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Greifvogelzentrum „Geübt im Bohren dicker Bretter“

Ein Förderkreis will das landesweite Kompetenzzentrum Rotmilan nach Halberstadt holen.

Von Renate Petrahn 25.11.2015, 23:01

Halberstadt. 2015 ist ein wichtiges Jahr für den „Förderkreis für Vogelkunde und Naturschutz am Museum Heineanum e.V.“. Im Juni wurde er mit dem Ehrentitel „Verein des Jahres“ ausgezeichnet. Er ist damit der zweite Verein in der Harzkreisstadt, der sich über diese öffentliche Anerkennung freuen darf. Jetzt unterzeichnete der Förderkreis eine Vereinbarung mit der Stadt Halberstadt, die eine stärkere Vernetzung zwischen städtischen Infrastrukturen und Förderkreis vorsieht. Für Frank-Ulrich Schmidt, seit 1994 1. Vorsitzender des Förderkreises, eine weitere Etappe in Richtung Erhalt des nicht nur in Sachsen-Anhalt hochgeschätzten ornithologischen Museums in seiner derzeitigen Form und seine Ausrichtung auf die Zukunft.

Beinahe ein Vierteljahrhundert besteht der Förderkreis für Vogelkunde und Naturschutz am Heineanum. Im Blick zurück benennt Schmidt, selbst Ornithologe und anerkannte Kapazität in Fragen des Vogelschutzes und der Naturkunde in Niedersachsen, die Hauptrichtungen des Vereinswirkens: „Wir unterstützen die wissenschaftliche Arbeit des Museums, zum anderen engagieren wir uns in der Öffentlichkeitsarbeit. Und schließlich sind wir immer dann zur Stelle, wenn es um die finanzielle Unterstützung des mit uns eng verbundenen Museums geht, beispielsweise beim Einwerben von Drittmitteln für Projekte“. Der Punkt ist: „Für uns als Verein sind viele Dinge leichter möglich, wir sind flexibel und können sofort reagieren“, sagt Frank-Ulrich Schmidt. Eine Erfahrung, die Rüdiger Holz, früher stellvertretender Museumschef und – trotz Ruhestand – heutiger Bibliotheksbetreuer, nahezu täglich macht. „Wenn ein wichtiges Fachbuch antiquarisch angeboten wird, kann man nicht warten, dann muss man kaufen und zwar sofort“, sagt der Herr über die mit derzeit 22 400 Büchern beste ornithologische Literatur-Sammlung in Sachsen-Anhalt. Doch auf diesem Schatz kann man sich nicht ausruhen.

Der Buchbestand muss gepflegt werden, vor allem die Bücher aus der Zeit ab 1840 sind vom Säurefraß bedroht. Mittlerweile ist gut ein Drittel des Bestandes entsäuert – für rund 60 000 Euro, eine Aufgabe, die das Museum allein niemals hätte stemmen können, unterstreicht Rüdiger Holz.

Des Weiteren gibt der Förderverein nicht nur die „Abhandlungen und Berichte aus dem Museum Heineanum“ heraus, sondern finanziert diese und zum Teil auch die „Ornithologischen Jahresberichte des Museum Heineanum“. Es sind gerade diese Berichte, die für das wissenschaftliche Renommee des Hauses entscheidend sind, da beide Zeitschriften zum Zweck des Schriftentausches an über 180 Institutionen und Museen im In- und Ausland gehen.

Das schönste Beispiel für die Öffentlichkeitsarbeit des Förderkreises ist wohl die Ausstellung „MoVo – Moderne Vogelbilder“ die in diesem Jahr zum siebten Mal veranstaltet wurde. „Die Vogelmalerei, die in England, Schweden und den Niederlanden gang und gäbe ist, hat durch unsere Ausstellung wieder in Deutschland Fuß gefasst”, sagt Schmidt nicht ohne Stolz.

Ein Dank geht dabei an Domkantor Claus-Erhard Heinrich, der die Vernissage stets musikalisch begleitet, entweder durch eigene Improvisationen an der Orgel oder mit Werken bekannter Komponisten, in denen Vogelstimmen eine Rolle spielen.

Die enge Zusammenarbeit bilanzierend, unterstreichen die Museumsleute, dass ohne den Förderkreis die Arbeit des Museums nicht funktionieren würde. Dennoch wäre es falsch, die Zusammenarbeit zwischen Museum und seinem Förderkreis als ein reines Zweckbündnis anzusehen. Gleiche Interessen und Ziele sind guter Nährboden für persönliche Freundschaften. So verbindet eine mehr als 40-jährige Freundschaft Frank-Ulrich Schmidt mit Heineanum-Chef Dr. Bernd Nicolai. Was einst mit einem Austausch von vogelkundlicher Literatur begann, hat sich zu einer Freundschaft und enger wissenschaftlicher Zusammenarbeit entwickelt. Ein Fakt, der durchaus auf die anderen Mitglieder des Förderkreises zutrifft. Stolz ist Schmidt auch auf die freundschaftlichen Beziehungen zu den Nachfahren von Ferdinand Heine sen.. Mit Georg Heine ist der Ururenkel des Begründers der Vogelsammlung sein Stellvertreter.

Für die Zukunft sind die Vorhaben keineswegs kleiner geworden. Eine entscheidende Weiche soll mit der angestrebten Einrichtung eines landesweiten Kompetenzzentrums für den Rotmilan im Heineanum gestellt werden.

Damit, so sagt das Halberstädter Mitglied des Förderkreises, Dr. Uwe Wegener, „erreichen wir eine neue Qualität“. Wegener, der in Harmonie mit den Vogelkundlern sich für die Belange des Naturschutzes im Förderkreis engagiert, sieht darin die Chance für das Museum, seine Bedeutung auch im 21. Jahrhundert zu sichern und somit auch der Stadt zu einen Imagegewinn zu verhelfen.

Leicht wird es nicht sein, diese ambitionierte Zielsetzung zu erreichen, das ist den Mitgliedern des Förderkreises bewusst. Aber wie sagt Frank-Ulrich Schmidt: „250 Leute stehen hinter uns, und wir sind geübt im Bohren dicker Bretter“.