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Prävention Schüler trainieren Gewaltabwehr

Das Magdeburger KiJu-Team zeigte Kindern der Diesterweg-Grundschule in Altenplathow, wie sie sich gegen Gewalt wehre können.

Von Mike Fleske 15.06.2016, 11:00

Altenplathow l „Hallo, helfen Sie mir, die Frau verfolgt mich“, ruft Lea aus der vierten Klasse auf dem Schulhof der Diesterweg-Grundschule einem Erwachsenen zu. Was zunächst dramatisch anmutet, ist eine Simulation des Kinder- und-Jugend-Sicherheits-Teams (KiJu) aus Magdeburg. Die KiJu-Mitarbeiter haben in der vergangenen Woche mit den Diesterweg-Kindern Strategien erarbeitet, die die Grundschüler anwenden sollen, wenn sie von Fremden angesprochen oder angefasst werden. Dann sollen sie nämlich einen unbeteiligten Passanten zur Unterstützung hinzuziehen.

Ein weiterer Teil der Übung: KiJU-Mitarbeiterin Katharina übernimmt die Rolle des Bösewichts. Im Auto sitzend versucht sie, eine andere Grundschülerin zu greifen, um sie ins Fahrzeug zu ziehen. Doch die Schülerin weiß, was zu tun ist und setzt sich zu Wehr: „Lassen Sie mich in Ruhe“, streubt sie sich lautstark gegen die von Katharina gespielte Attacke. Für die Grundschüler wird in solchen Aktionen Prävention gegen Gewalt greifbar und lebendig. Die Grundschüler beschäftigten sich mit den Magdeburger Experten auch mit der Bedrohung durch Waffen. Dass ein Messer eine gefährliche Waffe ist, wenn es zur Bedrohung eingesetzt wird, wussten alle. „Kann denn auch eine Faust eine Waffe sein?“, wollte KiJu-Mitarbeiterin Melli wissen. Da mussten besonders die jüngeren Grundschüler überlegen. Aber klar: „Wenn jemand mit der Faust schlägt, kann er anderen auch sehr weh tun.“ Gefährliche Situationen erkennen und sich zur Wehr setzen– das war in der vergangenen Woche das Thema für alle Diesterweg-Schüler. Marco aus der vierten Klasse durfte deshalb auch einmal einer erwachsenen Frau vors Schienbein treten. Schließlich wollte diese ihn packen und festhalten. „Gut, dass mein Bein gepolstert ist“, befand Melli. Doch im Ernstfall hätte sie den Jungen nicht mehr verfolgen können. Auch was solche Ernstfälle sind und wann man sich als Kind wehren muss, zeigten die Magdeburger auf. Dazu gehörte auch die Belehrung, dass das Gelernte nicht aus Spaß angewendet werden darf und dass Gewalt gegen andere nichts auf dem Schulhof zu suchen hat.

KiJu-Regionalleiter Andreas Heilemann macht klar, dass für die pädagogisch ausgebildeten Mitarbeiter die Projektarbeit kein Selbstlauf ist. Das Team setzt einen hohen Qualitätsanspruch um, auch durch regelmäßige Weiterbildungen. „Wir stellen unter anderem Kameras auf und analysieren anhand der Aufzeichnungen, welche Sachen wir verbessern können“, erklärt der Teamleiter. Heilemann verweist auch auf eine deutschlandweit einzigartige wissenschaftliche Untersuchung der Fachhochschule Magdeburg-Stendal, die die Nachhaltigkeit der Arbeit des KiJu-Teams bewertete und in die Analyse 6000 Schüler einbezog. Die Untersuchung habe zu dem Ergebnis geführt, dass Kinder und Jugendliche, die sich an Präventionsprojekten beteiligten, weniger oft Opfer von Gewalttaten wurden.

Noch relativ neu ist die Beschäftigung mit Online-Gefahren, etwa bei der Benutzung von Smartphones. Die Kommunikationsplattform „Whats app“ für die Übermittlung von Kurznachrichten kennen in der vierten Klasse alle und sie ist auch nützlich. Gefährlich wird es, wenn in einer Gruppe auch den Kindern unbekannte Personen sind. „Sie können euer Profilbild, euren Namen, euren Status und eure Telefonnummer sehen“, belehrte Heilemann. Der Experte riet den Kindern zu einem bewussten und sparsamen Umgang mit persönlichen Daten.

„Nutzt nicht euer eigenes Bild in eurem Profil, sondern eins von eurem Haustier oder einen Fußball“, riet er. So könnten die Kinder sich zumindest etwas unkenntlicher machen. Das KiJu-Team ging daneben auch auf die Gefahren von Zurückweisungen durch sogenannte Gruppen-Chats ein und vermittelte Strategien, mit Online-Ausgrenzungen umzugehen.

Möglich wurde der Besuch des Expertenteams durch die finanzielle Förderung des Bundesprogrammes „Demokratie leben!“. Gemeinsam mit dem Deutschen Roten Kreuz Jerichower Land als Träger hat die Diesterwegschule rund 3000 Euro für das Projekt erhalten, so dass alle Schüler daran teilnehmen konnten.