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Kino Roter Teppich für eine Weltpremiere

Die Premiere von "Wir waren Kameraden" sorgte am Sonnabend für ein ausverkauftes Union-Theater.

Von Kristin Schulze 31.10.2016, 18:55

Genthin l Regisseur Heintje Peter erzählt in seinem Film „Wir waren Kameraden“ die Geschichte Hellmut Böttgers. Die Geschichte eines einfachen Soldaten der deutschen Wehrmacht im letzten Kriegsjahr an der Ostfront. Eine wahre Geschichte, denn Hellmut Böttger ist eine reale Figur. Der heute 92-Jährige hat Regisseur Peter mit dieser Geschichte so gefesselt, dass der sie verfilmt hat.

Im Mittelpunkt steht die russische Offensive gegen die Heeresgruppe Mitte im Juni 1944. Es geht um Verwundung, Rückzug und um das Leben in amerikanischer Gefangenschaft. Ungewöhnlich für einen Film über den Zweiten Weltkrieg: Die Amerikaner kommen nicht gut weg.

Sie werden es verkraften, schließlich bleiben sie die Helden in zahlreichen Filmen, die sich der Thematik widmen. Prominentes Beispiel: Inglourious Basterds mit Brad Pitt und Til Schweiger.

Vom amerikanischen Blockbuster ist „Wir waren Kameraden“ hinsichtlich Story, Schauspiel und Regie natürlich Lichtjahre entfernt. Aber das darf kein Maßstab sein. Schließlich wurde ohne großes Budget, Filmförderung und Sponsoren, dafür mit Laiendarstellern und freiwilligen Helfern gearbeitet.

Wer nun unfreiwillig komisches Laientheater erwartet, wird eines Besseren belehrt. Zwar holpern die Dialoge an einigen Stellen, in Summe ist der Film aber dennoch erstaunlich professionelle Arbeit.

Regisseur Heintje Peter startete Anfang 2014 mit den Dreharbeiten, die ihn und sein Team unter anderem nach Derben, Lüttgenziatz und Dretzel führten. Gedreht wurde hauptsächlich am Wochenende mit Darstellern aus ganz Europa. Andreas Lessig aus Weimar spielt den besten Freund der Hauptfigur, den Soldaten Heinrich. „Es war sehr ungewohnt, mich auf der Leinwand zu sehen“, sagte er nach der Premiere. Und: „Es war eine tolle Erfahrung.“ Auch der Genthiner Normen Rodius ist im Film zu sehen. Als Kradfahrer, der die verwundete Hauptfigur ins Lazarett bringt. „Wir sind eine geschichtsinteressierte Truppe“, sagt der 25-Jährige. „Nicht mehr und nicht weniger.“

Regisseur Heintje Peter ist Historiker, befragt seit 15 Jahren Zeitzeugen zum Zweiten Weltkrieg. „Das ist eine prägende, spannende Zeit.“

In die rechte Ecke drängen lassen will er seinen Film nicht. „Böttgers Geschichte steht exemplarisch für eine ganze Generation. Eine Generation, die unfassbares durchgemacht hat. Ich bin Historiker und erzähle deren Geschichte, weil diese Seite allzu oft untergeht“, sagt der 45-Jährige.

Der Film liefert einen interessanten Blick auf die Geschichte. Er gibt den deutschen Opfern ein Gesicht, thematisiert Millionen gefallene, deutsche Soldaten, durch Bomben getötete Frauen und Kinder, traumatisierte junge Männer, die die Zeit an der Front überlebt haben.

„Wir waren Kameraden“ zeigt eine erzählenswerte Geschichte, in der natürlich zu kurz kommt, dass diese Menschen nicht die Opfer der Amerikaner sind, sondern Hitlers. Fazit: ein sehenswerter, ambitionierter Amateurfilm, der zum Nachdenken und Diskutieren einlädt. Im Genthiner Kino wurden vier Vorstellungen gezeigt. Alle waren ausverkauft. Das war die einzige Gelegenheit den Film in einem deutschen Kino zu sehen, er ist aber auf DVD erhältlich.