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Hilariusmahl Mittelalterliche Tradition

OB und Stadtratspräsident laden zum Hilariusmahl in Halberstadt ein. Ein Treffen, das seine Wurzeln im Mittelalter hat.

Von Sabine Scholz 12.01.2016, 04:00

Halberstadt l Wenn am morgigen Mittwoch die Gäste an langen, festlich gedeckten Tischen Platz nehmen, erleben sie ein ganz besonderes Hilariusmahl im Halberstädter Ratssaal. Das Hilariusmahl findet zum 25. Mal statt.

Zu dem Essen haben, der Tradition folgend, Ratspräsident und Oberbürgermeister Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Kultur und dem gesellschaftlichen Leben eingeladen. Wie auf Nachfrage im Rathaus zu erfahren war, wurden für dieses Jubiläums-Festessen 140 Einladungen verschickt, 124 Gäste haben ihr Kommen zugesagt.

Tradition ist es auch, zum Festmahl einen prominenten Ehrengast einzuladen, der die Festrede hält. Eine Aufgabe, die in der Vergangenheit Ministerpräsidenten, Minister und andere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens übernommen haben.

In diesem Jahr spricht der Theologe und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer, der kürzlich von der Stadt Wittenberg zum Ehrenbürger ernannt wurde. Sein Festvortrag wird sich dem Thema „Was bleiben wird – 25 Jahre deutsche Einheit“ widmen.

2016 ist für das traditionelle Hilariusmahl ein Jubiläumsjahr, denn genau vor 25 Jahren wurde das Festmahl nach langjähriger Unterbrechung wiederbelebt. Diese Initiative geht auf das Engagement des damaligen Stadtratspräsidenten Johann-Peter Hinz und auf den gebürtigen und heute in Garbsen lebenden Halberstädter Friedrich-Wilhelm Schröter zurück.

Mit dem Hilariusmahl wurde in der Zeit der politischen Wende eine Tradition neu belebt, die über Parteigrenzen hinweg den politischen Austausch pflegt und die zwanglose Begegnung von Repräsentanten der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereiche zu Gesprächen und Kontakten ermöglicht. Wie auch in den vergangenen Jahren finanzieren die Gäste mit ihrem Teilnahmebeitrag das Hilariusmahl und unterstützen darüber hinaus mit einem Teil des Geldes gemeinnützige Projekte in Halberstadt.

Benannt ist das Hilariusmahl nach dem Bischof Hilarius von Poitiers (315-367), dessen Namenstag der 13. Januar ist. Am 13. Januar 367 wurde er beigesetzt. Hilarius von Poitiers taufte in seiner Eigenschaft als Bischof 351 Martin von Tours.

Seinen Ursprung hat das Festmahl im 15. Jahrhundert. 1423 gab es in Halberstadt eine innerstädtische Auseinandersetzung zweier Fraktionen der herrschenden Ratsgeschlechter, die sogenannte Halberstädter Schicht. Die Fraktion des Matthias von Hadeber gewann die Oberhand und begann Rat und Stadt nach ihren Interessen zu regieren. Der lange Matz, wie Hadeber seiner Körpergröße wegen genannt wurde, galt jedoch außerhalb Halberstadts als Aufrührer und wurde weder von Bischof noch von irgend einer anderen Stadt als rechtmäßig anerkannt. Dem Bischof gelang es 1425 mithilfe einer Reihe benachbarter Städte ein Heer zusammenzustellen und die „aufrührerische“ Stadt einzunehmen. Der lange Matz flüchtete, wurde jedoch ergriffen und hingerichtet.

Die Niederlage der Halberstädter Schicht nahmen Bischof und verbündete Städte zum Anlass, Halberstadt eine neue Verfassung aufzuzwingen, die bis 1648 Gültigkeit hatte. Darin wurde unter anderem festgelegt, dass die Wahl des engeren Rates, eine der wenigen Aufgaben bei der die Innungsmeister und Bauermeister mitwirken durften, alljährlich am 13. Januar, dem Hilariustage, stattfinden sollte.

Die Ratsherren wurden nach ihrer Wahl noch am Abend durch einen Boten in ihren Wohnhäusern abgeholt und zum Rathaus geleitet. Eine große Laterne, Hilariuslaterne genannt, wurde vorangetragen und beleuchtete damals den Weg. Die Ratsherren trafen sich dort, gingen gemeinsam zum Gottesdienst und anschließend genossen sie ein Festessen.