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Stadtrat Keine Steuererhöhungen in Genthin

Emotional und kontrovers verlief die Debatte zu den geplanten Steuererhöhungen im Stadtrat.

Von Mike Fleske 25.06.2016, 07:00

Genthin l Es war eine leidenschaftliche Debatte, die der Stadtratsentscheidung vorausging. Grund war die Entscheidung zur Erhöhung der sogenannten Hebesatzsatzung. Bei der SPD ging bei diesem Thema ein Riss durch die Fraktion. Während Helmut Halupka sich für die Steuererhöhung mit der Variante 2 aussprach, um das Schlimmste, nämlich die Zwangsverwaltung zu vermeiden, setzte SPD-Stadtrat Horst Leiste ein leidenschaftliches Plädoyer gegen Steuererhöhung dagegen.

„Damit belasten wir unsere Bürger, aber besonders die Kleinbetriebe, die um ihr Überleben kämpfen.“ Die Steuererhöhungen seien kein gutes Mittel, wenn man Gewerbe in der Stadt ansiedeln wolle. Leiste kritisierte Bund und Land, weil diese die Kommunen nicht gut behandelten. „Mein Gewissen sagt mir, da kann ich nicht zustimmen.“ Norbert Müller (CDU) sah ein Versagen der Bundes- und Landesregierung, die versprochen hätten, dass keine Steuererhöhung kommen.

„Es kann jetzt nicht sein, dass dies auf Kosten des kleinen Mannes ausgetragen wird“, fand er und kündigte an, gegen die geplante Erhöhung zu stimmen. Gordon Heringshausen (CDU-Fraktion) machte deutlich, dass man zwar gegen Steuererhöhungen sein könne, dass aber gleichzeitig andere Lösungsansätze fehlen. Heringshausen wählte ein bildhaftes Beispiel.

„Wenn ich Ballonfahrer bin und der Ballon niedergeht, habe ich zwei Möglichkeiten, entweder ich heize nach oder werfe Ballast ab.“ Er wisse nicht, was an Ballast abgeworfen werden sollte. „Wir können die Schwimmhalle oder die Bibliothek abstoßen, aber das will keiner.“ Auch beim Abbau des Personals in der Verwaltung seien deutliche Schritte unternommen worden.

„Wir haben kein Ausgabenproblem sondern ein Einnahmenproblem“, befand Heringshausen. Er plädierte für Variante 1 und nannte die geplanten Steuererhöhungen „halbwegs gerecht und vertretbar“, da sie keine Bevölkerungsgruppe einseitig belaste. Harry Czeke (Die Linke) griff das Bild der Ballonfahrt auf und fügte hinzu: „Genthin stellt sich jetzt so dar, als ob die Sandsäcke und die Brennerflaschen leer sind.“ Er sprach sich gegen Steuererhöhungen auf.

„Im Bund werden die ersten Steuergeschenke verteilt, weil im nächsten Jahr Bundestagswahlen sind, wir laufen gerade konträr.“ Jede Steuererhöhung bedeute eine Belastung für kleine Betriebe, befand auch er und meinte: „Steuererhöhungen bringt nicht dass, was ich als bürgerschaftliches freies Engagement für die Stadt Genthin bezeichnen würde.“

Czeke monierte, dass der Stadtrat die Steuern erhöhen wolle ohne die Bürger der Stadt in diese Entscheidung miteinzubinden. „Ob uns diese Steuererhöhungen retten, das wage ich zu bezweifeln.“ Der Steuerhebel allein sei für ihn kein probates Mittel, um die Finanzmisere der Stadt zu lösen.

Peter Bodamer (LWG Fiener) erinnerte die Stadträte an den Beginn der Legislaturperiode. „Damals haben viele Stadträte gesagt, dass sie antreten um den liebenswerten Charakter der Kleinstadt Genthin zu erhalten, wer das immer noch möchte, der kann heute nur mit Ja stimmen“, warb er für den Verwaltungsvorschlag. Sebastian Hahn (Pro Genthin) stimmte seinem Vorredner zu und nahm noch etwas anderes in den Blick: „Ich sehe schwarz für Genthin, wenn eine drohende Zwangsverwaltung bevorsteht.“

Ein Zwangsverwalter interessiere sich für die Zahlen, nicht für den Charakter einer Kleinstadt. Franz Schuster (LWG Fiener) sah die geplanten Steuererhöhungen kritisch: „Wenn wir es uns erlauben, den Saunabereich im Schwimmbad zu bezuschussen, ist es nicht nachvollziehbar, wenn wir die Bürger mit Steuern belasten.“

Damit erregte Schuster den Unmut von Stadtrat Leiste, der die Sauna als Teil des Schwimm- und Sporthallenkomplexes sah. Andreas Buchheister (CDU) beendete die Diskussion mit dem Antrag auf Beendigung der Debatte und sofortiger Abstimmung. Auf Antrag von Peter Bodamer wurde namentlich abgestimmt.

Zunächst fiel die sogenannte Variante 2 der Hebesatzsatzung mit 20 „Nein“- zu drei „Ja“-Stimmen durch. Sie hätte der Stadt 1 495 514 Euro mehr beschert. In der Variante eins, die darauf zielte, Finanzmittel aus dem Ausgleichsstock des Landes zu bekommen, entschieden sich elf Stadträte dafür, elf dagegen und einer enthielt sich. In dieser Variante war ein Mehrertrag für die Stadt von 727 670 Euro kalkuliert worden.

Bürgermeister Thomas Barz hielt sich während der Debatte mit Äußerungen zurück. In der vergangenen Woche hatte er im Mützeler Ortschaftsrat für die Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuer geworben, da Genthin sonst voraussichtlich im kommenden Jahr zahlungsunfähig werden könnte. „Mit der Zustimmung zur Variante eins der Hebesatzsatzung, könnte dieser Zustand bis 2021 aufgeschoben werden.“

Daraus wird nun nichts. Die finanzielle Lage der Stadt bleibt angespannt. Bei einem Defizit von 4,3 Millionen Euro hat die Stadt seit Juli des vergangenen Jahres bereits fünf Millionen Euro an Liquiditätskrediten in Anspruch genommen.

Da half es auch nichts, dass der Haushalt 2016 im Stadtrat verabschiedet wurde. Dieser werde in der vorliegenden Fassung von der Kommunalaufsicht abgelehnt, schätzte der Bürgermeister. Es würde auch kein neuer Entwurf mehr vorgelegt.