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Doppelfunktion Der Blick aus dem Museum

Was macht ein Wirtschaftsförderer als Kulturbereichsleiter? Lernen und Erfahrungen einbringen, sagt Wirtschaftsförderer Thomas Rimpler.

Von Sabine Scholz 28.12.2016, 13:07

Halberstadt l Wie ist es, als Wirtschaftsförderer plötzlich zuständig zu sein für die Kultur? Eine Frage, die Thomas Rimpler eine Sekunde lang überlegen lässt, dann sagt er: „Spannend ist das. Das ist eine wirklich spannende Aufgabe. Und manchmal anstrengend.“

Als Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) vor knapp zwei Jahren die Fachbereiche innerhalb der Stadtverwaltung neu strukturierte, übernahm Thomas Rimpler als Wirtschaftsförderer die Kultur mit. Sein Fachbereich nennt sich nun Wirtschaft, Stadtplanung und Kultur.

„Fremd war mir das Thema als Wirtschaftsförderer ja nie“, sagt Rimpler, „denn als sogenannte weiche Standortfaktoren sind Museen, Theater, Schulen, Sport und andere Freizeitangebote nicht zu unterschätzen, wenn man Unternehmer dazu bewegen will, sich mit ihrer Firma in Halberstadt anzusiedeln. Klar, entscheidend sind für die Firmenchefs erstmal andere Faktoren, aber im Gesamtpaket spielt das alles zusammen.“

Deshalb konnte er auch schon früher durchaus Auskunft darüber geben, was alles zum Leben in Halberstadt dazugehört. Von der Bibliothek bis zum SeaLand, vom Theater bis zum Tiergarten. Der Unterschied sei, dass er nicht mehr von außen auf die Kultur blickt, „sondern jetzt gucke ich gewissermaßen aus dem Museum heraus“, sagt Rimpler und muss schmunzeln.

Der Blick hinter die Kulissen hat ihn an vielen Stellen überrascht, berichtet er und schwärmt zunächst von den „unwahrscheinlich engagierten Mitarbeitern, die über ein immenses Fachwissen verfügen, ein großes Spektrum abdecken und sehr, sehr viel über die eigentliche Arbeit hin- aus leisten.“ Dazu komme ein enormes ehrenamtliches Engagement in den Förderkreisen der Kultureinrichtungen.

Im Heineanum zum Beispiel, wird die umfangreiche Fachbibliothek ehrenamtlich betreut. Eigentlich ein Vollzeitjob. Und der Förderkreis des Naturkundemuseums sei inzwischen Arbeitgeber, weil er Träger des Rotmilanzentrums des Landes Sachsen-Anhalt ist.

Auch die meisten Mitarbeiter des Gleimhauses sind vom Förderkreis des Hauses angestellt, nicht von der Stadt. Deshalb ist Rimpler froh, dass eine große Aufgabe auf ein glückliches Ende hinausläuft, nämlich die Finanzierung der Arbeit im Museum der Aufklärung für die nächsten Jahre auf eine sichere und ausreichende Basis zu stellen. Dass der Stadtrat dem neuen Vertrag zustimmte, sei gut, ebenso, dass die Stadt die Arbeit der Moses-Mendelssohn-Akademie, wenn auch in deutlich geringerem Umfang, weiter fördere.

Überraschend sei für ihn gewesen, wie viel Zeit und Kraft auch in den Kultureinrichtungen in die Verwaltungsaufgaben gesteckt werden muss. „Da dachte ich vorher, dass Rahmenbedingungen so sind, dass mehr Zeit für die inhaltliche Arbeit bleibt. Aber auch da ist viel bürokratischer Aufwand zu bewältigen.“

Auch wenn er sich noch nicht in alle Themen so tief einarbeiten konnte, wie er es eigentlich will, hat sich sein Wissen erweitert, sagt Rimpler, der auch die aus seiner Sicht gute Kommunikation mit allen Beteiligten lobt. Miteinander zu reden, ist ohnehin sehr wichtig, dass weiß er aus seiner Arbeit als Wirtschaftsförderer. Schon vor Jahren hat er sich nicht gescheut, die Unternehmen anzusprechen, wenn Kultureinrichtungen Unterstützung benötigten oder die zahlreichen Vereine in der Stadt. Die „unterstehen“ zwar seinem Fachbereich nicht, aber die Vereinsarbeit gehöre doch ganz wesentlich mit zu dem, was die Stadt liebens- und lebenswert mache.

Dass das mehr ist, als viele Alteingesessene wahrnehmen, ist eine Erfahrung, die Rimpler seit Jahren macht. Viele Unternehmer, die Halberstadt besuchen, seien überrascht, wie schön die Stadt sei und wie reich an einzigartigen Kulturgütern. „Das zeigt, dass wir eine ganz wichtige Aufgabe vor uns haben, der wir uns im kommenden Jahr unbedingt verstärkt widmen müssen: Einer besseren Vermarktung der Stadt.“ Da kann seine Erfahrung als Wirtschaftsförderer hilfreich sein, denn auch das Tourismusbüro der Stadt gehört zu seinem Fachbereich.

Halberstadt besitze viele Pfunde, mit denen es wuchern könne. Sei es Dom und Domschatz, sei es das Cage-Projekt, sei es die jüdische Geschichte, sei es die Kunstbiennale. „Vieles strahlt weit über Stadt- und Landesgrenzen hinaus“, sagt Rimpler, „das sollten wir ansprechender anbieten als lohnendes Besuchsziel. Und es muss uns besser gelingen, die Halberstädter wieder mehr für ihre eigene Stadt zu begeistern. Wie haben in den vergangenen Jahren so viel erreicht. Das sollten wir uns alle ab und zu mal wieder vor Augen führen. Auch, wenn es natürlich immer etwas zu verbessern gibt.“