1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Genthin
  6. >
  7. In Seenot auf dem Elbe-Havel-Kanal

Sportserie In Seenot auf dem Elbe-Havel-Kanal

Welche Sportart ist die richtige für mich? Wir testen uns durch die Sektionen von Genthins größtem Verein, dem „SV Chemie“.

Von Mike Fleske 05.06.2017, 05:00

Genthin l Mit dem Kanu über den Elbe-Havel-Kanal, na das ist doch einfach. Da setzt man sich rein in das Boot, schnappt sich ein Paddel und los gehts. Denkt man. In Wirklichkeit ist die ganze Sache wesentlich kniffliger.

Bereits wenn man ein an Land liegendes Kanu besteigt, wird deutlich:  Es gibt einiges zu beachten. Beispielsweise, dass man mit den Füßen und nicht durch die Paddelschläge lenkt. „Dafür haben Sie zwei Schlaufen für die Füße im Kanu, mit denen bewegen Sie das am hinteren Teil aufgesteckte Ruder“, erklärt mir Yvonne Riemer, Leiterin der Kinder-Touristikgruppe der Sektion Kanu des SV Chemie Genthin.

Bevor ich aber  meine ersten Versuche im Elbe-Havel-Kanal unternehmen darf, gehen die jugendlichen Rennkanuten um Trainer Ralf Schulz auf die Strecke. Blitzschnell sind ihre Boote im Wasser, blitzschnell sind sie auf dem Kanal verschwunden. Bei den jungen Wanderkanuten geht es zunächst etwas gemächlicher zu. Einige Aufwärmübungen stehen am Anfang, bei mir noch einige Paddelhandgriffe, mit denen ich mich später im Wasser voranbringen soll.

„Wir machen heute eine Tour nach Roßdorf“, verrät mir Benjamin Buyny, Mitglied der heute achtköpfigen Wanderkanu-Gruppe. Bis nach Roßdorf werde ich es nicht schaffen. Für mich gilt es erst einmal, überhaupt das Kanu zu besteigen. „Erst ein Bein ins Boot und dann das andere schnell hinterherziehen“, rät mir Yvonne Riemer. Gesagt getan. Im Kanu bin ich schon mal, aber hoppla, ist das kipplig.

Es ist gar nicht einfach, am Anfang das Gleichgewicht zu halten. Jetzt muss ich mit den Händen paddeln und mit den Füßen lenken. Nach ein paar Zügen geht das eigentlich ganz gut. Obwohl es zwei Probleme gibt. Die jugendlichen Wanderkanuten sind so schnell vom Bootssteg weg, dass ich kaum eine Chance habe, hinterher zu kommen und meine ungelenken Bewegungen steuern das Kanu nur ungefähr in die Richtung in die ich will. Genaugenommen bin ich in diesem Augenblick eine Gefahr für die christliche Seefahrt.

Yvonne Riemer ist noch in meiner Nähe und formuliert es etwas salomonischer: „Man muss die Koordination ein wenig üben, manchmal dauert es, bis die Bewegungen richtig sitzen.“ Mit ein paar beherzten Paddelschlägen geht es dann doch voran, unter der noch brach liegenden Fußgängerbrücke hindurch in Richtung Waschmittelwerk. Es ist wirklich hübsch, wie man in der Frühlingssonne im Wasser dahingleiten kann. Aber irgendwie scheint sich nach einigen erfolgreichen Paddelschlägen das Kanu gegen mich zu wenden, ich kann die Richtung nicht mehr halten, wieder beginnt das Wackeln und huch, es kippt.

Ein beherzter Sturz ins Wasser ist die Folge. Während ich kurzzeitig unter die Wasseroberfläche tauche, greife ich nach dem Kanu und bin in diesem Augenblick wieder mit dem Kopf an der frischen Luft. Erst jetzt fallen mir die zahlreichen Ausstiegsleitern an der Kanalwand auf, die wohl für so seeuntaugliche Leichtmatrosen wie mich angebaut wurden.

Ich klettere beherzt nach draußen und grüße einen angelnden Herrn, der mich etwas schmunzelnd mustert. Klitschnass bin ich und habe ein Problem. Das Kanu liegt nun vollgelaufen und bleischwer im Wasser und lässt sich auch mit Yvonne Riemers Hilfe nicht hinausbugsieren. Sie muss nun auch ihrer Truppe hinterher, was mich etwas ratlos zurücklässt.

Der Angler hat eine Idee: „Ich leihe Ihnen ein Seil, dann können sie das Kanu etwas im Wasser ziehen und in Richtung Bootshaus bringen. Gesagt getan. Während ich das Kanu im Kanal ziehe, sieht mich ein Bootstourist  und ruft: „Komm, wir holen das Kanu an Land“. Über einen schrägen Ausstieg bringen wir das vollgelaufene Kanu wieder ins Trockene und schaffen es, nebenbei literweise Wasser auszuschütten. Ein Anwohner hat unser Tun beobachtet und kommt mit einer Schubkarre. „Dann braucht Ihr nicht zu tragen“, sagt er.

So machen wir uns auf den Weg, liefern Kanu und Paddel am Bootshaus ab. Mein Dankeschön nehmen die Helfer mit einer freundlichen Geste an: „Natürlich hilft man, wenn man kann, das ist doch selbstverständlich.“ Das finde ich zwar nicht, zumal sich Beide eigentlich einen schönen Nachmittag machen wollten und stattdessen richtig zu tun hatten.  Aber ich habe dadurch das Glück, mich nach meinem unfreiwilligen Bad im Elbe-Havel-Kanal zum Austrocknen begeben zu dürfen.