Weihnachten Beruf: Weihnachtsmann

Als Weihnachtsmänner machen sie Kindern eine Freude. Uwe Grund besucht sie Zuhause, Erwin Reichardt auf dem Weihnachtsmarkt.

Von Tina Zimmermann 24.12.2015, 00:01

Halberstadt l Es dauert nur wenige Sekunden, bis die ersten Kinder den Mann in dem roten Kostüm und mit dem weißen Bart im Gesicht entdeckt haben. Schnell hat sich eine kleine Traube aus wartenden Jungen und Mädchen um ihn gebildet.

„Und wer bist du?“ Jedes Kind, das Erwin Reichardt, alias der Weihnachtsmann vom Halberstädter Weihnachtsmarkt, trifft, begrüßt er persönlich. Er fragt nach dem Namen, dem Alter und ob die Kinder etwas vortragen oder singen können.

Viele Kinder treten gut vorbereitet vor den Weihnachtsmann. Erwin Reichardt freut sich über jede einzelne Darbietung. Allerdings bekommen auch die Kinder, die nichts vorbereitet haben, eine kleine Geschenketüte von ihm. „Ich schicke niemanden weg“, sagt der 60-Jährige.

Dreimal pro Woche tritt er in seiner Freizeit als Weihnachtsmann auf. Hauptberuflich arbeitet Erwin Reichardt bei der Stadtreinigung in Halberstadt. Die Rolle als Rotrock übernimmt er unentgeltlich. Ein Auftritt dauert etwa 30 Minuten, manchmal auch länger. „In dieser Zeit verteile ich zwischen 50 und 60 Tütchen“, sagt Erwin Reichardt. Gefüllt sind diese mit Nüssen, Äpfeln, Schokolade und anderen Süßigkeiten. Manchmal sind auch kleine Stofftiere mit dabei. Um Süßigkeiten und Kuscheltiere kümmert sich Weihnachtsmarktbetreiber Jens Ganso. Die Nüsse und oft auch die Äpfel stammen aus dem Garten von Erwin Reichardt. „Wir haben zwei Nussbäume im Garten, für deren Früchte wir sonst keine andere Verwendung haben“, erklärt er. Auch für die ganz kleinen Kinder hat der Weihnachtsmanndarsteller immer etwas mit dabei. „Sie freuen sich schon über einen einzelnen kleinen Nikolaus aus Schokolade“, erklärt er.

Nicht nur Erwin Reichardt selbst, sondern auch seine Familie ist an seinem Auftritt beteiligt. Seine Nichte läuft entweder vorweg und führt die Pferde oder sitzt als Kutscher auf dem Wagen. Vor über zehn Jahren, als Reichardt schon einmal für Jens Ganso als Weihnachtsmann gearbeitet hat, fuhr die heute 15-Jährige als Engel verkleidet in der Kutsche mit. Seine Frau wiederum packt immer die Tüten, die der 60-Jährige an die Kinder verteilt.

Dass Erwin Reichardt zusammen mit Pferden und Kutsche auftritt, ist auf seine eigene Initiative zurückzuführen. Ihm gehören sowohl die Tiere, der Wagen wie auch das Kostüm. Das kleine, bunt geschmückte Tannenbäumchen, das die Rückseite des Kutschwagens ziert, ist ebenso eine Idee des Hobby-Rotrocks gewesen.

Ob er im nächsten Jahr weiterhin als Weihnachtsmann auftreten wird, hat er noch nicht entschieden, erklärt Reichardt. Zum einen habe er festgestellt, dass einige Kinder die kleinen Präsente, die er verteilt, gar nicht richtig zu schätzen wissen. Er vermutet, „dass sie zuhause sehr verwöhnt werden.“ Zum anderen ist es „leider auch ziemlich anstrengend“, gibt der 60-Jährige zu. Freude mache es ihm aber dennoch.

Auch Uwe Grund aus Aspenstedt weiß, was es bedeutet, die Pflichten des Weihnachtsmannes zu übernehmen. Er tritt schon seit mehr als sechs Jahren an Heiligabend bei verschiedenen Familien auf, um dort im roten Kostüm mit weißem Bart die Geschenke zu verteilen. Seine Aufträge erhält er über die Job-Vermittlung Halberstadt.

„Es begann alles damit, dass ein anderer Weihnachtsmann, der über die Arbeitsagentur vermittelt, krank wurde und ausfiel. Meine Frau, die damals bei der Arbeitsagentur in Halberstadt gearbeitet hat, fragte mich, ob ich nicht ­einspringen könnte.“ Aus einer ­ursprünglich einmaligen ­Sache wurde für Uwe Grund eine Herzensangelegenheit. „Die Besuche bei den Kindern – da sammelt man Erinnerungen, die man nie wieder vergisst.“

Einen großen Teil der Kinder, die er besucht, kennt der 56 Jahre alte Vater und Großvater nun schon seit mehreren Jahren. Jedes Mal wieder ist es ihm eine große Freude, für sie den Weihnachtsmann zu mimen. Dabei gibt es einige Erlebnisse, die ihn ganz besonders berühren. So zum Beispiel die Geschichte eines kleinen Mädchens, das er vor einigen Jahren das erste Mal besuchte. Damals hatte die Kleine gerade eine Herz-Operation hinter sich. „In jedem folgenden Jahr konnte ich seitdem sehen, wie sie sich immer weiter ­entwickelt hat. Das ist einfach toll.“

Leider können Grund und seine Frau Heidi, die sich größtenteils um die Organisation kümmert, nicht alle Anfragen annehmen, die bei ihnen über die Jobvermittlung eintrudeln. In den Vorjahren hatte der Rentner an Heiligabend durchschnittlich zehn bis zwölf Auftritte. So viel Spaß es ihm auch macht, das kann ganz schön anstrengend sein. „Unsere Tour beginnt am 24. Dezember gegen 15 Uhr, um ca. 20 Uhr sind wir wieder zurück. Da ist man am Ende des Tages ganz schön kaputt“, sagt Uwe Grund.

Pro Auftritt bekommt er 25 Euro Honorar. In Kinderheimen tritt Grund aber umsonst auf. Manchmal bekommt Uwe Grund auch kleine Basteleien, Bilder, Karten oder Naschereien geschenkt.

„Dieses Jahr sind es etwas weniger Auftritte als in den Vorjahren“, sagt Heidi Grund, die heute für den Arbeitgeberservice der Kommunalen Beschäftigungsagentur (KoBa) in Halberstadt arbeitet. Fünf Mal werde ihr Mann in Halberstadt an Heiligabend auftreten. Heidi Grund sieht das positiv. „So bleibt uns dieses Mal ein bisschen mehr Zeit für unser eigenes Enkelkind.“