1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Halberstadt
  6. >
  7. 50 Hertz macht Trasse orkanfest

Bauarbeiten 50 Hertz macht Trasse orkanfest

Der Netzbetreiber 50 Hertz verstärkt im Harz sein Hochspannungsnetz, um besser gegen Extremwetterlagen wie Orkane gewappnet zu sein.

Von Dennis Lotzmann 20.10.2015, 01:01

Quedlinburg/Harsleben l Autofahrer, die die Welterbestadt Quedlinburg von der B 6 aus oder über die B 79 aus erreichen wollen, haben aktuell schlechte Karten: Die B-6-Abfahrt Quedlinburg-Zentrum ist, von Westen kommend, gesperrt, wer via B 79 anrollt, muss sich auf eine Baustelle mit einspuriger Ampelregelung einstellen. Allerdings sind nicht Straßenbauarbeiten der Grund, sondern Erweiterungen am nahen Hochspannungsmast des Netzbetreibers 50 Hertz. Weil 50 Hertz am Fuß der gut 50 Meter hohen Stahlkonstruktion Korrekturen vornimmt, ist der Mast mit langen Stahltrossen zusätzlich verspannt. Daraus resultieren wiederum Behinderungen auf der nahen Straße.

Das Rätselraten, das viele Autofahrer während der Wartezeit an der Ampel beschäftigt, lüftet 50-Hertz-Pressesprecher Volker Kamm: „Es geht hierbei nicht um eine Erhöhung der Hochspannungsmasten, wie man vielleicht vermuten könnte, sondern um eine Mastverstärkung insgesamt.“

Die Arbeiten seien gewissermaßen Resultat des Orkans „Kyrill“, der im Januar 2007 über Deutschland hinweggezogen war. Damals stürzten einige Hochspannungsmasten um – Beispiele finden sich im Internet.

„Nach diesem extremen Sturm wurden die einschlägigen Normen und Vorschriften für derartige Masten überarbeitet“, erklärt Volker Kamm. Konsequenz: Die daraus abzuleitenden Vorgaben für den Netzbetreiber 50 Hertz werden gegenwärtig an der 380-Kilovolt-Trasse zwischen Bad Lauchstädt (Saalekreis), Klostermansfeld (Mansfeld-Südharz) und Wolmirstedt (Bördekreis) umgesetzt.

„Wir müssen insbesondere die Fundamente verstärken“, sagt Kamm. Eine Anforderung, für die die Ingenieure eine Lösung ausgetüftelt haben, ohne die bestehenden Mastriesen gänzlich austauschen zu müssen: Nach Kamms Worten werden um die bestehenden vier Fundamentpunkte neue, größere Betonfundamente gegossen. Darin werden stählerne Winkelprofile verankert, die anschließend kurz über dem bestehenden Fundamentpunkt mit dem Hochspannungsmast verbunden werden.

Mithilfe dieser Konstruktion wird die bisherige Mastkonstruktion auf dem neuen Gesamtfundament verankert. Um die zwischen 35 und 55 Meter hohen Stahlkonstruktionen während der Fundamentarbeiten zu sichern, erfolgt – wie aktuell gerade bei Quedlinburg – die zusätzliche Abspannung mittels schwerer Stahltrossen.

Wie notwendig diese Arbeiten sind, macht der Blick in die Vergangenheit deutlich. Als im Januar 2007 der Orkan „Kyrill“ über Deutschland hinweg zog, knickten unter anderem im Raum Magdeburg mehrere Hochspannungsmasten einfach um. Die dabei entstehende Gefahr ist immens: Die Masten sind viele Tonnen schwer, jeglicher Kontakt oder schon die direkte Nähe mit den Hochspannungsleitern dürfte tödlich verlaufen. Obendrein geht von den schweren Leitungsseilen auch nach Erdschluss und Abschaltung der tödlichen Hochspannung eine riesige Gefahr aus.

Und nicht nur Orkane wie seinerzeit „Kyrill“ sind für die Hochspannungstrassen, die zwischen 110- und 380-Kilovolt-Leitungen führen, problematisch. Auch Eisregen, bei dem sich binnen kürzester Zeit ein extrem schwerer Panzer um die Leitungsseile legen kann, hat in der Vergangenheit Seile reißen lassen und Masten umgeknickt.

Die Interessengemeinschaft „Vorsicht Hochspannung“ aus Colnrade im niedersächsischen Kreis Oldenburg kämpft seit Jahren gegen eine geplante Hochspannungstrasse und für eine alternative Erdleitung. Die Gruppe hat auf ihrer Internetseite eine Reihe von Unfällen und Havarien an Hochspannungstrassen zusammengetragen.

Der Betreiber 50 Hertz will bis Ende 2016 die geplante Mastverstärkung realisieren. Alles in allem werde ein einstelliger Millionenbetrag investiert, um die 36 betroffenen Masten zwischen Bad Lauchstädt und Wolmirstedt entsprechend nachzurüsten, erklärt Unternehmenssprecher Volker Kamm. Mit einem Netzausbau – etwa im Zuge der Energiewende – habe dies nichts zu tun.

Mehr unter: www.vorsicht-hochspannung.com