Feuerwehr Kameraden ohne Schutz

Osterwiecks Feuerwehr fehlt es an Ausrüstung. Der Grund: Die Stadt hat kein Geld.

Von Mario Heinicke 23.03.2016, 10:00

Osterwieck l Darüber klagte auch die Stadtwehrleitung mit Frank Kenzig und Klaus-Dieter Böhnstedt schon mehrfach öffentlich. Verbunden mit der Forderung an die Stadtratsmitglieder, den Investitionsstau beseitigen zu helfen. Von den 30 künftigen Feuerwehrkräften, die Ende Januar einen Grundlehrgang begannen, besaß etwa die Hälfte eine unzureichende oder gar keine eigene Schutzausrüstung. Ein Zustand, den Ausbildungsleiter Tobias Kruse aus Veltheim kritisiert.

Am Sonnabend lief der letzte praktische Ausbildungstag in Dardesheim. Die Feuerwehrleute lernten sich aus einem Fenster abzuseilen und ein verunfalltes Auto aufzuschneiden. Frederike Helbing von der Feuerwehr Bühne sah aus, als würde sie nicht in einer Einsatzjacke antreten, sondern in einem Mantel. „Die Jacke ist zwei Nummern zu groß. Ich habe sie für den Lehrgang aus Rhoden geliehen bekommen“, berichtete sie.

Was Laien nicht sehen, erkennt Tobias Kruse sofort. Daniel Hirsch aus Osterwieck lief in einer Art Arbeitsstiefeln auf, die er aus seiner Zeit in der Jugendfeuerwehr besitzt. Eigene Sicherheitsstiefel hat er noch nicht bekommen (können). „Auch seine Hose ist veraltet“, erklärte Kruse. Marvin Timm aus Hessen fehlen sichere Einsatzhandschuhe. Seine alten sind löchrig. Noch schlimmer sieht es für die Osteröder Teilnehmer aus. „Sie mussten teilweise die völlig veralteten orangen Einsatzjacken anziehen“, so Kruse.

Immerhin Jan Steinbrecher kam vorschriftsmäßig gekleidet zur Ausbildung. Allerdings in der Uniform seines Hessener Wehrleiters André Bindseil. Wäschetausch eben.

„Während der Ausbildung ist uns ein Helm kaputt gegangen“, berichtete Kruse weiter. Ersatz habe es nicht gegeben, denn es sei keiner vorhanden gewesen. Also musste ein alter, schon aussortierter Helm reaktiviert werden. „Das ist eigentlich nicht zulässig“, betonte Tobias Kruse, für den dieser Grundlehrgang eine Premiere war. Denn er hat sich erst vor Kurzem zum Ausbildungslehrer qualifiziert. Künftig möchte der Veltheimer auch als Ausbilder auf Kreisebene tätig sein.

27 Teilnehmer haben den Grundlehrgang am Sonntag nach erfolgreicher Abschlussprüfung in Veltheim beendet. Drei Teilnehmer kamen aus Veckenstedt bzw. Schmatzfeld. Für die Ortsfeuerwehren in der Stadt Osterwieck stehen nun unterm Strich 24 neue, dringend benötigte Einsatzkräfte zur Verfügung. Tobias Kruse weiß, dass die Stadtverwaltung trotz Haushaltssperre fehlende Teile der persönlichen Schutzausrüstung bestellt hat. „Aber das reicht längst noch nicht für alle“, betont er.

Innerhalb der Haushaltsberatung des Stadtrates wurde zwar angeregt, alle noch fehlende persönliche Schutzausrüstung dieses Jahr zu kaufen, aber das ist längst keine beschlossene Sache. Erst im Juni soll der Stadtetat verabschiedet werden.

Wie knapp das Geld in der Stadtkasse sein muss, stellte Tobias Kruse während des Lehrgangs auch an anderer Stelle fest. An den Wochenenden waren die Grundlehrgangsteilnehmer oft acht Stunden pro Tag zur Ausbildung in Dardesheim, Hessen bzw. Veltheim, 70 Stunden insgesamt. „Aber es steht nicht mal Verpflegungsgeld zur Verfügung. In der Gemeinde Huy zum Beispiel gibt es das“, erklärte er. So haben die Teilnehmer zusammengelegt, um sich im ehrenamtlichen Dienst für ihre Stadt mittags etwas zu essen gönnen zu können.

„Ein Verpflegungsgeld ist bei uns noch nie Thema gewesen, ich kenne es nicht anders“, sagte Stadtwehrleiter Frank Kenzig auf Anfrage. „Aber man kann darüber sicher reden.“