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Schüleraustausch Abschied von Polenreisen

Für Unstimmigkeiten am Gymnasium sorgt, dass es in diesem Jahr erstmals keinen Austausch mit der Partnerschule Radlin geben wird.

Von Kristin Schulze 31.08.2016, 01:01

Genthin l Seit zehn Jahren fahren Genthiner Gymnasiasten nach Polen und umgekehrt. Im September 2016 sollte der Schüleraustausch in die nächste Runde gehen. Stattdessen ist Schluss mit den Fahrten nach Dresden und Wieliczka.

„Wir sehen uns nach Alternativen um“, sagt Volker Schütte, Schulleiter des Bismarck-Gymnasiums, auf Volksstimme-Nachfrage.

Irritiert bis verärgert zeigt sich darüber Wolf-Rüdiger Francke. Der ehemalige Mathe- und Physiklehrer ist dem Gymnasium bis heute verbunden und wirkt als Vorsitzender des Fördervereins der Schule. „Ich will das so nicht stehen lassen“, sagt Francke und meint damit folgenden Satz von Schütte: „Ich habe unserer Partnerschule ein verändertes Programm vorgeschlagen, welches Genthin stärker in den Austausch einbezieht. ... Den polnischen Kollegen hat dieser Vorschlag nicht zugesagt.“ Schütte sagte dies im Interview mit der Volksstimme am 22. August.

Francke widerspricht; „In seiner ganzen Amtszeit hat Volker Schütte nicht einmal den direkten Kontakt nach Radlin gesucht.“ Francke erinnert sich an die Anfänge des Austauschs: „Der Kontakt kam eher zufällig über die Deutschlehrerin der Schule zustande.“ Mails wurden ausgetauscht, Telefonate geführt. 2005 fuhren Wolf-Rüdiger Francke und der damalige Schulleiter Gotthard Wienmeister zum ersten Mal nach Polen.

„Es hat sofort gepasst.“ 2007 fuhren die ersten Schüler nach Radlin, eine Tradition war geboren.

Über den Anfang der Geschichte gibt es keine Unstimmigkeiten, über das Ende schon. Probleme deuten sich schon in der Planungsphase an. Um Genthin stärker einzubinden, schlägt die Schulleitung als zentralen Treffpunkt statt Dresden Magdeburg vor. Francke hält das für keine gute Idee. Er sagt: „Man braucht für polnische wie deutsche Schüler einen Anreiz mitzufahren. Für beide Gruppen ist Dresden interessanter als Magdeburg.“

Trotzdem fragt er per Mail bei der Partnerschule in Radlin an: „Würde euch Magdeburg als zentraler Treff gefallen?“ Die Antwort aus Polen kommt prompt: „Magdeburg? Unsere Schüler möchten nach Dresden.“ „Von Schüttes Plänen, den Austausch bei der Ablehnung von Magdeburg ganz auszusetzen, wussten die polnischen Kollegen zu diesem Zeitpunkt nichts“, kritisiert Wolf-Rüdiger Francke.

Für den Schulleiter stellt sich der Sachverhalt anders dar: „Ein Schüleraustausch muss bestimmten gesetzlichen Kriterien für eine erfolgreiche Finanzierung und Umsetzung erfüllen. Das ist das Hauptprobelm des Austausches mit der Berufsschule Radlin“, schreibt Schütte per Email. Es liege kein konkretes Konzept vor, kritisiert er. Und setzt nach: „Ich informierte Herrn Francke als Vorsitzenden des Fördervereins, der einen Teil der Kosten trägt, bereits vor längerer Zeit, dass eine Neuausrichtung des Ganzen vorgenommen werden müsse.“

Insbesondere vor dem Hintergrund der Vorgaben des Landes Sachsen-Anhalt zum Schüleraustausch. Rechtzeitig seien den polnischen Kollegen beziehungsweise Herrn Francke, über den die Kommunikation lief, die Vorstellungen der Schulleitung von einem Besuch der polnischen Schüler und Lehrer übermittelt worden.

Kernpunkt: „Eine klarere Konzentration auf den Austausch vor Ort in Genthin beziehungsweise Sachsen-Anhalt.“ Dies hätte nicht den Bedürfnissen der „Gegenseite“ entsprochen. Für Schütte ist damit der Schüleraustausch vom Tisch. „Danach gab es keinen weiteren Kontakt. Wir begannen daher, uns nach Alternativen umzusehen, die auch stärker an den vorhandenen Fremdsprachenunterricht angekoppelt werden können.“

Eine Reaktion, für die Francke das Verständnis fehlt. Auch dass die Fahrt umstrukturiert werden sollte, machte für Francke wenig Sinn. Statt Dresden zu erkunden, sollte den polnischen Schülern Magdeburg, Tangermünde und Stendal näher gebracht werden.

„Viel zu viel Zeit, die die Schüler im Bus oder Zug verbringen“, urteilt Francke kritisch. Auch dass die Polen im Bismarck-Gymnasium hospitieren sollten, stößt bei Francke auf Unverständnis: „Dafür ist deren Deutsch nicht gut genug. Sie verstehen kein Wort und kommen nie wieder.“

Die Entscheidung gegen den Austausch ist gefallen. Inzwischen ist der Zeitraum verstrichen, in dem Förderanträge hätten gestellt werden können. „Schade um diese Tradition“, bedauert Francke. „Krakau ist Geschichte pur. Ein besseres Lehrbuch gibt es nicht. Aber was mich besonders ärgert, ist dieser unwürdige Abschied.“ Volker Schütte betont, dass solche Fahrten auch für ihn große Bedeutung haben: „Der Austausch junger Leute über die nationalen Grenzen hinweg ist ein elementarer Bestandteil unserer globalisierten Gegenwart und ein wichtiger Baustein für eine friedliche Zukunft.“

Er verweist auf die Möglichkeiten des Austauschs, die es am Bismarck-Gymnasium nach wie vor gibt: „Individuell über die diversen Organisationen Genthins in das im Kern, aber nicht ausschließlich englischsprachige Ausland sowie kollektiv über die England-Fahrt in der Klassenstufe 10.“