Klinik-Schließung Kritik hält an

Die angekündigte Schließung des Johanniter-Krankenhauses Genthin hat heftige Reaktionen ausgelöst.

Von Simone Pötschke 09.06.2017, 01:01

Genthin l Über Parteigrenzen hinweg herrscht im Stadtrat große Verärgerung über die Schließung des Genthiner Krankenhauses, die in der vergangenen Woche der Träger öffentlich gemacht hat.

Horst Leiste (SPD) gehört zu jenen langjährigen Stadträten, die in der Vergangenheit zweimal das Sozialministerium aufsuchten, um sich für den Fortbestand des Krankenhauses zu verwenden, nachdem im Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt festgeschrieben wurde, dass das Genthiner Krankenhaus 2019 geschlossen wird.

In der ersten Beratung vor etwa zehn Jahren hätten die Stendaler Johanniter den Auftrag vom Sozialministerium erhalten, ein Konzept vorzulegen, wie es in Genthin weitergehen kann, erinnert sich Leiste. Da sich in den folgenden Jahren nichts tat, habe das Ministerium den Träger nochmals aufgefordert, ein Konzept vorzulegen. Zum Schluss hieß es nur noch, dass das Genthiner Krankenhaus lediglich noch eine medizinische Grundversorgung garantieren werde. „Daraus kann ich nur entnehmen, dass die Geschäftsleitung jahrelang daraufhin gearbeitet hat, das Krankenhaus nicht zu erhalten. Sogar Fachärzte wurde von Genthin nach Stendal nach und nach abgezogen. Leiste: „Wir sind von der Geschäftsführung belogen und betrogen worden.“

Besonders traurig für Horst Leiste: Zu DDR-Zeiten haben die Diakonissen hart und erfolgreich um den Erhalt des Krankenhauses gekämpft, nach der Wende sind solche traditionsreichen Diakonissen-Krankenhäuser erhalten geblieben - nur nicht in Genthin.

Auch Harry Czeke (Die Linke) bestätigte, dass ein Zukunfts-Konzept von den Johannitern im Sozialministerium vorgelegt werden sollte. Czeke: „Die haben sich jedoch nicht in die Karten schauen lassen.“ Stattdessen habe es nur noch Lobesgeschichten gegeben, die zur Beruhigung beitragen sollten. Ein neues CT-Gerät, neue Fachärzte, dies und das.

Czeke: „Die Krankenhaus- Schließung ist ein Schlag ins Kontor, für die Region fehlt zukünftig die stationäre medizinische Versorgung. Das bedeutet eine weitere Schwächung des Standortes Genthin.“

CDU-Mann und Stadtratsvorsitzender Gerd Mangelsdorf sagte gegenüber der Volksstimme: „Wir haben, nachdem im Zuge des Krankenhausplanes die Absicht des Landes bekannt wurde, den Standort Genthin zu schließen, darauf vertraut, dass eine Lösung gefunden wird, die den Fortbestand dennoch sichert. Jetzt fühlen wir uns überrumpelt und übergangen. Die Schließung ist schlimm für Genthin.“

Grünen-Stadtrat Lutz Nitz wird in seinen Äußerungen deutlich: Die Schließung stehe dafür, dass Krankenhäuser Wirtschaftsunternehmen seien, in denen der Chefarzt nicht mehr mit dem Stethoskop untersuche, sondern mit dem Taschenrechner kalkuliere. „Sollte jemand krank werden, sollte man den Stendaler Johannitern die kalte Schulter zeigen und in die Krankenhäuser nach Burg oder Brandenburg gehen“, macht Nitz seinem Unmut Luft. Geschäftsführer Franz Caesar möge nicht von Schließung sprechen, sondern von Gewinnmaximierung. „Die letzten Jahre, das war offensichtlich, wurde etwas in Genthin geschlossen, wenn etwas in Stendal neu aufgebaut wurde.“

Mehr als 30 Kommentare fanden sich auf Facebook in den vergangenen Tagen unter der Presseerklärung der Bürgermeister der Einheitsgemeinden der Region. „Das Krankenhaus hätte sich spezialisieren sollen, auf Geriatrie oder ähnliches. Alte Leute gibt es ja mehr als genug. Aber es einfach, langsam immer mehr runter zu fahren, so dass es gar nicht mehr rentabel sein kann, ist schon arg traurig“, meint eine Nutzerin.

Ein Nutzer wird noch deutlicher: „So eine Schweinerei, war aber voraus zu sehen, spätestens als der Neubau in Stendal begonnen wurde. Hoffe, dass alle Mitarbeiter einen neuen und fair bezahlten Job bekommen.“

Ein anderer glaubt nicht an die Beteuerungen der Verantwortlichen: „Entsetzen? Bestürzung? Die Schließung war doch längst beschlossene Sache. Nur hat es nie jemand wirklich gesagt. Jahrelange Bemühungen? Von wem? Es wurde im Genthiner Krankenhaus doch immer nur gespart und heruntergefahren, wo es nur ging.“

Andere sehen den Niedergang der gesamten Stadt beschleunigt: „Es tut weh zu sehen, was gegen viele Vernunftstimmen, über mittlerweile Jahrzehnte, meiner Heimatstadt abhanden kam beziehungsweise kommen soll“, findet ein Genthiner.

Ein anderer meint: „Eigentlich fehlen fast nur noch diese Strohdinger aus den Western, die der Wind über die Straße bläst.“