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Kirche Roßdorfer Glocken läuten wieder

Seit einigen Tagen ist das Feierabendgeläut in Roßdorf wieder zu hören. Grund ist die erfolgreiche Sanierung des Glockenturms.

Von Mike Fleske 09.03.2017, 00:01

Roßdorf l Ruhig ist es im Turm der Roßdorfer Kirche, ruhig und dunkel, eine kleine Lampe sorgt für Licht, durch die Spalten der hölzernen Wandverkleidung fallen Sonnenstrahlen herein. Es riecht nach Holz, und vielleicht könnte es ein Dachboden sein mit all den Balken und hölzernen Verstrebungen. Aber da sind die beiden mitten im Turm aufgehängten fast mannshohen Glocken.

Die Anwesenden um Pfarrer Johannes Möcker, Gemeindekirchen-ratsvorsitzende Katrin Hertwig sowie den Sachverständigen Christoph Schulz, Architektin Heidrun Fleege und Baupflegerin Heidrun Krüger drängen sich an die Wände. Gleich soll das Probeläuten beginnen. An diesem Vormittag sollen nach langen Jahren wieder beide Glocken gleichzeitig mit ganzer Kraft schlagen. Seit einigen Jahren war nur eine Glocke im Einsatz - in der Schwingung gedämpft, um den Turm nicht zu beschädigen. Uhren- und Glockenbauer Christian Beck nickt in die Runde und gibt das Signal, dass es nun losgehen soll. Langsam beginnen die hunderte Kilo schweren Glocken zu schwingen. Der erste Schlag, der Zweite, der Dritte. Der Bodenvibriert leicht. Die Glocken läuten.

Was für viele Ortsbewohner in diesem Moment ein besonderer Klang ist, ist im Glockenturm nur zu überstehen, wenn man sich die Ohren zuhält. 100 Dezibel kann eine Kirchenglocke durchaus erreichen. So laut sind auch Motorsägen oder Winkelschleifer. Aber Kirchenglocken sollen ja auch weithin hörbar sein, um die Gläubigen zum Gottesdienst zu rufen.

In Roßdorf ist der Klang der Glocken nicht nur vor den Gottesdiensten zu hören, sondern auch zum Feierabendläuten um 18 Uhr montags bis freitags mit einer Glocke, samstags zum Einläuten des Sonntags mit beiden Glocken. „Das ist eine alte Tradition, die wir gern wiederbeleben möchten“, sagt Pfarrer Möcker. Denn der Glockensachverständige Christoph Schulz hat nach dem Probeläuten grünes Licht für den Betrieb beider Glocken gegeben. Damit endet in Roßdorf eine Zeit großer Bemühungen um die romanische Backsteinkirche.

Nachdem die historische Voigt-Orgel wieder spielbar gemacht wurde, widmeten sich Engagierte der Kirchengemeinde der Sanierung des Glockenturms. Allerdings war die Finanzierung mit vielen Rückschlägen verbunden. „Für die Turmstabilisierung innen war es uns nicht möglich, Fördermittel zu erhalten“, erläutert Katrin Hertwig. „Der Kirchenkreis Elbe-Fläming hat uns in dieser schwierigen Situation finanziell unterstützt.“ Insgesamt beträgt die Gesamtsumme 43.000 Euro. Darin inbegriffen sind auch Glocken und Uhr.

So ging es Schritt für Schritt doch voran. Der Kirchturm wurde durch eine aufwendige Holzbalkenkonstruktion im Innern des Turmes stabilisiert. „Mit leichten Schwankungen muss man bei einer solchen Holzkonstruktion, wie in der Roßdorfer Kirche rechnen, hier liegen sie jetzt in einem unproblematischen Rahmen“, sagt Christoph Schulz. Er macht nach dem Probeläuten deutlich, dass eine Erneuerung des Jochs, also der Glockenaufhängung, und des Klöppels sinnvoll wäre. „Dadurch könnte man einen weicheren Klang erzeugen.“ Das Besondere an den Roßdorfer Glocken sei, dass sie aus der Zeit der Gründung des Ortes stammen.

„Sie sind etwa 850 Jahre alt und es ist wirklich ein großes Glück, dass sie nie ausgetauscht wurden.“ Bestechend sei auch ihr Klang: dunkel, tief und tönend. „Die Menschen früher haben mit diesem durchdringenden Klang das Böse fernhalten wollen“, erklärt Pfarrer Möcker. Ein Problem besteht derzeit noch: Während der Sanierungsarbeiten wurde die Kirchturmuhr angehalten und steht nach wie vor, da ein Gewicht umgelenkt werden musste. Aber auch hier steht eine Lösung bevor. Uhrmacher Beck wird die Seilführung umsetzen und damit die Uhr wieder funktionsfähig machen. „Das braucht ein wenig Zeit, aber bis zum Sommer wird die Kirchturmuhr wieder funktionieren“, verspricht er.