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Hundehalter Streit um Maulkorbpflicht

Ist Hund „Yukon“ gefährlich oder nicht? Darüber streitet sich Alfred Priegnitz aus Halberstadt mit der Stadtverwaltung.

Von Jörg Endries 14.01.2016, 00:01

Halberstadt l Einen Maulkorb hat der Hund von Alfred Priegnitz verpasst bekommen. Nach zwei Beißereien mit anderen Hunden ist „Yukon“ von Amts wegen bescheinigt worden, dass er gefährlich sei und daher die Leinen- und Maulkorbpflicht greife. Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat nach einer Klage gegen diese Feststellung im Namen des Volkes bestätigt, dass „Yukon“ gefährlich ist. Die Unterschrift unter dem Urteil, das im September 2015 gesprochen wurde, ist noch nicht ganz trocken, da stellt die Stadtverwaltung Halberstadt im November 2015 auf Antrag von Alfred Priegnitz gegen Zahlung von 32 Euro „Yukon“ quasi wieder eine reine Weste aus. Mit einer „Erlaubnis für das Führen eines gefährlichen Hundes ohne Maulkorb“.

Für Alfred Priegnitz passt das alles nicht zusammen. „Ich habe es Schwarz auf Weiß, dass mein Hund vom Landesverwaltungsgericht als gefährlich eingestuft wurde. Gegen die Zahlung einer Gebühr ist das plötzlich nicht mehr der Fall?“ Der Wehrstedter will eigentlich nicht mehr an der alten Geschichte rühren. Auch das Urteil des Landesverwaltungsgerichts will er nicht anfechten. „Doch den Vorgang soll mir mal jemand plausibel erklären.“

Der Halberstädter versteht die Welt nicht mehr. Abgesehen davon, dass er persönlich seinen jetzt zehn Jahre alten Schäferhund-Mischling als völlig harmlos einstuft, ist die Prozedur für Alfred Priegnitz richtig teuer geworden.

 

Mittlerweile füllt der Vorgang einen dicken Aktenordner bei Familie Priegnitz. Angefangen vom Kostenbescheid der Stadtverwaltung Halberstadt zur Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes in Höhe von 71 Euro, musste er unter anderem ein Führungszeugnis für 13 Euro beantragen und 23 Euro für die vorläufige Erlaubnis zum Führen des Hundes überweisen. 400 Euro hat ein Wesenstest verschlungen, der „Yukon“ bereits vor drei Jahren bestätigt hat, dass er „zu sozialverträglichem Verhalten in der Lage ist“ und keine Bedenken gegen eine Ausnahme von der Maulkorbpflicht bestehen. Doch die Stadtverwaltung bestand trotz Wesenstest weiter auf den Maulkorbzwang. Verbunden mit einer Rechnung über 58 Euro für die erneute Erstellung einer Erlaubnis zum Führen von gefährlichen Hunden.

Ein Widerspruch des Halters gegen diesen Bescheid wird vom Landesverwaltungsamt zurückgewiesen. Weitere Kosten fallen für Rechtsanwälte und das Verwaltungsgericht an. „Insgesamt etwa 1000 Euro“, berichtet Alfred Priegnitz.

Letztendlich alles sinnlose Ausgaben, so der Halberstädter. Er fragt: „Wozu das ganze Theater?“ Der gesamte Vorgang sei seiner Ansicht nach total überflüssig gewesen. Schließlich habe die Stadt jetzt gegen Zahlung einer Gebühr auf die Maulkorbpflicht verzichtet, stellt der Rentner verärgert fest. Der Wesenstest lag zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als drei Jahre zurück und plötzlich beruft man sich im Rathaus auf genau diesen Test.

„Bei diesem Fall handelt es sich insgesamt um eine umfangreiche und nicht leicht verständliche Rechtslage“, sagt auf Volksstimme-Nachfrage Thomas Dittmer vom Team Ordnung und Sicherheit der Stadtverwaltung Halberstadt. Auf Grund der Vorfälle im Dezember 2011 und Juni 2012 musste bei dem Hund die Gefährlichkeit festgestellt werden. Bei den anderen beteiligten Hunden jedoch nach Einschätzung der Verwaltung nicht. Die Bescheide seien alle rechtmäßig ergangen. „Um den Hund weiter halten zu dürfen, musste und muss Herr Priegnitz umfangreiche Auflagen erfüllen bzw. einhalten. Diese Auflagen galten sofort nach der Feststellung der Gefährlichkeit im Juli 2012“, so Thomas Dittmer.

Laut Landesrecht könne die Befreiung von der Maulkorbpflicht erteilt werden, wenn dadurch keine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit eintritt. Bei der Entscheidung über den Antrag kommt dem Wesenstest, den ein solcher Hund zwingend absolvieren muss, eine zentrale Bedeutung zu.

„Im Falle des Hundes von Herrn Priegnitz hat der Sachkundige keine Bedenken gesehen, eine Maulkorbbefreiung zu erteilen.“ Da der Stadt keine weiteren Fakten bekannt sind, die der Einschätzung des Sachverständigen entgegenstehen, konnte diese Befreiung erteilt werden, heißt es weiter. Die Genehmigung auf Maulkorbbefreiung könne nicht von Amts wegen erteilt werden, sondern muss vom Hundehalter beantragt werden. „Diese auf den ersten Blick widersprüchlich wirkende Rechtslage ist aber dennoch sinnvoll“, betont Thomas Dittmer.

Für die Feststellung der Gefährlichkeit habe der Gesetzgeber bewusst die niedrige Eingriffsschwelle des Gefahrenverdachtes gewählt. Wie groß eine tatsächliche Gefährdung durch den Hund ist, wird im Wesenstest ermittelt. Ergibt die Einschätzung, dass die tatsächliche Gefährdung geringer ist, als ursprünglich angenommen, dann können Lockerungen von den Auflagen gewährt werden. Genau dies sei im Fall des Hundes von Alfred Priegnitz geschehen, erläuterte Dittmer.