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Schulkino Bildung mit Popcorn für 2000 Schüler

2000 Schüler aus dem Jerichower Land stürmten in der vergangenen Woche unsere Kinos in Genthin und Burg.

Von Falk Heidel 21.11.2015, 18:15

Genthin/Burg l Die Arbeitszeiten eines Kino-Betreibers liegen meist in den Abendstunden, den späten Abendstunden. Lars Hoffmann druckt am Freitag schon vor 9 Uhr früh reihenweise Tickets aus, während Partnerin Claudia Kaßler frisches Popcorn in die Tüten schaufelt. „Darf‘s noch eine Cola sein?“

Natürlich!

Das gemütliche Foyer des Genthiner Union-Kinos gleicht einer überfüllten Bahnhofshalle mitten im Lokführerstreik. Die linke Seite haben die Achtklässler aus der Schule am Baumschulenweg für sich entdeckt, rechts machen die Erstklässler aus der Schlagenthiner Grundschule auf der Sitzgruppe eine kleine Frühstückspause mit Milchschnitte und Saft: „Die Kinder haben Hunger, einige von ihnen sind schon seit 5.30 Uhr auf den Beinen“, erzählt Lehrerin Monika Kaiser.

Sie und Kollegin Gabriele Hahn haben sich mit den 32 Kindern aus den beiden ersten Klassen den Film „Shaun das Schaf“ ausgesucht. Der Kinovormittag ist gleichzeitig der Wandertag für die Grundschüler: „Wir haben uns zuvor im Unterricht mit der Geschichte beschäftigt, haben auch das dazugehörige Buch gelesen“, sagt Gabriele Hahn.

Die Schlagenthiner Kinder gehören zu den mehr als 1000 vormittäglichen Besuchern des Union-Theaters in Genthin. „Wir hatten tatsächlich von der ersten bis zur zwölften Klasse alle Altersgruppen hier“, erklärt Lars Hoffmann, der sich an die morgendlichen Öffnungszeiten nur schwer gewöhnen kann.

Mit zwei fünften Klassen gastiert die Burger Diesterweg-Schule im Theater der Kreisstadt. Auf der Leinwand in Burg läuft „Gregs Tagebuch - Von Idioten umzingelt“. Die Schüler waren begeistert von dem Film, berichtet ihre Lehrerin. Einige Schüler kannten das Buch. „Allerdings gab es auch nur diesen einen Film für die Altersklasse“, kritisierten die Schüler. Einig sind sich die Kinogäste in Burg und Genthin: Es ist eine tolle Möglichkeit für die jungen Leute, kostengünstig ins Kino zu gehen. Die Burger Schüler werden anschließend im Unterricht Filmkritiken schreiben.

Das Burg-Theater zählte während der Schulkinowoche 589 Besucher. Laut Betreiber war der Film „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ der absolute Renner. „Unser Parkett bietet 116 Plätze, die bei fast jeder Vorstellung des Films ausgebucht waren“, sagte Kinoleiterin Claudia Meißner. Das Kino legt diese Woche noch einmal nach: Das Schicksal ist ein mieser Verräter wird Mittwoch um 8.30 und 11 Uhr gezeigt.

Das Thema der Schulkinowoche in Sachsen-Anhalt heißt: „Nichts wie weg! Geschichten von der Flucht“. Hintergrund sind das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 70 Jahren und die starke Zuwanderung von Flüchtlingen in den 40er Jahren. Daran wollen wir erinnern, wenn heute wieder Menschen in unserer direkten Nachbarschaft Zuflucht suchen, sagte SPD-Kultusminister Stephan Dorgerloh bei der Eröffnung.

Meistgesehene Filme in Genthin waren „Honig im Kopf“ mit Til Schweiger und Dieter Hallervorden sowie „Mein Herz tanzt“. Der Streifen erzählt die Geschichte von einem palästinensischen Jungen, der in Israel ausgebildet wird. Er verliebt sich dort in ein israelisches Mädchen und steht damit zwischen den Fronten.

„Honig im Kopf“ mit dem Thema Alzheimer haben unter anderem die Achtklässler aus der Sekundarschule Am Baumschulenweg gesehen: „Im Unterricht haben wir uns intensiv auf das Thema vorbereitet“, sagte die stellvertretende Schulleiterin Petra Schulenburg zur Volksstimme.

Eine Verlängerung der Schulkinowoche hat Lars Hoffmann nicht im Sinn: „Das Thema ist durch. Wir hatten 47 Klassen bei uns, also eine prima Beteiligung.“

Ab sofort zieht wieder Normalität in sein Berufsleben ein. Aktuell erweisen sich die Tribute von Panem als Kinosaalfüller – dann darf Hoffmann endlich wieder abends arbeiten. Außer am 6. Dezember: „Da haben wir eine Vorpremiere der Neuverfilmung des Kinderbuchklassikers Heidi. Offiziell kommt der Film erst einen Tag später in die deutschen Kinos. Die Vorpremiere läuft am Nikolaustag um 15.15 Uhr – für Lars Hoffmann eine wesentlich sympathischere Arbeitszeit.