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Stadthaushalt Genthin muss gegensteuern

Die argen finanziellen Nöte der Stadt Genthin sind bekannt. Der Verwaltungs-Fachberater Kai Kühner belegte im Ausschuss die Misere.

Von Mike Fleske 18.02.2016, 14:00

Genthin l Im vorläufigen Rechnungsergebnis des Jahres 2015 ergeben sich Erträge in Höhe von 16,9 Millionen Euro, dagegen stehen Aufwendungen der Stadt in Höhe von 20,9 Millionen Euro. Damit hat die Stadt auch 2015 ein dickes Minus von vier Millionen Euro eingefahren. „Es kann am Ende sein, das dort 3,9 oder 4,1 Millionen Euro stehen, noch sind nicht alle Vorgänge aus dem vorangegangenen Jahr abgeschlossen“, machte Kai Kühner deutlich. Der kommunale Rechnungsprüfer ist während der Abwesenheit von Kämmerin Janett Zaumseil, gemeinsam mit Corinna Thiele vom Fachbereich Finanzen für den städtischen Haushalt zuständig. Bei den Erträgen fallen zuallererst die zum Plan fehlenden Öffentlich-rechtliche Leistungsentgelte ( Abgaben und Beiträge für kommunale Leistungen) und ausgebliebene Steuereinnahmen ins Gewicht. Jeweils mehr als 300 000 Euro schlagen hier zu Buche. Zwar konnten die Erträge letztlich auch dank guter Zahlen bei den Leistungsentgelten um mehr als 167 000 Euro erhöht werden, doch auch die Aufwendungen erhöhten sich.

So stiegen die Personalkosten zum Plan um knapp 100 000 Euro, die Transferaufwendungen um 250 000 Euro. Das Ergebnis habe massive Auswirkungen auf die Liquidität, führte Kühner weiter aus. Die liquiden Mittel lagen Anfang 2014 bei 3,8 Millionen Euro, Ende des Jahres bei 1,5 Millionen Euro und Ende 2015 bei Minus 2,3 Millionen Euro. Die Lage sei dramatisch, so Kai Kühner, der bei den liquiden Mitteln im ausgewiesenen Zeitraum ein Minus von 250 Prozent ausmachte. „Es besteht dringender Bedarf gegenzusteuern“, so Kühner. „Die Situation in Genthin ist sehr speziell“, bestätigte auch Bürgermeister Thomas Barz (parteilos). Man habe zwar viele Schritte eingeleitet, um die Situation in den Griff zu bekommen, aber diese Dinge machen andere Kommunen seit fünf oder zehn Jahren. „Wir haben lösbare Probleme, aber niemand soll erwarten, dass wir sie in einem Jahr lösen“, so der Bürgermeister.

Kühner sprang ihm bei: „Viele Dinge, mit denen Sie sich heute beschäftigen, sind in Jahrzehnten entstanden.“ Wenn man die Maßnahmen, die heute eingeleitet werden, vor 15 Jahren gemacht hätte, gäbe es heute ein anderes Ergebnis. Eine Maßnahme stellte Kühner den Ausschussmitgliedern vor. So plant die Stadt einen Antrag auf Bedarfszuweisungen aus dem Ausgleichsstock des FAG zu stellen. Dahinter verbirgt sich eine Möglichkeit, Finanzierungshilfen für den Ausgleich von Liquiditätskrediten und für Ausgaben laufender Verwaltungstätigkeit zu bekommen. Diese finanziellen Hilfen sind an bestimmte Vorgaben geknüpft. Unter anderem muss die Stadt Zeitpunkt und Umfang des Liquiditätsausfalls benennen, Angaben über Steuerhebesätze, Personalkosten und die Höhe der freiwilligen Leistungen machen. „Ich habe dem Bürgermeister geraten, diesen Antrag zu stellen“, bekräftigte Kühner.

Thomas Barz erläuterte: „Wir müssen etwas tun. Die Kommunalaufsicht würde uns sonst am Ende den Vorwurf machen, das wir nicht einmal einen solchen Antrag gestellt haben.“ Man zeige damit, dass man sich mit der Situation auseinandersetze. Immer wieder warb Barz um die Unterstützung der Ausschussmitglieder und rannte dabei offene Türen ein. „Ich bin 2014 in den Stadtrat gekommen und wusste, dass schwierige Entscheidungen anstehen, jetzt sollten wir uns nicht abschrecken lassen“, meinte Andy Martius (CDU-Fraktion). Der langjährige CDU-Stadtrat Andreas Buchheister sah mit der Doppik die Stunde der Wahrheit gekommen. „Damit sind die finanziellen Probleme deutlicher zutage getreten.“ Für ihn hat sich das Verständnis der Stadträte gewandelt: „Das etwas getan werden muss ist heute viel klarer, als die Mittel für die QSG gekürzt werden sollten, war das nicht wie Bretter, sondern wie Beton bohren“, spielte er auf frühere massive Widerstände gegen bestimmte Kürzungspläne an. Birgit Vasen (Die Linke) wehrte sich: „Die ständige Darstellung, dass sich die Stadträte früher keine Gedanken gemacht haben, ärgert mich und stimmt nicht.“ Für Buchheister war das andere Abstimmungsverhalten, Teil einer anderen Ausgangssituation, in der man sich befand. Der Bürgermeister beschwichtigte die Diskussion damit, dass er bat nun nach vorn zu sehen und die anstehenden Entscheidungen ins Visier zu nehmen.