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Flüchtlinge „Eine Chance für Genthin“

Die Situation der in Genthin schutzsuchenden Kriegsflüchtlinge wurde vom Bildungs- und Kulturausschuss hinterfragt.

Von Simone Pötschke 15.09.2015, 21:09

Genthin l Als sich die Sitzung des Ausschusses schon ihrem Ende näherte, bat Günter Sander (Bündnis 90/ Die Grünen) Bürgermeister Thomas Barz um Informationen zur Situation und zur Unterkunft der Kriegsflüchtlinge in Genthin. Sander machte Druck: „Es werde viel erzählt, Zahlen kursieren in der Öffentlichkeit, welche sind zutreffend, welche nicht?“ bat der Grüne um Auskunft.

Barz führte aus, dass zur Zeit 150 Kriegsflüchtlinge, zum größten Teil syrischer Nationalität, in Genthin leben. Eine Familie aus dem Kosovo, deren Kinder in der Kanalstadt auch die Grundschule besucht haben (Volksstimme berichtete), sei zwischenzeitlich wieder freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt. Der Landkreis habe 43 Wohnungen der SWG (Städtische Wohnungsbaugesellschaft) zur Flüchtlingsunterbringung angemietet und stattet diese auch mit Mobiliar aus.

In zwölf Fällen sind Kriegsflüchtlinge, deren der Asylstatus anerkannt wurde, in Genthin geblieben. Diese Männer erwarten jetzt die Ankunft ihrer Familien. „Das kann in der nächsten Woche, aber auch erst in einem Jahr sein“, sagte Barz. Bereits jetzt geht die Stadt davon aus, dass 25 Kinder mit diesen Familien in die Kommune kommen werden.

Für die Kriegsflüchtlinge, die den Asylstatus erhalten haben, ginge es nun um eine Arbeitserlaubnis. Dafür, das machte Barz deutlich, müssten unbedingt die Sprachbarrieren abgebaut werden. „Wir sollten dann intensiv prüfen, was der Einzelne kann, um ihn zügig in den Arbeitsprozess zu integrieren. Vielleicht können einige auch im Sinne des Asylbewerberleistungsgesetzes etwas für die Kommune oder für karitative Einrichtungen tun.“ Beispiele gebe es bereits: Vier Personen sind mit Malerarbeiten in den Unterkünften beschäftigt.

Aus der Wirtschaft des Jerichower Landes gibt es derzeit Signale, Praktika für Kriegsflüchtlingen zu vermitteln.

Kriegsflüchtlinge und Fachkräftemangel sei hingegen ein Thema, so Barz, das sehr differenziert betrachtet werden müsse.

Andy Martius (CDU-Fraktion) gab im Verlaufe der Sitzung zu bedenken, dass aufgrund der Arbeitsplatzsituation in Genthin mit einer durchschnittlichen Verweildauer der Flüchtlinge von etwa drei Monaten zu rechnen sei. Nur vier Prozent würden vermutlich in der Kanalstadt blieben.

Ausschuss als auch Bürgermeister sehen in den Kriegsflüchtlingen trotz dieser eher skeptischen Vorausschau „eine Chance für Genthin“. Barz gab zu bedenken, dass die Bestandsfähigkeit von Kindertagesstätten und Grundschulen zu überdenken sei und beispielsweise der Demografie-Check sich für die Kommune günstig auswirken könne.

Im Verlaufe der Diskussion machten die Stadträte deutlich, dass sie nun den Landkreis in der Pflicht sehen, die Masse der Angebote für die Kriegsflüchtlinge, die ehrenamtlich beispielsweise von vielen Vereinen, Privatpersonen, Organisationen oder der Kirche auf die Beine gestellt werden, zu koordinieren und zu bündeln.

In einem Pressegespräch am gestrigen Dienstag bekräftigte Genthins Bürgermeister , dass er weiterhin auf eine dezentrale Unterbringungen der Flüchtlinge in Wohnungen setze. Er hoffe, dass das Land davon absehe, Menschen in großen Halle unterzubringen.

Dass ein ehemaliger Supermarkt an der Genthiner Friedenstraße als eine Notreserve im Unterbringungskonzept des Landes für Flüchtlinge vorgesehen sei (Volksstimme berichtete), habe er aus der Pressekonferenz, die der Finanzminister und der Innenminister hielten, erfahren.

Der Landkreis hatte kürzlich angekündigt, dass im nächsten Jahr 2300 Flüchtlinge im Jerichower Land eintreffen werden.

Für ihre Unterbringung, betonte Barz im Pressegespräch, sei eine Infrastruktur notwendig, die eine ärztliche Versorgung, Behörden, Kitas und Schulen sowie Einkaufsmöglichkeiten biete. Gleichwohl müsse man bei diesen zu erwartenden Zahlen zur Kenntnis nehmen, dass diese über die Kapazitäten der Städte Burg und Genthin gehen.