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Initiative Absperrungen halten Gaffer zurück

Ein verschärftes Gesetz soll sogenannte Gaffer härter bestrafen. Auch in Genthin sind bei Einsatzkräften Probleme mit Schaulustigen bekannt.

Von Mike Fleske 24.05.2016, 07:00

Genthin l Feuerwehreinsatz in der Genthiner Einsteinstraße: Kurz nach dem Aufheulen der Siren sind auch Feuerwehr, Polizei sowie Rettungsdienst vor Ort. Dazu gesellen sich Neugierige, die das Geschehen mal mehr, mal weniger dicht am Einsatzort verfolgen. „Schaulustige haben wir in jedem Fall bei Einsätzen, egal ob Brandbekämpfung, technische Hilfeleistung oder anderes“, meint Stadtwehrleiter Achim Schmechtig. Bei spektakulären Einsätzen erhöht sich die Zahl der Zuschauer auch mal dramatisch.

Beispielhaft führt Schmechtig den tödlichen Verkehrsunfall im Januar auf der Bundesstraße 107 zwischen Genthin und Genthin - Wald an. Bei ihm waren geschätzt 30 bis 40 Personen zu der Einsatzstelle gepilgert und hatten sich an der Absperrung aufgehalten und das Geschehen verfolgt. Wirkliche Störungen seien allerdings selten, sagt Polizeisprecher Thomas Kriebitzsch. „Die Einsatzkräfte halten Schaulustige durch Absperrungen – etwa Flatterband – davon ab, den Einsatzbereich zu betreten. Manchmal kommen Zuschauer dem Einsatz auch zu nahe. „Meist ziehen sich die Personen nach entsprechender Aufforderung zurück“, meint Kriebitzsch.

Allgemein sind Störungen durch sogenannte Gaffer mittlerweile ein Problem. Neugierige fotografieren und filmen die Einsätze, laden die Ergebnisse direkt vor Ort auf Facebook und Youtube hoch. Das Land Niedersachsen hat kürzlich eine Initiative in den Bundesrat eingebracht, mit der die sogenannten Gaffer stärker zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Geplant ist, den Paragraf 201a des Strafgesetzbuchs zu erweitert und den neuen Paragrafen 115 einzufügen. Strafen von bis zu einem Jahr Haft sind dann vorgesehen, wenn Schaulustige Rettungsarbeiten behindern. Auch ein Persönlichkeitsschutz für Aufnahmen von Verstorbenen soll mit dem Gesetz eingeführt werden.

Bislang ist in Paragraf 201a nur das Anfertigen und Verbreiten von Aufnahmen hilfloser Menschen verboten. Derzeit wird der niedersächsische Vorstoß in den Ausschüssen des Bundesrates diskutiert. Im Gebiet des Jerichower Landes besteht ein Problem durch Gaffer vor allem auf der Autobahn. „Die Kollegen im Rettungsdienst haben die Erfahrung gemacht, dass auf der anderen Fahrspur der Autobahn 2 die Fahrer ihre Fahrt verlangsamen, um einen Blick auf einen Einsatz zu werfen“, berichtet Andy Martius, Regionalvorstand vom Deutschen Roten Kreuz (DRK) Jerichower Land.

Für die DRK-Mitarbeiter stehe beim Einsatz das Retten von verletzten Personen im Mittelpunkt. „Wir haben weniger mit den Absperrungen zu tun, das ist zumeist Aufgabe von Polizei und Feuerwehr“. sagt Martius. Dass diese notwendig sind, bestätigt auch Achim Schmechtig. „Unsere Kameraden der Ortsfeuerwehr Schopsdorf führen bei Einsätzen auf der A2 eine mobile Sichtschutzwand mit.“ Auf diese Weise werden Aufnahmen von Verletzten verhindert.

„Ein Verletzter kann sich in einer solchen Situation kaum wehren. Auch als Angehöriger von Schwerverletzten möchte man keine Aufnahmen vom Unfallort in sozialen Medien finden“, meint Martius. Solche Bilder könne man nicht gutheißen. Die Aktiven von Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei sehen die Gesetzesinitiative mit Interesse. Ob sich penetrante Gaffer wirklich davon abschrecken lassen, wenn höhere Strafen drohen – das möchten sie nicht bewerten. Beim DRK setze man auf Prävention. „Die Rettungskräfte werden im Umgang mit Schaulustigen geschult und in den Erste-Hilfe-Kursen ist das richtige Verhalten am Unfallort Thema“, sagt Andy Martius.