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Tourismus Neugierig auf die eigene Stadt

Touren durch die Innenstadt gehören zum Angebot für Gäste der Stadt Halberstadt. Jetzt werden Stadtführer gesucht.

04.11.2016, 23:01

Halberstadt l Es geht an einem Wahrzeichen Halberstadts, dem Roland am Rathaus los. Danach läuft die Gruppe hinter dem Guide hinterher zur Rathauspassage im neuen Zentrum von Halberstadt. An den Martinitürmen verharrt sie kurz. Dann geht es am Gleimhaus vorbei zum Domplatz. Petra Stange, Mitarbeiterin der Tourist-Info Halberstadt, erklärt: „Normalerweise würde man diese Wegstrecke in nur sechs Minuten bewältigen. Bei einer Stadttour sind wir aber schon mal ein bis zwei Stunden unterwegs.“ Auch an diesem Tag dauert es länger. Stadtführer Rolf Heydecke zeigt auf der ausgedehnten Tour nicht nur das, was er normalerweise Menschen zeigen würde, die Halberstadt kennenlernen wollen, sondern auch mögliche neue Blickwinkel auf die Stadt. Schließlich hat er diesmal besondere Gäste zu führen – Menschen, die Interesse daran haben, es ihm gleich zu tun und als Botschafter Halberstadts Gäste durch die Kreisstadt zu begleiten.

Hintergrund dieser ausgedehnten Tour in großer Gruppe ist ein Bedarf an Stadtführern in Halberstadt. „Wir haben vor, unser Team von Stadtführern zu verjüngen“, erklärt Stange.

Rolf Heydecke berichtet von den Tücken des Jobs. „Man muss darauf achten, dass alle Gästen uns hören können und es keine Cliquenbildungen in der Gruppe gibt“, erklärt er den Teilnehmern, die zur Schnupperführung erschienen sind, um vielleicht selbst in diese Zunft einzutreten. Bisher sind die Stadtführer vor allem ältere Menschen, die die Zeit im Ruhestand nutzen, um ihr Wissen über die Stadt weiterzugeben. Petra Stange von der Halberstadt Information erklärt: „Es braucht für die Tätigkeit des Stadtführers vor allem Engagement und Disziplin.“ Denn bis sie eine eigene Tour leiten können, müssen die Stadtführer etwa 50 Stunden in ein Selbststudium investieren.

Petra Stange ist selbst Stadtführerin in einem Lehrgang geworden. Da im Moment bei der Halberstadt-Information aber keine Kapazitäten für solch ein Ausbildungsseminar bestehen, müssen sich die angehenden Stadtführer das Wissen selbst aneignen. Vor Mitarbeitern der Stadtverwaltung werden sie dann eine Testführung abhalten, bis sie Touristen und Interessierten die Domstadt zeigen können.

22 Halberstädter waren der Ankündigung in der Volksstimme gefolgt und hatten sich angemeldet. Da die Führung unter realen Bedingungen statt finden sollte, konnten nicht alle Interessenten angenommen werden. Denn eine zu große Gruppe erschwert das Zuhören. Jedoch haben diese Interessierten die Chance, noch einen zweiten Termin im November wahrzunehmen. Der Bedarf an Nachwuchs für die ehrenamtlichen Stadtführungen besteht auch deshalb, weil es im Stadttourismus Stoßzeiten gibt.

Bei der Schnupperführung sind vor allem Halberstädter. So wie die 18-jährige Schülerin Monique Becker. Sie halte sehr gerne Vorträge in der Schule und hat deswegen große Lust, als Stadtführerin tätig zu sein. Sie hätte schon länger den Plan gehabt, aber nicht den richtigen Ansprechpartner gefunden. Jetzt sei sie durch den Aufruf in der Volksstimme aktiv geworden.

Petra Stange freut sich über junge Leute wie sie, weil es noch einmal eine ganz andere Perspektive auf die Stadt ermögliche. Eine solche würde auch Luise Schönherr gern bieten. Die 27-Jährige macht gerade in Halberstadt ihr Abitur nach und ist aus Münster hierher gezogen. Wann immer ihre Familie Besuch von Gästen bekomme, zeige sie die Stadt. Das mache ihr Spaß, und sie würde dieses Wissen gern weitergeben. „Es geht mir auch darum, der Stadt etwas zurückzugeben“, erklärt sie.

Einmal im Monat könnte jeder angehende Stadtführer zum Einsatz kommen. In den Stoßzeiten könnte es natürlich häufiger sein. Aus diesem Grund waren es vor allem auch Rentner und nicht berufstätige Menschen, so Petra Stange, die die Zeit für diese Aufgabe mitbringen. Es gibt jedoch auch Menschen wie Frank Posinyk, die die ehrenamtliche Tätigkeit mit der hauptamtlichen kombinieren wollen. In den 1980er- Jahren nach Halberstadt gekommen, möchte er neben seinem Beruf in der Beratung zu baulicher Sanierung als Stadtführer tätig werden. Von daher ist es natürlich auch das städtebauliche Interesse, das ihn antreibt. „Ich habe selbst schon oft der Familie die Stadt gezeigt. Nun geht es darum, die Puzzlestücke zusammenzufügen.“

Neben Stadtzentrum und Domplatz gibt es noch weitere lohnende Ziele. Originelle Fachwerkhäuser in der Altstadt zum Beispiel. Es bleibt den Stadtführern dann selbst überlassen, welche Blickwinkel sie abseits der großen Wahrzeichen zeigen möchten.

Mehr zu Stadtführungen und Nachfolgetermin bei der Halberstadt-Information, Hinter dem Rathause 6, Telefon 55 18 15