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Historie (N)Ostalgischer Blick auf alte Technik

Erinnerungsarbeit einmal anderes: Einen Ostalgietag legten Mitarbeiter und Bewohner des Johanniterhauses Genthin-Wald ein.

Von Mike Fleske 04.11.2016, 06:00

Genthin l „An diese Küchenmaschine kann ich mich noch gut erinnern“, sagt Edith Lemme. „Wissen Sie noch, wie die heißt?“, fragte Karin Kabelitz, Mitarbeiterin des Begleitenden Sozialen Dienstes im Johanniterhaus. „Das ist ein Multiboy“, antworte Edith Lemme mit Blick auf das orangefarbene Kunststoffgehäuse des Allzweckzerkleiners. Küchenwaage, Kaffeemühle oder Rotlichtlampe, das waren nur einige Geräte, die während eines Ostalgietages im Johanniterhaus Genthin-Wald ausgestellt waren.

Die Mitarbeiter kamen an diesem Tag in echten DDR-Kittelschürzen. „Sowas hat man früher im Alltag oft getragen“, bestätigten die zahlreichen Senioren, die an Tischen Platz genommen hatten. Als kleine Leckerei wurden Schlager-Schokoladentafeln und Halloren-Kugeln verteilt. „Das sind zwar bekannte DDR-Marken, aber die Schokolade ist frisch“, konnte Karin Kabelitz mit einem Lachen beruhigen. Denn die einstigen Ostmarken sind heute in ganz Deutschland erhältlich. „Wir haben diesen Tag gestaltet, da wir im Rahmen der Erinnerungsarbeit Gespräche unter den Senioren anregen wollen“, erläuterte Karin Kabelitz. Das gehe kaum besser als mit Unterhaltungen über Küchengeräte, die jeder schon einmal in der Hand hatte.

Für die kleine Ausstellung hatten die Mitarbeiter des Johanniterhauses im eigenen Fundus gegraben und allerhand DDR-Alltagskultur zutage gefördert. Sogar ein Boot der Marke Delphin und ein Simson-Motorrad waren unter den Gegenständen. „Das ist sogar noch für die Straße zugelassen“, verriet Mitarbeiter Tom Hannemann. Er stieg in eine originale DDR-Feuerwehrmontur und hatte mit den Druckluftflaschen für die Atemluft, die er ebenfalls anlegte, einiges zu tragen.

„Gut 30 Kilo Ausrüstung können das schon sein“, sagte er. Man müsse bedenken, das zur Ausstattung sonst auch noch eine Axt und eine Fangleine gehörten und die Feuerwehrleute einen Schlauch hinter sich herzogen. Ein besonderes Hallo gab es, als auf den Tischen kleine Koffer geöffnet wurden, in denen sich kleine Alltagsgegenstände befanden. Topflappen, Eierbecher und Florena-Creme kamen zutage. Aber auch noch mehr. „Guck mal, DDR-Geld, das hatten wir früher ständig in der Hand und heute sieht es ganz fremd aus“, meinten die Senioren. Noch etwas ist heute fast in Vergessenheit geraten. „Das gute alte Einkaufsnetz.“

Früher war es ein alltäglicher Begleiter, um bei plötzlich eingetroffenen Angeboten in den Geschäften schnell einen Einkauf tätigen zu können. „Wenn es da auf einmal irgendwo in der Kaufhalle Südfrüchte gab, musste man auf Zack sein“, beschrieb eine Seniorin ihre Erinnerung an Angebot und Nachfrage zu DDR-Zeiten. Auch alte Zeitschriften, Plakate und Kochbücher gab es in der Ausstellung. „Die Rezepte aus den Backbüchern nutze ich noch heute“, bekannte Karin Kabelitz. „Da sind ja auch schöne Tortenempfehlungen drin“, wusste Bewohnerin Elsbeth Brömme. Eine ganz besondere Rarität hatten die Mitarbeiter ebenfalls noch für die Bewohner parat. „Das ist eine alte Werksirene, die sogar noch funktioniert“, sagte die Mitarbeiterin des Begleitenden Dienstes und schloss die Sirene an den Strom an.

Ein ohrenbetäubendes Heulen war die Folge. „Jetzt wissen alle, dass Pause ist“, lachten die Anwesenden. Die Pause wurde für ein gemütliches Beisammensein mit Schlagern und Evergreens aus dem Osten genutzt. Übrigens kam diese von einem Plattenspieler aus DDR-Produktion. „Der tut auch immer noch seinen Dienst“, berichtete Mitarbeiter Andrè Horn, der das Schätzchen für den Tag zur Verfügung gestellt hatte. „Dabei hat der Spieler auch schon 40 Jahre auf dem Buckel.“