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Notruf Bei Missbrauch droht Haft

Ein Halberstädter missbraucht den Notruf 112. Das kann in den Knast führen.

Von Dennis Lotzmann 12.02.2016, 08:12

Halberstadt l Die Polizei hat gegen einen 54-Jährigen aus Halberstadt Ermittlungen wegen Notrufmissbrauchs eingeleitet. Der Mann hat nach Angaben von Polizeisprecher Uwe Becker am Mittwochabend mehrfach den Rettungs-Notruf „112“ gewählt, obwohl keine Notlage bestand. Die Polizei, die mit der Rettungsleitstelle der Kreisverwaltung direkt verbunden ist, reagierte sofort und stellte nach Beckers Worten das Mobiltelefon des Mannes sicher.

„Um es ganz klar und deutlich zu sagen: Wir reden hier nicht von einem Scherz oder einer Bagatelle, sondern von einer Straftat“, so der Sprecher des Polizeireviers Harz. Diese Straftat könne nicht nur mit einer Geldstrafe geahndet werden, sondern durchaus auch mit bis zu einem Jahr Haft, so der Hauptkommissar mit Blick auf Paragraph 145 Strafgesetzbuch.

Dort sind nicht nur die Sanktionen beim Missbrauch von Notrufeinrichtungen oder Notzeichen formuliert, sondern auch das Strafmaß bei Beschädigungen oder Zerstörungen von Notzeichen oder Notrufanlagen. Wer beispielsweise ein öffentliches Telefon beschädigt, muss mit Geldstrafe oder bis zu zwei Jahren Haft rechnen.

Ob der 54-Jährige nun möglicherweise mit Gefängnis rechnen muss, bleibt abzuwarten. Nach Beckers Worten ist der Mann bereits einschlägig bekannt, also ein Wiederholungstäter.

Auch für Kai-Uwe Lohse, Chef der Rettungsleitstelle im Harzkreis, ist der 54-jährige Halberstädter kein Unbekannter. „Er ruft immer wieder bei uns an und verwickelt unsere Disponenten an den Notruf-Plätzen in Gespräche und blockiert Leitungen“, bestätigt Lohse. Das Problem dabei: Obwohl der Mann als Wiederholungstäter längst bekannt sei, müssten die Mitarbeiter am Telefon stets genau abwägen, ob ein Notruf vorliege oder eben eine Fehlinformation. „Das kostet wertvolle Zeit, bindet einen Mitarbeiter und blockiert eine Notrufleitung.“

Im normalen Tagesgeschäft seien in der Leitstelle vier Leitungen für den Notruf 112 vorgesehen. Dass sie zeitgleich parallel belegt sind, ist nach Lohses Worten keine Seltenheit. „Mehrere Leute sehen einen Brand oder einen Unfall, rufen bei uns an und zack, sind die Leitungen besetzt.“ Weitere Anrufer landeten dann in einer Warteschleife.

Im Regelfall würden jene vier Leitungen aber ausreichen. Und: In Extremlagen, beispielsweise bei Sturm, könne die Kapazität auf acht Leitungen verdoppelt werden.

Die Mitarbeiter in der Leitstelle – aber auch in der 110-Notrufzentrale der Polizei – werden immer wieder mit jenen Notrufmissbräuchen konfrontiert. Lohse schätzt die Gesamtzahl auf rund zehn Prozent ein. „Ganz oft sind es aber Anrufer, die den Notruf missbrauchen, ohne es zu wissen.“ Beispielsweise wenn sie sich über „112“ über Arztbereitschaften oder Apotheken-Öffnungszeiten informieren wollen. „Dann sind sie bei uns zwar grundsätzlich richtig, dafür gibt es aber die öffentliche Leitstellen-Rufnummer (0 39 41) 6 99 99.“

Die Zahl derer, die tatsächlich bewusst und vorsätzlich angebliche Unfälle oder Brände melden, um die Retter unnötig zu beschäftigen, schätzt Lohse auf weniger als zwei Prozent. Und auch hier gebe es technische Möglichkeiten, den Straftätern auf die Spur zu kommen. „Selbst wenn man die SIM-Karte aus dem Handy entfernt und einen Notruf absetzt, wird die ID-Nummer des Gerätes übermittelt und bei uns registriert.“ Und über diese Nummer sei es durchaus möglich, den Besitzer zu finden.

Und für den könne es richtig teuer werden. Sind Feuerwehr, Rettungsdienst und Polizei ausgerückt, drohen saftige Kostenrechnungen. Hinzu kommen Geldstrafe oder gar Haft. „Und man muss immer die moralische Komponente bedenken: Wer den Notruf blockiert, nimmt einem anderen, der wirklich in Not ist, diese Chance“, so Lohse. Und das könne fatale Folgen haben.