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Kita-Projekt Spielzeugfreie Zone in Schlagenthiner Kita

Seit über einem Monat wird in der Kita "Märchenwald" mit alltäglichen Dingen Büchsen, Papprollen oder Decken gespielt.

Von Juliane Just 07.07.2016, 20:52

Schlagenthin l Ein Leben ohne Spielzeug? Für viele Kinder unvorstellbar. Doch wer die Kindertagesstätte „Märchenwald“ in diesen Tagen betritt, wird vergeblich nach Spielsachen suchen. Diese wurden nämlich für das bundesweite Projekt „Spielzeugfreie Zeit“ vorerst verbannt, sodass die Kinder sich nun kreativ mit alltäglichen Dingen wie Pappkartons, Papier, Farben, Holzmaterialien, Werkzeugen oder Decken befassen müssen. Die 21 Kinder der Spatzengruppe wurden vorab natürlich über das Projekt informiert. „Wir haben mit den Kindern gesprochen und sie gefragt, was für sie alles unter Spielzeug zählt“, sagt Jeannine Weiß, Leiterin der Kita.

Anfang Juni begann das Projekt. Die Kinder sollten sich überlegen, womit man stattdessen spielen könnte und haben die Räume der Einrichtung mit einfachen Dingen von Zuhause neu bestückt. So werden Kisten für einen Tunnelbau genutzt oder Dosen zu Trommeln umfunktioniert. Die Spielzeuge sind natürlich nicht verbannt, sondern nur sicher verstaut und können nach der spielzeugfreien Zeit wieder verwendet werden. Bereits zum zweiten Mal führt die Kita das Projekt mit den drei- bis sechsjährigen Kindern durch. Und es kommt gut an. „Die Eltern ziehen eine positive Bilanz, da die Kinder Zuhause ein anderes Spielverhalten zeigen“, erzählt die Kita-Leiterin.

Seit einem Monat gibt es außerdem eine Regel-Polizei. Zwei Kinder kontrollieren täglich, ob die vorab gesetzten Regeln auch pflichtbewusst von allen eingehalten werden. Die Regeln legen fest, dass zum Beispiel keine Spielzeuge in Rucksäcken oder Taschen eingeschmuggelt werden oder dass es keinen Streit um die Sachen geben darf. Zu Beginn des Projektes war die Kreativität der Kinder gefragt. „In den ersten beiden Tagen war es ohne Spielzeug schwierig für die Kleinen“, sagt Jeannine Weiß. Doch bereits am dritten Tag hätten sie immer mehr Ideen entwickelt. „Schön ist an dem Projekt, dass die Dinge eine neue Wertung bekommen“, so die Leiterin. So gehen die Kinder bewusster mit den Sachen um. Und auch Spielbereiche in der Kita werden neu genutzt.

Das Spielzeug als großer Streitfaktor wurde aus der Kita verbannt. „Kinder streiten sich so oft um Spielsachen. Nun müssen sie für gemeinsame Projekte miteinander reden“, beobachtet Weiß. So lernen sie auch, gemeinschaftlich miteinander zu arbeiten und Kompromisse einzugehen. Außerdem treten die Fähigkeiten der Kinder durch das Projekt hervor. „Die Kinder lernen eigene Stärken und Schwächen kennen“, erzählt Jeannine Weiß. Kreative Prozesse und eigene Erfindungen rufen Stolz bei den Kleinen hervor. Ursprünglich sollte das Projekt vier Wochen dauern, nun sind es bereits fünf. „Die Kinder dürfen selbst entscheiden, wann das Projekt zu Ende ist“, sagt Jeannine Weiß. „Ich denke, die Kita bleibt wohl noch eine Weile eine spielzeugfreie Zone.“ Für die Eltern wird das Projekt mit Fotos und Informationen dokumentiert.

Alles in allem macht sich das Projekt gegen das Entstehen von potenziellen Suchtgefahren stark. „Die Erfahrung hat gezeigt, dass vor allem die Kinder gefährdet sind, die in ihrer Kindheit und Jugend überwiegend Passivität und Konsum erfahren haben“, erklärt Weiß. Bald können die Knirpse auch in der Außenanlage aktiv werden, denn die Kita plant einen hauseigenen Garten. Beim Wettbewerb „Unser kleiner Garten„ gewannen sie durch Unterstützung der Eltern den zweiten Platz. Insgesamt 1500 Euro stehen nun für einen kitaeigenen Garten zur Verfügung. „Wir danken den Eltern sehr für die Unterstützung und werden die Pflanzen gemeinsam aussuchen“, erzählt die Kita-Leiterin. Mehrere Hochbeete wollen die kleinen Gärtner bald anlegen und bepflanzen.