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Brauchtum  Fast 90 Ostereier sorbisch gefärbt

Eine alte Tradition wird in Schlagenthin von mehreren Generationen gemeinsam erhalten.

Von Mike Fleske 17.04.2017, 10:00

Schlagenthin l Ein kleiner Strich hier, ein kurzer Tupfer dort auf dem rohen Hühnerei. Mit schnellen Bewegungen bringt der zwölfjährige Aaron Gärtner das heiße Bienenwachs  auf der Eierschale auf. Nach und nach entsteht ein gleichmäßiges Muster. „Man braucht ein wenig Fantasie und Geschick“, sagt er. Ihm gegenüber sitzen seine Mutter Mandy Fitkau-Gärtner und seine Großeltern Lisa und Kurt Fitkau. Auch sie verzieren fleißig Ostereier.

Am Ende kommen 86 bemalte Ostereier zusammen. Wobei sie nicht wirklich bemalt, sondern betupft sind. Denn nach altem Brauch wird das Bienenwachs mit dem Kopf einer Stecknadel aufgetragen, die in einem Holzstäbchen oder Bleistift steckt. „Mein Vater hat vor 50 oder 60 Jahren bereits so die Ostereier gefärbt,  ich habe das von ihm übernommen und  an die nächsten Generationen weitergegeben“, erzählt Hans-Jürgen Gärtner.

Mittlerweile sitzen drei Generationen am Tisch und pflegen die althergebrachte sorbische Tradition, die heute von vielen als eine Art Kunsthandwerk angesehen wird. Jahrhunderte reicht diese Art des Eierverzierens zurück. „Das probiere ich auch einmal“, meinte Volksstimme-Praktikant Tawfeek Alsheikh. Mit Eifer ging er an das Verzieren und musste feststellen: „So einfach, wie es aussieht, ist es gar nicht.“

Erstes Problem: „Genug flüssiges Wachs auf den Stecknadelkopf zu bekommen.“ Zweites Problem: „Das Wachs trocknet sehr schnell.“ Aber nach einigem Probieren hat Tawfeek den Dreh raus. Mit schnellen kurzen Strichen verziert er das Hühnerei mit einem kleinen Muster und der Aufschrift „Schöne Ostern“. Man müsse sich schon sehr konzentrieren, um ein vernünftiges Ergebnis hinzubekommen. „Ich staune, wie locker es die Kinder schaffen, ein schöne Muster zu malen.“

Allerdings sind die Eier nach dem Trocknen des Bienenwachses nicht fertig. „Sie werden in abgekochten Zwiebelsud gegeben“, erklärt Hans-Jürgen Gärtner. Nach sieben bis acht Minuten bekommen die Ostereier eine gleichmäßige kräftige braune Farbe.

Nur an den Stellen, an denen zuvor das Wachs aufgetragen wurde, bleiben die Hühnereier gelb. „Jetzt muss man sie auskühlen lassen“, erläutert Kurt Fitkau. Wenn man wolle, könne man die Eier danach mit einer Speckschwarte glänzend reiben. Allerdings klappt auch mit der Erfahrung von drei Generationen nicht immer alles.

„Wir hatten auch in diesem Jahr eine Rutsche Eier, die zu lange im kochenden Wasser waren, dort sind die Muster ganz blass“, beschreibt Mandy Fitkau-Gärtner. Man müsse immer genau aufpassen, genau wie beim normalen Eierkochen auch.“

Die nicht ganz gelungenen Dekoeier werden zu Ostern als erste von der Schale befreit und gegessen. An den Feiertagen komme in jedem Jahr die ganze große Familie zusammen, um das Fest gemeinsam zu begehen. Ausflüge werden unternommen. „Ein Brauch ist es zudem, am Schlagenthiner Osterberg Eier zu trudeln“, berichtet Lisa Fitkau. Natürlich nicht die schönen gemeinsam gestalteten Kunstwerke.