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Geschichte Gewerkschaft bleibt Tradition treu

Der Deutsche Gewerkschaftsbund erinnert im März an die Gründung der ersten Dachorganisation, die vor 125 Jahren in Halberstadt stattfand.

Von Dieter Kunze 12.02.2017, 23:01

Halberstadt l Vom 14. bis 18. März 1892 fand im Halberstädter Gartenlokal „Odeum“ der erste Kongress der freien Gewerkschaften unter der Leitung von Carl Legien (1861-1920) statt. Über 200 Delegierte als Vertreter von 50 Einzelgewerkschaften kamen im Tagungslokal in der Braunschweiger Straße zusammen, um Einigkeit über die künftige Struktur der deutschen Gewerkschaftsbewegung nach der Sozialistenverfolgung unter Bismarck zu erzielen. An dieses Gründungsjubiläum wird Mitte März mit einer DGB-Tagung in Halberstadt erinnert.

Bereits ab 1890 war Carl Legien Vorsitzender der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands mit Sitz in Hamburg und leitete in dieser Funktion auch den Halberstädter Kongress. 1919 wurde er auf dem Nürnberger Gründungskongress des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB), dem Nachfolger der Generalkommission, dessen Vorsitzender.

Beim Halberstädter Gründungskongress sagte er: „Gleich den Pionieren haben die Gewerkschaften den Boden zu ebnen für eine höhere geistige Auffassung und durch Erringung besserer Lohn- und Arbeitsbedingungen die Arbeiterklasse vor Verelendung und Versumpfung zu bewahren, um so die Massen der Arbeiter zu befähigen, die geschichtliche Aufgabe, welche dem Arbeiterstand zufällt, lösen zu können.“

Der Kongress trat am 14. März 1892, dem Todestag von Karl Marx, zusammen und endete am 18. März im Gedenken an die Märzgefallenen im Friedrichshain von 1848. Im Protokoll ist nachzulesen, dass die Gewerkschafter Karl Marx‘ mächtigem Wort „Proletarier aller Länder vereinigt Euch!“ nachzustreben bemüht waren.

Der Halberstädter Beschluss bedeutete für die weitere organisatorische Entwicklung der Gewerkschaften zwar einen Fortschritt. Doch bis 1933 boten die Gewerkschaften – organisatorisch gesehen – weiter ein buntes Bild. Am 1. Mai 1933 wurde noch gemeinsam in Halberstadt demonstriert. Doch schon einen Tag später wurden das Gewerkschaftshaus geplündert und die Organisation verboten. Der damalige Tagungsort in Halberstadt, das Lokal „Odeum“ in der Braunschweiger Straße, wurde 1933 abgerissen.

Der DGB-Bundesvorstand erinnerte sich bald nach der politischen Wende an die Ursprünge der Gewerkschafts-tradition im Harz. Er tagte am 10. März 1990 zum ersten Mal in einem der künftigen östlichen Bundesländer. In Wernigerode wurden damals Vorschläge für eine neue gesamtdeutsche Verfassung beschlossen.

Der Tradition folgend, beging der DGB-Bundesvorstand 1992 in Halberstadt den 100. Jahrestag seiner Vorgängerorganisation. Festredner waren damals DGB-Chef Heinz-Werner Meyer und der ehemalige polnische Ministerpräsident Mazowiecki.

Auch vor fünf Jahren, zum 120-jährigen Jubiläum, gab es in Halberstadt eine Gedenkveranstaltung. Dabei erinnerte DGB-Bezirksvorsitzender Hartmut Tölle an die Gründung des DGB in Sachsen-Anhalt vor 20 Jahren. „In Halberstadt wurde Geschichte geschrieben“, betonte er.

Aus Anlass des 125-jährigen Jubiläums findet vom 17. bis 19. März in Halberstadt die Frühjahrskonferenz der DGB-Kreis- und Stadtverbände aus Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt statt. Unter dem Motto „Aus der Geschichte lernen – Zukunft gestalten“ sind Gewerkschaftsfunktionäre und Ehrenamtler eingeladen. „Am ersten Abend wird auch unser DGB-Vorsitzender Reiner Hoffmann erwartet“, kündigt Halberstadts Gewerkschaftssekretär Reiner Straubing an. Am Folgetag sei ein Besuch der rund 100 Tagungsteilnehmer am Denkmal für die im Kapp-Putsch Gefallenen in Quedlinburg geplant.