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EDV-System Erneuter Systemausfall im Klinikum

Im Harzklinikum ist es erneut zur Störung in den EDV-Systemen gekommen. Die Arbeit in den Notfall-Aufnahmen war stundenlang eingeschränkt.

Von Dennis Lotzmann 05.04.2016, 12:18

Wernigerode/Quedlinburg/Halberstadt l Freitagabend gegen 20 Uhr im Harzklinikum: Das Überwachungssystem im internen Daten- und Rechensystem registriert „verdächtige Bewegungen“. Der Rest ist nach Angaben von Kliniksprecher Tom Koch Routine mit Automatismus: Die bereitschaftshabenden Systemtechniker loggen sich ein und kappen vorsichtshalber wichtige Schnittstellen zwischen den internen und den externen Datennetzen.

So soll verhindert werden, dass eine tatsächliche Infektion mit Schadsoftware sich lawinenartig weiter ausbreitet und großflächigen Schaden im engmaschigen Datennetz des Krankenhauses anrichtet.

Ein vorsorglicher Schritt, der in der Nacht zum Sonnabend wiederum Auswirkungen auf den Klinikbetrieb hatte: „Unsere internen Systeme funktionierten zwar, aber sehr, sehr viel langsamer“, berichtet der Kliniksprecher. Das blieb nicht ohne Konsequenzen für die Diensthabenden in den Notfall-Ambulanzen der Krankenhäuser in Wernigerode und Quedlinburg: Sie baten die Verantwortlichen in der Kreis-Leitstelle, akute Notfälle vorerst in andere Kliniken einzuweisen.

Dort reagierte man sofort. Nach Angaben von Michael Werner, dem Chef des Eigenbetriebs Rettungsdienst im Harz, gab es im Problemzeitraum – Entwarnung habe es in der Nacht gegen 1.30 Uhr gegeben – insgesamt acht Notfälle im Kreis. Das Gros von fünf Fällen sei ins Ameos-Klinikum Halberstadt gekommen, drei weitere Patienten seien trotz der Misere in Wernigerode und Quedlinburg aufgenommen worden, so Werner.

Was eine Aussage von Kliniksprecher Koch bestätigt: Trotz Zwischenfalls im IT-System sei die Klinik nicht automatisch arbeitsunfähig. „Es wird dann halt aufwändiger. Und das digitale Röntgen-Bild kann sich der behandelnde Arzt nicht ruck-zuck auf seinen Rechner-Bildschirm holen, sondern er muss selbst in die Röntgen-Abteilung laufen.“

Das Harzklinikum war erst jüngst von einem derartigen System-Ausfall betroffen. Mitte März wurde eine Flut merkwürdiger Mails registriert – die Verantwortlichen zogen daraufhin die Notbremse und schalteten EDV-technisch auf Inselbetrieb um. Sowohl damals als auch im aktuellen Fall habe es keine wirkliche Bedrohung gegeben, berichtet der Krankenhaus-Sprecher: „Es war in beiden Fällen blinder Alarm.“

Doch warum manövriert sich das Harzklinikum häufiger als andere Klinken so in die Schlagzeilen? Im Ameos-Krankenhaus Halberstadt, erklärt der dortige Sprecher Patrick Hoppe, habe es solche Fälle noch nicht gegeben. Sind die Überwachungssysteme im kommunalen Harzklinikum womöglich zu sensibel justiert?

Tom Koch: „Wir legen größten Wert auf den Schutz unserer Patienten und auf den Datenschutz. Möglich, dass unsere Systeme besonders sensibel reagieren. Unsere IT-Kollegen sehen darin die Bestätigung, dass unsere interne Sicherheitsarchitektur funktioniert.“ Hier auf Nummer sicher zu gehen, sei extrem wichtig, denn „Patientendaten sind ein riesengroßes Faustpfand“. Und hier habe das Harzklinikum bislang alle Angriffe und Störversuche abwehren können.

Vor rund einem Jahr gab es nach Recherchen der Volksstimme bereits einmal eine recht kritische Situation im Harzklinikum, wo rund 1900 Mitarbeiter in fünf Häusern in vier Städten arbeiten und rund 800 Rechner-Arbeitsplätze vorhanden sind. Damals hatte es ein Computer-Virus wohl bis fast zum Ziel – dem internen Datennetz – geschafft.

Dass Kliniken nicht nur wegen Störungen in den EDV-Systemen auf die Bremse treten, weiß Rettungsdienst-Chef Werner. „Richtig ist: So einen Fall wie am Freitag haben wir noch nicht erlebt. Es kommt aber immer wieder vor, dass die Notfall-Ambulanzen in einzelnen Kliniken mit extremem Patientenaufkommen zu kämpfen haben und bitten, Notfälle vorrangig andernorts unterzubringen“, so Werner.

Das gemeinsam mit den Notärzten zu managen, sei das tägliche Geschäft. Aber: In letzter Konsequenz obliege den Notärzten die Entscheidung, wohin Patienten kämen. Bei Schlaganfällen sei Wernigerode erste Wahl, bei Herzinfarkt eher Quedlinburg oder das Herz-Zentrum in Coswig.