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Schüleraustausch Vom Atlantik an Kanal und Elbe

Die 17-jährige Katrin Kjaestandöttir aus Reykjavik erlebt gegenwärtig ein Austauschjahr über den AFS am Genthiner Gymnasium.

Von Simone Pötschke 07.01.2016, 20:00

Genthin/Klietznick l Eine waschechte Isländerin drückt gegenwärtig die Schulbank im Gymnasium und lernt Land und Leute kennen.

Über die Musik schlossen die Genthiner bereits Bekanntschaft mit der 17-Jährigen Katrin Kjaestandöttir, der blonden Austauschschülerin aus dem fernen Norden. Sie sang bei den fünf Vorstellungen des traditionellen Weihnachtskonzertes in der Aula das isländische Weihnachtslied „Nottun var su agaet ein“. Dass sie dazu auf der hier weitestgehend unbekannten Dulcimer spielte, zählte zu den Glanzlichtern der Abende.

Der weihnachtliche Auftritt in Genthin kam nicht von ungefähr, denn auch daheim, in einem Gymnasium in Reykjavik, singt die 17-Jährige in einem Chor mit. Als sie das ihren deutschen Mitschülern erzählte, war der Schülerchor des Bismarck-Gymnasiums gesetzt, berichtet Katrin, die erst seit September ein einjähriges Austauschjahr in der Region Genthin absolviert, in einem bemerkenswert guten Deutsch.

 

Die deutsche Sprache war der 17-Jährigen schon bei ihrer Ankunft in Deutschland nicht fremd. In der Schule werden in Island neben der Muttersprache als Pflichtfächer Englisch und Dänisch gelehrt, wahlweise stehen dann weiterführend Deutsch, Französisch oder Spanisch auf dem Lehrplan. Sie habe sich für die deutsche Sprache entschieden, auch weil eine ihrer Großmütter viele Jahre in der Schweiz gelebt habe und die deutsche Sprache fließend beherrsche, erklärt die Gastschülerin, warum ihre Wahl ausgerechnet auf die deutsche Sprache gefallen ist. „Vielleicht“, so die Vision der jungen Isländerin, „studiere ich später mal an einer deutschen Universität.“

Von der Zukunft zurück in die Gegenwart: Von Reykjavik, einer Stadt mit 120 000 Einwohnern, unmittelbar am Atlantik gelegen, nach Genthin am Elbe-Havel-Kanal, oder besser gesagt nach Klietznick, einem kleinen Ort an der Elbe.

Ein Kulturschock?

Mitnichten, versucht Katrin darzustellen. Weihnachten und Silvester feiere man beispielsweise in Deutschland nicht viel anders als in Island. Leise setzt die Austauschschülerin hinzu: „In diesem Jahr habe ich übrigens mein erstes Parfüm geschenkt bekommen.“ Für die Isländerin aus Reykjavik steht außer Frage: „Ich finde es gut, dass ich jetzt in einem Dorf lebe.“

Vielleicht auch deshalb, weil ihre Gastfamilie ausgesprochene Pferdenarren sind - eine gemeinsame Leidenschaft, denn Katrin besitzt in ihrer Heimat auch ein Pferd. „Ein isländisches“, setzt sie nach.

Familie Stieger setzt bemerkenswert auch nach außen Zeichen, dass Katrin willkommen in ihrem Hause ist. Der Namenszug ihres Gastkindes steht gleichberechtigt unter dem ihren am Hauseingang, auf dem Hof ist eine kleine Nationalflagge Islands gehisst.

„Unser Gastkind führt bei uns kein Leben unter einer Glocke, sie wird in unser alltägliches Leben voll integriert“, macht Hausherr Daniel Stieger klar. Gastmutter Susanne ist allerdings bereit, beim Essen zumindest etwas einzulenken. Der Bitte von Katrin nach Fischgerichten könne sie nur schwer nachkommen. „Ich glaube“, räumt sie mit einem Lächeln ein, „den Fisch, den sie gewohnt ist, können wir ihr hier nicht bieten.“

Weil der Familienvater ein leidenschaftlicher Weidmann ist, gebe es hauptsächlich Wildgerichte.

Bei Lamm, das in Gaststätten angeboten werde, sei ihre Gasttochter etwas zögerlich. Sie wisse nicht, ob das Fleisch jenen Geschmack habe, wie sie ihn von Zuhause kenne, habe sie geäußert. „Ich bin wirklich gespannt, was uns Katrin kochen wird“, sagt Susanne Stieger.

 

Katrin ist offensichtlich schon nach kurzer Zeit ein Teil der Familie Stieger geworden. Heimweh war nur eine ganz kurze Anfangsepisode.

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