1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Genthin
  6. >
  7. Orientalisches in der Bummelmeile

Genthiner Initiative Orientalisches in der Bummelmeile

In der Genthiner Nudel-Lounge steht der syrische Flüchtling Mohamad Rakan (52) aus Homs als Praktikant einige Stunden am Herd.

Von Simone Pötschke 15.10.2015, 01:01

Genthin l Willi Bernicke ruft Mohamad Rakan für ein kurzes Gespräch aus der Küche seines kleinen Lokals. Der Syrer eilt mit einem Teller frisch zubereiteter kleiner und liebevoll dekorierter Gemüsefrikadellen herbei. Ein fremder, appetitanregender Duft hüllt das Gericht ein. Auf der Grundlage von Kichererbsen habe er diese vegetarische Speise zubereitet, erklärt der syrische Koch in gebrochenem, aber durchaus verständlichem Deutsch. Dazu gibt es einen Joghurtdip - freilich verfeinert mit allerlei orientalischen Gewürzen. Willi Bernicke und der Koch fachsimpeln über dieses Rezept und weitere Angebote, verständigen sich über alle Klippen der deutschen Sprache hinweg.

„Ich bin froh, Mohamad Rakan bei mir zu haben“, gesteht Willi Bernicke. Rakan, geflohen vor dem Bürgerkrieg in Syrien, besaß in Homs, einer inzwischen völlig zerstörten Stadt, ein gutgehendes Restaurant und verdiente als Koch seinen Lebensunterhalt. Dass der 52-Jährige jetzt einen kleinen Job gefunden hat, ist dem Engagement von Willi Bernicke zu verdanken, der eine solche Idee bei der Veranstaltung zur Belebung der Innenstadt im Lindenhof aufgeschnappt hatte.

Klingt zunächst so, als ob das eine eigentlich wenig mit dem anderen zu tun haben könnte. Mit einem syrischen Koch irgendwann einmal orientalische Küche anbieten - das wär es, so der zunächst verwegen erscheinende Gedanke Bernickes. Deshalb nahm der Genthiner Kontakt zu Wahid Kulijew auf, der die Flüchtlinge in Genthin betreut. Er empfahl daraufhin Rakan, der seit Ende Mai in Genthin lebt, für ein Praktikum in der Nudellounge. „Das passte von Anfang zwischen uns“, zeigt sich Bernicke glücklich. Das Experiment ging auf. Der junge Genthiner Geschäftsmann ist voll des Lobes für seinen syrischen Mitstreiter. Mahamad sei wie ein Schwamm, der alles in sich aufnehme, was sich ihm zum Lernen biete. Er nehme inzwischen auch am Integrationskurs teil. Im Gespräch mit deutschen Mitarbeitern ließe er sich stets korrigieren - mit der festen Absicht, die deutsche Sprache zu erlernen.

 

Bernicke, kein Mann für große Sentimentalitäten, räumt ein, dass ihn Rakan fast zu Tränen gerührt habe, als er eines Tages spontan und glücklich zu ihm „Danke Deutschland“ sagte. Große Hoffnung setzt Bernicke nun auf das am Freitag im Technologie- und Gründerzentrum stattfindende Wirtschaftsgespräch, um für Rakan perspektivisch eine gesicherte Arbeitsgelegenheit schaffen zu können. Gespräche mit dem Job-Center in Magdeburg gab es bereits, aber der Durchbruch blieb bisher aus.

An seinem Vorhaben, mit dem syrischen Koch orientalische, vegetarische Küche in die Genthiner Bummelmeile zu holen, will Bernicke jedenfalls festhalten. „Ich bin gespannt, ob das die Genthiner als Zusatzangebot meiner Lounge irgendwann einmal annehmen“, sagt er.