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Haushalt Genthin vor der Zerreißprobe

Die Stadt will ihre freiwilligen Leistungszahlungen senken. Die finanziellen Einschnitte hätten in der vorgelgten Form deutliche Folgen.

Von Mike Fleske 23.08.2016, 06:00

Genthin l Es wäre ein Kahlschlag für das kulturelle und gesellschaftliche Leben der Stadt Genthin, würden die Beschlüsse, die ab der kommenden Woche in den Gremien beraten werden, so beschlossen. Die Stadtverwaltung hat einen Maßnahmenkatalog zur Senkung der frewilligen Aufgaben vorgelegt, der es in sich hat. „Wir stellen alles auf den Prüfstand“, kündigt Bürgermeister Thomas Barz an. Hintergrund der drastischen Vorschläge ist die dramatische Haushaltslage der Stadt Genthin. Allein in den vergangenen eineinhalb Jahren ist ein Defizit von fünf Millionen Euro aufgelaufen – trotz Einsparungen im Haushalt in Höhe von zwei Millionen Euro jährlich. Für eine Steuererhöhung fand sich im Juni keine Mehrheit im Stadtrat. Nun soll mit der Verringerung der freiwilligen Leistungen Geld eingespart werden.

„Die Vorlagen gehen durch alle Ortschaftsräte und durch alle Ausschüsse, bis sie im Stadtrat beraten werden“, sagt Barz. Den Anfang macht in der kommenden Woche der Ortschaftsrat Parchen. Er wird als erster das Paket von einem Dutzend Beschlussvorlagen mit einem Einsparpotenial von 572 000 Euro vorgelegt bekommen. „Wir wissen, dass wir damit auf Widerspruch stoßen werden, aber wir wollen nicht nur eine Diskussion, sondern auch Vorschläge, wie wir handeln können.“ Es gehe um klare Positionierungen im Hinblick auf die städtischen Einrichtungen. „Nun muss gesagt werden, welche Einrichtungen wir behalten wollen und wo gespart werden soll“, so der Bürgermeister. Es sollen auch Argumente geäußert werden, die die Stadt gegenüber der Kommunalaufsicht oder im Rahmen von Förderanträgen vorbringen könne.

Die Genthiner Kommunalpolitiker werden ab der kommenden Woche beispielweise über die Vorlage „SR-155/2“ diskutieren, in der es heißt: „Der Stadtrat der Stadt Genthin beschließt zum nächstmöglichen Zeitpunkt die Schließung der Bibliothek.“Die daraus erwartete Ersparnis liegt seitens der Verwaltung bei 178 000 Euro. Auch die Schwimmhalle und Sauna sollen laut der Beschlussvorlagen geschlossen werden und damit eine Ersparnis von 200 000 Euro einbringen. Dicht gemacht würde so auch die Judohalle. Der Zuschuss von 75 000 Euro für das Stadtkulturhaus solle entfallen, was einen Weiterbetrieb des Hauses für den Standortbetreiber QSG schwierig machen würde. Auch der Fremdenverkehrsverein stünde vor dem Aus, würde die Stadt ihre Mitgliedschaft beenden.

Dass die Maximalforderungen der Beschlüsse am Ende tatsächlich so umgesetzt werden, erwartet Barz nicht. „Wir gehen von einem Mittelweg aus, der erreicht wird.“ Einsparungen seien seiner Meinung nach aber unumgänglich. Die Stadt habe nach wie vor eine Quote von rund 3,6 Prozent bei den freiwilligenAufgaben. „Der Anteil der freiwilligen Leistungen darf zwei Prozent der Auszahlungen aus laufender Verwaltungstätigkeit des betroffenen Haushaltsjahres nicht übersteigen“, heißt es jedoch in den Vorgaben für die Verwaltung. Mit den vorgelegten Maßnahmen sei nun das Ziel, einen genehmigungsfähigen Haushalt vorzubereiten und die Grundlage zu schaffen, Mittel aus dem sogenannten Ausgleichsstock des Landes beantragen zu können, mit dem finanzschwache Kommunen gefördert werden.

 In der vergangenen Woche kamen Ortschafts- und Stadträte mit Vertretern der öffentlichen Einrichtungen im Rahmen einer sogenannten Konsolidierungswerkstatt zusammen. Dort konnten die Kommunalpolitiker Fragen an die Vertreter etwa der Bibliothek, Schwimmhalle und Jugendarbeit richten und sich ein erstes Meinungsbild verschaffen. „Dabei ging es auch um Personalfragen, weshalb wir diese Sitzung nicht öffentlich anbieten konnten“, begründet der Bürgermeister den Ausschluss von nicht geladenen Gästen. Eine Bürgerdiskussion, wie beispielsweise vom Stadtrat Harry Czeke (Die Linke) mehrfach gefordert, hält Barz für nicht zweckmäßig. „Dieser Dialog ist schwierig, weil die Äußerungen solitäre Interessen wären.“ Dennoch können sich die Bürger beteiligen. In den Ortschaftsratssitzungen, in den meisten Ausschüssen und im Stadtrat gibt es Einwohnerfragestunden, die für Anfragen an die Gremien genutzt werden können. Erstmals öffentlich über die Beschlüsse diskutiert, wird am Dienstag, 30. August, ab 19 Uhr im Ortschaftsrat Parchen. Am 31. August folgt der Ortschaftsrat Gladau.