Nilgans Konkurrenz für Störche

Die Nilgans sorgt als Brutkonkurrent von Störchen weiter für Furore in Wegeleebens. Experten sehen auch den Rotmilan bedroht.

Von Christian Besecke 02.02.2017, 09:33

Adersleben/Gröningen l Wegelebens Storchenvater Karl-Heinz Mau ist tief betrübt, die Nilgänse halten das Storchennest in Adersleben weiter besetzt. „In den letzten Wochen habe ich Kämpfe der Vögel beoachtet“, sagt er. „Die Gänse sind total verrückt nach dem Nest auf der alten Klosterbrennerei und balgen sich immer wieder.“ Für seine Lieblinge, die Adebare, sieht er auch in diesem Jahr schwarz. Zwei Jahre in Folge haben sie schon durch die Konfronation mit den Brutkonkurrenten den Nachwuchs verloren.

In dem Fall meldet sich mit Wolfgang Nicolai der Storchenbeauftragte des Landkreises Börde zu Wort. „Die Gänse sind jetzt auch in Gröningen angekommen und tummeln sich hier auf dem Nest mitten in der Stadt“, sagt er gegenüber der Volksstimme. „Ich befürchte, dass es hier zu Kämpfen mit den Störchen kommen wird und das bald.“

Die Gröninger Adebare pflegen schon beizeiten im Jahr in der Heimat einzufliegen, gewöhnlich Anfang März. „Damit werden die Vögel zu Konkurrenten“, schätzt er ein. „Überhaupt bleibt es erst einmal abzuwarten, wie die Altvögel auf die neuen Nachbarn reagieren.“ Kämpfe um den Brutplatz habe es schon immer gegeben, diese seien aber nur zwischen den Störchen entbrannt.

„Das Gröninger Nest ist ein begehrter Platz“, sagt Nicolai. „Die einheimischen Adebare haben sich aber noch immer durchgesetzt. Mit der Ankunft der Nilgänse dürften die Streitigkeiten eine neue Qualität bekommen.“

Der Storchenbeauftragte weist in dem Zusammenhang auf ein weiteres Problem hin. „Die Gänse sind nicht nur ein Konkurrent für die Störche“, erklärt er. „Sie machen sich entlang der Bode breit, dort gibt es mittlerweile eine große Population.“ Das Gewässer und die Kiesseen bieten den Vögeln dabei ideale Bedingungen. „Sie besetzen Nischen und breiten sich dann aus“, unterstreicht Nicolai. „Nach der Wende gab es vereinzelte Paare, jetzt ist die Population so rasant gewachsen, dass es schon auffällig ist, auch bei uns in der Börde.“ Die aggressiven Tiere gingen dabei äußerst forsch vor. „Sie besetzen sogar Nester von Raubvögeln und bringen somit auch den in der Börde und im Harz heimischen Rotmilan unter Bedrängnis“, sagt der Vogelkundler. „Der kann sich gegen die Gänse kaum wehren.“

Der Schwanebecker Landwirt Manfred Behrens kann das nur bestätigen. „Ich habe auf unserem Gelände zwei Nilgänse beobachtet, wie sie einen erstaunlich groß gewachsenen Fuchs vertrieben haben“, berichtet er. „Diese aggressiven Tiere müssen bei uns wohl kaum Feinde fürchten.“

Die kürzlich von Georg Fiedler – ehrenamtlicher Naturschutzbeauftragter für den Weißstorch im Harzkreis und im ehemaligen Regierungsbezirk Braunschweig – vorgestellten Daten, haben auch in der Börde große Beachtung gefunden.

Wolfgang Nicolai sagt: „In der Börde haben wir im Augenblick noch stabile Zahlen, aber gewaltig Luft nach oben, da viele Storchennester unbesetzt sind.“ Das hänge auch von der Population der Mäuse ab, die eine Nahrungsquelle für Adebare und Rotmilane darstellen. Georg Fiedler hat die Entwicklung ebenfalls beobachtet. „Ich erkundige mich immer nach Storchensichtungen im Großen Bruch“, erzählt er. „Wenn dort gemäht wird, kann man einen Überblick bekommen.“ Noch 2012 seien dabei 51 der stolzen Vögel gezählt worden, 2016 waren es nur fünf. „Das lässt tief blicken“, stimmt Nicolai zu.

Karl-Heinz Mau, der die Störche in Adersleben schon über 30 Jahre beobachtet, sind diese Beobachtungen auch bekannt. „Erst am Mittwoch habe ich Scharen von Nilgänsen auf dem Acker beobachtet. Die Nachricht mit den Rotmilanen hat mich überrascht und nun sehr nachdenklich gemacht.“ Ihm sei inzwischen bekannt, dass die aggressiven Gänse inzwischen auch schon Schwanen-Nistplätze aufgesucht hätten. „Mir tun die Tiere sicherlich leid, aber man sollte Einfluss auf die Population nehmen“, findet Mau.