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Literatur Blick auf unbekannten Köppen

Mit der Erschließung des Nachlasses des Schriftstellers Edlef Köppen beschäftigt sich derzeit der Köppen-Freundeskreis.

Von Mike Fleske 04.04.2016, 07:00

Genthin l „Wenn man eine solche Forschung einmal angestoßen hat, nimmt sie ganz eigene Dimensionen an“, meinte Wilhelm Ziehr während des jüngsten Treffens des Edlef-Köppen-Freundeskreises in der Stadt- und Kreisbibliothek. Man erschließe immer wieder neue Facetten über den Schriftsteller.

Köppen, 1893 in Genthin geboren wurde durch seine Erlebnisse im Ersten Weltkrieg zum Pazifisten und veröffentlichte 1930 seinen Anti-Kriegs-Roman „Heeresbericht“. Zeitgenossen beschrieben das Werk als ebenbürtig zu Remarques „Im Westen nichts Neues“. Doch durch die Zeitumstände im Dritten Reich wurde Köppen vergessen. Erst in den vergangenen beiden Jahrzehnten kehrte der Name Edlef Köppen in das Bewusstsein eines Fachpublikums zurück. Der Freundeskreis arbeitet seit einigen Jahren daran, dass auch weite Kreise der Bevölkerung den Schriftsteller wiederentdecken.

Wilhelm Ziehr, Heimatforscher aus Wilhelmshorst, wo Köppen in den 30er Jahren lebte, zeigte in einem Vortrag auf, was es im Köppen-Nachlass zu entdecken gibt. So seien Entwürfe für ein Lustspiel, nicht veröffentlichte Seiten des Romanes „Heeresbericht“, Tagebucheintragungen, Filmskripte und Notizen, Teil der rund 3500 Seiten, die derzeit vom Köppen-Freundeskreis digitalisiert und katalogisiert werden. Das Material stammt aus dem Potsdamer Museum, mit dem der Genthiner Freundeskreis eine Vereinbarung zur Nutzung des Materials geschlossen hat. Auch unbekannte Arbeiten Köppens seien im Nachlass zu finden. Darunter Gedichte mit so klangvollen Namen wie „Bildnis eines erträumten Menschen“, „An einem Baum“ oder „Am offenen Grabe eines Vogels“. Köppen habe für verschiedene Tageszeitungen geschrieben. Dabei nutzte er verschiedene Pseudonyme und variierte Texte und Gedichte, um sie mehrfach verwerten zu können.

Es läge noch viel Arbeit vor den Freundeskreis-Mitgliedern, stellte Gabriele Hermann, Leiterin der Stadt- und Kreisbibliothek fest. Allerdings zeigten sich bereits erste Erfolge. „Wir haben das Köppen-Archiv hier im Haus sehr detailliert angelegt“, stellte sie fest. Immer wieder gäbe es Anfragen beispielsweise von Journalisten, aber auch von Wissenschaftlern. „Eine junge Frau, die Material für eine Studienarbeit suchte, hat unser Archiv sehr gelobt, da sich die Unterlagen sehr gut auffinden lassen.“

Dennoch ist die Erschließung des Materials eine kleinteilige oft mühselige Arbeit, von der Freundeskreis-Mitglied Bernd Lietz berichtete. Er ist mit der Aufgabe betraut, die in altdeutscher Schrift und handschriftlich niedergelegten Briefe und Notizen Edlef Köppens in Druckschrift zu überführen. „Manchmal sind die Niederschriften kaum lesbar und es dauert lange, bis die Texte vollständig niedergelegt sind.“ Doch gerade Lietz Akribie und Genauigkeit sei es zu verdanken, dass das Köppen-Archiv in einem so hervorragenden Zustand sei, lobte Gabriele Herrmann.

Bürgermeister Thomas Barz schlug vor, mit Vertretern des Magdeburger Fraunhofer Instituts über ein Programm zu Schrifterkennung zu sprechen, um dem Freundeskreis die Arbeit zu erleichtern. „Sie müssen dennoch überprüfen, was das Programm auswirft, aber eine Erleichterung wäre es schon.“

Im Bestand der Bibliothek befinden sich von nun auch zwei neue Bände zur Köppen-Forschung. Darin sind die Vorträge von Wilhelm Ziehr gesammelt, die dieser in den Jahren 2013/2014 aus Anlass des 120. Geburtstages Köppens und der 100. Wiederkehr des Ausbruches des Ersten Weltkrieg gehalten hat. Zudem enthalten sie die Beiträge des Köppen-Kolloquiums, das 2014 in Genthin stattfand. Dazu gehören Texte des Berliner Historikers Bernd Ulrich und des Genthiner Bürgermeisters.