich auch im Plan. Doch danach lief es nicht mehr rund, also entschied ich mich, das Tempo rauszunehmen und den Lauf einfach zu genießen.“

Alles andere als optimal war die Vorbereitung für Carsten und Falk Heidel von den Parchener Laufsocken, die verletzungs- beziehungsweise krankheitsbedingt ihre Trainingspläne im Vorfeld nicht absolvieren konnten. „Unter diesen Voraussetzungen bin ich mit meiner Leistung sehr zufrieden“, sagte Carsten Heidel. Der 23-Jährige war bei seinem dritten Marathon zum ersten Mal in Berlin am Start. Im familieninternen Duell hatte Vater Falk diesmal hauchdünn die Nase vorn. Beide werden am Sonntag beim Magdeburg-Marathon die Halbmarathon-Strecke laufen. Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit wird Carsten dann wieder deutlich schneller sein.

Schnellste auf der Marathon-Strecke war jedoch eine Frau: Sarah Biedermann (Parchener Laufsocken) absolvierte ihr Marathon-Debüt auf Inline-Skatern in 2:32 h. Sie meinte im Ziel: „Es lief viel besser als ich dachte. Das soll nicht mein letzter Marathon gewesen sein.“