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Flüchtlinge  Vom Markt zur Massenunterkunft?

Der Genthiner Stadtrat hat sich gegen das gemeindliche Einvernehmen für die Umnutzung eines ehemaligen Einkaufsmarktes entschieden.

Von Simone Pötschke 26.02.2016, 18:27

Genthin l Als am Montag der Bau- und Vergabeausschuss über die Nutzungsänderung einen Beschluss im nichtöffentlichen Teil in Vorbereitung der Stadtratssitzung zu fassen hatten, ging das nicht ganz ohne Aufregung vonstatten. Lutz Buchheister und zwei weitere Anlieger des ehemaligen Marktes an der Friedenstraße wollten die Einwohnerfragestunde nutzen, um einen Einspruch gegen das Vorhaben vorzutragen. Dazu kam es allerdings nicht. Ausschussvorsitzender Norbert Müller (CDU) berief sich auf die Gemeindeordnung, wonach Bürger sich im Verlaufe einer Beratung nicht zur Sache äußern dürfen, wenn diese Angelegenheit auf der Tagesordnung steht. Stadträte sollten in ihrer Entscheidung nicht beeinflusst werden.

Buchheister nutzte trotzdem die Gelegenheit, seinen schriftlich formulierten Einspruch der Verwaltung und der Presse zu überlassen. Der Genthiner hatte in einem zweiseitigen Papier eine Fülle von baurechtlichen Verstößen zusammengetragen, die nach seinem Dafürhalten für eine Ablehnung der Nutzungsänderung sprechen. Er geht unter anderem davon aus, dass der Brandschutz nicht gewährleistet sei, führt eine nichtausreichende Beheizung im Winter und Kühlung im Sommer an, da die vorhandene Dämmung nicht den Anforderungen entspreche. Lutz Buchheister moniert, dass der ehemalige Markt nicht über die Statik verfüge, um den Anforderungen einer Wohnraumnutzung gerecht zu werden. Der Markt sei eine menschenunwürdige Unterkunft, so sein Fazit.

Die Stadt sieht sich allerdings nicht als die richtige Adresse der Kritik. Denn, das betonte Genthins Fachbereitchsleiterin Dagmar Turian gegenüber Volksstimme: „Als Baugenehmigungsbehörde tritt der Landkreis Jerichower Land auf und hat damit alle Belange im Bauantragsverfahren abschließend zu prüfen und zu entscheiden.“ Der Stadt obliege allein das Erschließungs- und das Planungsrecht. Die Stadtverwaltung habe den Einspruch deshalb an den Landkreis zur weiteren Bearbeitung weitergeleitet.

Fragezeichen hinterlässt allerdings der Umstand, dass seit Wochen der ehemalige Supermarkt als Flüchtlingsunterkunft durch verschiedene Gewerke hergerichtet wird, obwohl offensichtlich noch keine Nutzungsänderung vorliegt. Volksstimme wollte gestern dazu bei der zuständigen Baugenehmigungsbehörde, dem Landkreis, die Gründe und Umstände hinterfragen. Pressesprecherin Claudia Hopf-Koßmann verwies jedoch darauf, dass eine Antwort des zuständigen Bauamtes personell bedingt erst Anfang der Woche möglich sei. Wann und ob Flüchtlinge in den ehemaligen Supermarkt eine vorläufige Bleibe finden werden, ist auch für die Stadtverwaltung eine Unbekannte. Bezüglich der Belegung gab es bisher vonseiten des Landes keine Informationen an die Kommune.