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Freibad  Eilenstedter Bürgermeister zieht Trumpf

Gibt es noch eine Rettung für das Freibad Eilenstedt? Jetzt überraschte Ortsbürgermeister Volker Sander mit einem Lösungsvorschlag.

Von Dennis Lotzmann 27.05.2016, 16:00

Gemeinde Huy/Eilenstedt l Paukenschlag im Ortschaftsrat Eilenstedt: Ortsbürgermeister Volker Sander (parteilos) hat Einwohnern und Kommunalpolitikern am Donnerstagabend eine Variante skizziert, wie der Huy-Ortsteil quasi aus eigener finanzieller Kraft das akut von der Schließung bedrohte Freibad doch noch retten könnte. Aus Sanders Sicht wären die nötigen Mittel für eine weitere kommunale Trägerschaft aufzubringen, wenn die Eilenstedter auf ein Privileg verzichten, das allein sie für sich in Anspruch nehmen.

Dreh- und Angelpunkt ist der Grundschulbesuch der Eilenstedter Kinder. Viele lernen nach wie vor in der Grundschule in der Vorharz-Stadt Schwanebeck. Für diese Verwaltungsgrenzen überschreitende Beschulung, so Volker Sander vor den rund 40 Gästen in der Ratssitzung am gestrigen Abend in der Eilenstedter Kirche, müsse die Gemeinde Huy jedoch Gastschulbeiträge an die Verbandsgemeinde Vorharz zahlen.

Sanders Vorschlag: Würden sich die Eilenstedter Eltern von dieser Lösung verabschieden und ihre Kinder perspektivisch in die viel nähere Grundschule im Huy-Nachbarort Schlanstedt schicken, könnten mithilfe der eingesparten Gastschulbeiträge die Defizite des Eilenstedter Freibades kompensiert werden.

Eine Idee, die in der Sitzung am Donnerstagabend augenscheinlich auf fruchtbaren Boden fiel, wie die ersten Reaktionen im kirchlich-kommunalen Begegnungszentrum zeigten.

Die Kommunalpolitiker hatten eigens wegen des aktuell heiß diskutierten Freibad-Themas die Tagesordnung angepasst: Volker Sander nutzte seinen Bericht, um den Vorschlag zu unterbreiten. Anschließend hatten auch die zahlreich erschienenen Eilenstedter Bürger die Möglichkeit, sich dazu zu äußern.

Ihre Reaktionen fielen positiv aus: Diese Variante, so mehrere Besucher in einer Sitzungspause gegenüber der Volksstimme, sei ein guter Kompromiss. Auch die Ortschaftsräte signalisierten einmütige Zustimmung zu Sanders Vorstoß. Allerdings gab es in der  Ratssitzung noch kein endgültiges Votum.

Das lag wohl auch daran, dass Volker Sander noch eine andere gute Nachricht im Gepäck hatte: Es zeichne sich ab, dass für die aktuell noch bestehenden Probleme rund um das Abwasser eine Lösung gefunden werden kann, sodass das Freibad sehr wahrscheinlich Anfang Juli geöffnet werden könne. Perspektiven, auf die die Gäste, darunter auch Kinder, mit tosendem Applaus reagierten. Und: Augenscheinlich sind die Eilenstedter, allen voran die Aktionsgruppe „Pro Freibad“, wild entschlossen, dabei selbst mit anzupacken.

Parallel zur Freibad-Saison wollen die Eilenstedter im Dorf über Sanders überraschenden Vorstoß zum Grundschul-Standort nachdenken. Nach der Sommerpause, so die Verabredung am Donnerstagabend, sollen dann in dieser Frage im Ortschaftsrat und anschließend im Gemeinderat Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Mit dem Vorstoß steht eine über viele Jahre gewachsene Sonderregelung für die Eltern aus Eilenstedt und dem Ortsteil Haus-Nienburg zur Disposition. Zwar ist innerhalb der Gemeinde Huy seit 2010 geregelt, dass die Eltern freie Wahl zwischen den Grundschulen in Badersleben und Schlanstedt haben. Weil viele Eilenstedter ihre Kinder seit der Schließung der Grundschule im eigenen Dorf Ende der 1990er Jahre aber nach Schwanebeck schicken, hält die Gemeinde Huy bislang an dieser Sonderregelung fest, obwohl sie den kommunalen Etat stark belastet.

Volker Sander sprach gegenüber der Volksstimme von rund 44 000 Euro pro Jahr und aktuell etwa 20 Kindern, die diese Regelung betrifft.

Kosten, die bei einem Schulbesuch der Eilenstedter Kinder in Schlanstedt nahezu komplett entfielen, so der parteilose Kommunalpolitiker. Da pro Jahrgang nur etwa fünf Kinder betroffen seien, ließen sie sich fast immer in die bestehenden Klassen integrieren. Unterm Strich würde der Wechsel nur minimal steigende Betriebskosten in Schlanstedt zur Folge haben.

Nach Recherchen der Volksstimme liegt der jährliche Zuschussbedarf für das Eilenstedter Bad bei rund 35 000 Euro. Soll heißen: Langfristig hätte ein solcher Wechsel keine negativen Auswirkungen auf das bestehende Konsolidierungsprogramm.

Volker Sander will mit dem Vorschlag insbesondere den jungen Eilenstedter Eltern eine Wahlmöglichkeit offerieren: „Es geht um die Frage, ob sie ihr Wahlrecht bei der Schule aufgeben, um damit dem Freibad im Ort, von dem insbesondere ihre Kinder profitieren, eine Chance zu geben.“

Mit der Offerte sollten die Eltern nicht unter Druck gesetzt werden, betont der Kommunalpolitiker. Und es werde – sollte dieser Weg beschlossen werden – auch keine Hau-Ruck-Aktion geben. „Alle Kinder, die bislang in Schwanebeck zur Schule gehen, bleiben dort. Eine Änderung würde sich erst mit der Einschulung 2017 ergeben.“