1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Genthin
  6. >
  7. Fotos und Geschichten gesucht

Stadthistorie Fotos und Geschichten gesucht

Der Geschichte der Genthiner Zuckerfabrik spürt Berndt Franke nach. Daraus soll eine Publikation mit mehr als 200 Seiten entstehen.

Von Mike Fleske 09.03.2016, 11:00

Genthin l Es ist eine vergangene, aber eine nicht vergessene Genthiner Geschichte, der sich Berndt Franke derzeit widmet. Er sammelt Material aus Archiven, aus alten Büchern, Zeitungen und von ehemaligen Kollegen, um der Geschichte der Zuckerfabrik „F.C. Achard“ in Genthin nachzuspüren. Entstehen soll eine Publikation, die die vielen Facetten der früheren Zuckerfabrik beleuchtet. Die Fabrik bestand von 1901 bis 1990 und als einer der größten Arbeitgeber ihrer Zeit, hat sie die Berufswege vieler Genthiner mitbestimmt.

Es gehe darum, einen Einblick in die wechselvolle Historie der Produktionsstätte zu bekommen, sagt er. Dazu zählen die Auseinandersetzungen des Standortes mit dem damals herrschenden Zuckerkartell in den Jahren nach der Gründung sowie die Zuckerproduktion während der Kriege. Aber auch die Enteignung 1946 und die Übernahme als VEB Zuckerfabrik nach Gründung der DDR. Erinnerungen hat mancher möglicherweise auch an das größte Investobjekt in der Geschichte des Betriebes im Jahr 1975, die Zuckerlagerung. Kernstück des Projekts waren die vier 46 Meter hohen und je zehn Kilotonnen fassenden Zuckersilos. Die Zahlen sind auch heute noch beachtlich: In den 70er Jahren wurden in Genthin täglich etwa 1 600 Tonnen Zuckerrüben verarbeitet. In den 80er Jahren waren es rund 2 000 Tonnen. „Ich habe als junger Ingenieur im Jahr 1978 dort begonnen zu arbeiten und hatte im Herbst dieses Jahres meinen ersten Einsatz als Schichtleiter“, berichtet Franke. Zwölf Jahre bis zum Ende der Zuckerfabrik nach der Wende habe er dort gearbeitet.

Franke musste sich wie viele andere auch, beruflich neu orientieren. Zuletzt war er als Betriebsleiter in Genthin tätig. „Jetzt bin ich in Rente und beschäftige mich mit der Aufarbeitung der Geschichte der Zuckerfabrik.“ Kein leichtes Unterfangen, gingen beim Abbau der Fabrik doch viele Unterlagen verloren. Geblieben sind die Abhandlungen des ehemaligen Stadtarchivars John Kreuzmann, aber auch Zeitungsartikel von Heimatforscher Otto Schulze und Unterlagen im Kreismuseum oder in der Stadtbibliothek. Doch das reicht Franke nicht. „Ich hoffe, dass mir die Genthiner mit ihrem Material helfen können, bestehende Lücken in meinen Fundus zu schließen.“ Denn die reinen Fakten, Listen und Daten können noch nachvollzogen werden, Franke sucht nach besonderen Fotos und Geschichten. „Mir fehlt ein wenig, das Menschelnde und Unterhaltende.“ Bilder von Feierlichkeiten, bei denen man die Gesichter der Personen erkenne und die man mit Namen versehen könne. Denn die Leser sollen sich selbst oder auch Verwandte und Bekannte im Buch wiederfinden.

Wichtig sind Franke aber auch Fotos von Aktivitäten von denen es besonders zu DDR-Zeiten in der Fabrik reichlich gegeben habe. „Ich erinnere nur an den Betriebssport, das Blasorchester oder den Fotozirkel“, sagt Franke. Angereichert werden soll seine Sammlung auch mit Anekdoten und Begebenheiten über die Arbeit. Auch Fotos, die das Arbeitsleben zeigen, sind erwünscht. Zudem gab es eine Patenschaft der Zuckerfabrik mit der Dürerschule. Mancher ehemalige Schüler erinnert vielleicht noch an die sogenannten Unterrichtstage in der Produktion zu DDR-Zeiten. Ziel war es dabei, den Schülern den Zusammenhang zwischen Arbeitswelt und Schulalltag näherzubringen sowie Arbeitskräfte frühzeitig in die Produktion einzuführen. „Das Leben vieler Mitarbeiter war sehr stark durch die Fabrik geprägt“, erläutert Franke. „Am Betriebsgelände gab es zahlreiche Wohnungen, das war wie ein Stadtteil für sich.“ Auch das Zusammenleben der Menschen, Fotos von Wohnungen sollen Teil der Chronik werden. „Dieses Material schlummert vielleicht noch in manchen Wohnzimmerschränken und könnte die Publikation immens aufwerten.“

Ein wenig haben es die Genthiner übrigens selbst in der Hand, ob aus der umfangreichen Materialsammlung ein echtes Buch wird. „Wenn ich eine entsprechende Nachfrage habe, werde ich ein Buch drucken lassen, dass dann auch zu erwerben sein soll“, sagt Franke. Bei weniger Interesse, werde aber in jedem Fall eine PDF-Datei gestaltet, sodass das Material in eine Sammlung von Bildern und Fakten eingehen werde. Ende des Jahres soll die Arbeit abgeschlossen werden. „Derzeit habe ich rund 150 Seiten beisammen, nach Möglichkeit sollen es mehr als 200 werden.“ Historische Unterlagen müssen nicht abgegeben werden. Franke bietet an, sie abzufotografieren. Zu erreichen ist Berndt Franke unter der Telefonnummer 03933 / 80 64 32.