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Ehe-Jubiläum In Güsen prangt die „60“ an der Tür

Sechs Jahrzehnte gemeinsam durchs Leben gegangen sind Erika und Heinz Nicolai aus Güsen.

Von Sigrun Tausche 28.10.2016, 14:30

Güsen l Dass die beiden nach Güsen kamen, daran ist das Schwellenwerk „schuld“ – und besonders die Neubauwohnungen, die man damals bekommen konnte, wenn man hier gearbeitet hat. Ursprünglich kommt Erika Nicolai aus Magdeburg, nach dem Krieg ist die Familie dann nach Farsleben gezogen. Heinz Nicolai stammt aus Loitsche, also keine fünf Kilometer entfernt.

Wie sie sich kennengelernt haben, das ist schon eine lustige Geschichte: Erikas Papa hatte im Fußball-Toto gewonnen – stolze 100 Mark! Da musste er in der Dorfgaststätte einen ausgeben. Und da saß „so‘n Langer in der Ecke, der mich immer angeguckt hat...“ Abends ist sie mit ihm schon zum Tanz gegangen, auf dem Nachhauseweg wurde bereits Händchen gehalten, und so nahm das Schicksal seinen Lauf.

Das war am 29. Januar 1956. Am 28. Juli haben sich die beiden bereits verlobt, und zwar auf einem selbstgebauten Paddelboot auf einem Gewässer bei Burg. Im Bootshaus wurde abends Verlobung gefeiert. Und drei Monate später, am 27. Oktober, war Hochzeit.

Anfangs haben die beiden bei seinen Eltern in Loitsche gewohnt, aber das war sehr eng. Sie zogen dann zu ihrer Familie nach Farsleben, bis sie dort im Dorf ein eigenes kleines „Nest“ auf einem Bauernhof herrichten konnten. Schließlich sind sie nochmal umgezogen in eine bessere Wohnung in Farsleben, „nur sehr kalt war die. Da stand bloß ein Kanonenofen drin, der nur geheizt hat, solange das Feuer an war.“

Ein Jahr nach der Hochzeit ist der älteste Sohn geboren, und durch Bekannte, die ebenfalls nach Güsen zogen, versuchten Nicolais dann hier Arbeit im Schwellenwerk und eine bessere Wohnung zu bekommen. Sie haben zunächst beide im Schwellenwerk gearbeitet, bis der zweite Sohn zur Welt kam. Insgesamt fünf Jungs hat Erika Nicolai geboren, einer ist leider schon als kleines Kind verstorben.

Nach der Zwei-Zimmer-Neubauwohnung kriegten sie jetzt eine mit zweieinhalb Zimmern, einige Zeit später sind die in die Schillerstraße gezogen. Ihr großer Wunsch war aber immer ein eigenes Haus, und das klappte dann auch mit dem Siedlungshaus „An der Heide“, wo sie heute noch wohnen. Freilich musste hier erstmal ganz viel neu gemacht werden, aber das war für Heinz Nicolai kein Problem. Er hat geschickte Hände und hat auch vielen anderen immer wieder geholfen mit den verschiedensten handwerklichen Arbeiten bis hin zum Brunnenbau.

Erika Nicolai hat dann Arbeit bei der Gemeinde Güsen bekommen und blieb dort 30 Jahre, bis sie nach der Wende in den Vorruhestand geschickt wurde. „Ich war Mädchen für alles“, erzählt sie. Vom „Aschegeld“ kassieren übers Hühnerzählen und Kontrollieren der Friedhofsordnung bis hin zum Holzhacken für den Ofen im Gemeindebüro und Kohlenschippen hat sie so ziemlich alles erledigt. In der letzten Zeit hat sie auch noch in der Sporthalle sauber gemacht. Und im Elternaktiv war sie auch während der Schulzeit der Kinder. Heinz Nicolai hat bis zum Ruhestand im Schwellenwerk gearbeitet.

Hobbys? „Hatten wir reichlich!“ Der Berg Pullover und andere Sachen, die Erika Nicolai in ihrem Leben gestrickt, gehäkelt und genäht hat, würde wohl kaum mehr in ein Zimmer passen. Jetzt, mit 80, ist Schluss damit. Die Finger wollen nicht mehr. Aber Kochen, Backen (etliche superleckere Kuchenkostproben standen auf dem Tisch) und Gartenarbeit gehören auch heute noch fest in den Alltag. Garten, Basteln und Bauen hat auch Heinz Nicolai trotz seiner 81 Jahre noch nicht aufgegeben.

Und ihr beider schönstes Hobby: „Wir waren, mit Unterbrechungen, 50 Jahre auf dem Wasser!“ Angefangen mit dem selbstgebauten Paddelboot über ein altes, aufgearbeitetes Boot aus Bergzow, ein größeres, ebenfalls neu aufgebautes aus Magdeburg steigerten sich die beiden bis zu einem noch größeren Boot nach der Wende, „das hatte Betten in der Spitze und Wasser aus der Wand. Das hat der Heinz alles gebaut“, schwärmt Erika Nicolai. In den vielen Jahren haben sie zahlreiche Gewässer befahren und viele schöne Erlebnisse gehabt. Vor zehn Jahren haben sie ihre letzte Tour auf dem Scharmützelsee unternommen.

Zu den Söhnen sind inzwischen nebst Schwiegertöchtern sechs Enkel und sechs Urenkel dazu gekommen, so dass es – zusammen mit etlichen Freunden – eine große Runde wird beim Feiern in der „Linde“.