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Festnahme Polizei kassiert "falschen" Kollegen

Eine 88-Jährige aus Halberstadt hat die Polizei unterstützt, einen Betrüger festzunehmen. Der Mann wollte sie um ihr Erspartes bringen.

Von Dennis Lotzmann 18.05.2017, 01:01

Halberstadt l Der Harzer Polizei ist ein Schlag gegen eine Betrügerbande gelungen, deren Mitglieder sich als angebliche Polizeibeamte ausgeben und die offenbar gezielt versuchen, Senioren um größere Geldbeträge zu bringen. Ein 20 Jahre alter Mann aus Gifhorn, der am Dienstag als vermeintlicher Polizeibeamter von einer 88 Jahre alten Seniorin 30.000 Euro entgegennehmen wollte, wurde bei der Geldübergabe in Halberstadt festgenommen. Am Mittwoch erließ ein Richter am Amtsgericht Halberstadt gegen den Mann, dessen Staatsangehörigkeit laut Gifhorner Polizei ungeklärt ist, Haftbefehl.

Die angeblichen Polizeibeamten waren am Sonntagabend mit einer recht perfiden Art auf die 88 Jahre alte Seniorin aus Halberstadt zugegangen. Man habe konkrete Hinweise, dass der Dame vom eigenen Kreditinstitut Falschgeld untergejubelt werde.

Dass beim willkürlichen Test mit vorhandenen Banknoten, deren Nummern die Frau dem falschen Beamten am Telefon nennen sollte, natürlich nur Falschgeld im Spiel war, überraschte nicht. Deshalb riet der falsche Polizist der entsetzten Seniorin, umgehend ihr gesamtes Barvermögen von der Bank abzuheben, um die „Ermittlungen“ rund um jenen Betrug mit Falschgeld letztlich gerichtsfest beweisen zu können.

Die angeblichen Polizisten, die offenbar von einem Call-Center im Ausland operierten und sprachlich wie psychologisch sehr gut geschult waren, hatten allerdings die Rechnung ohne die clevere Seniorin gemacht. Die war – nach zahlreichen Medienberichten rund um Betrügereien von falschen Polizisten – gewarnt und wandte sich umgehend an die richtigen Beamten. Und die legten mithilfe der 88-Jährigen sofort ein Netz aus, um zumindest den Boten, der das angebliche Falschgeld abholen sollte, aus dem Verkehr zu ziehen.

Zuvor jedoch täuschte die 88-Jährige geradezu perfekt alle Abläufe vor. Sie ging zum Schein sogar zu ihrer Bank, um das vermeintlich falsche Bargeld abzuholen.

Schließlich war es soweit, dass die Falle zuschnappen konnte: Als der Bote – besagter 20-Jähriger aus dem niedersächsischen Gifhorn – am Dienstag bei der Seniorin klingelte, um das Falschgeld abzuholen, klimperten statt der erhofften Münzen die Handschellen.

Während in Polizeikreisen noch die große Freude über den erfolgreichen Zugriff und die Verhinderung eines bösen Betrugs an einer ahnungslosen Seniorin dominiert, konzentriert sich der Halberstädter Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck bereits auf die weiteren Ermittlungen: „Wir ermitteln wegen gewerbsmäßigen Bandendiebstahls“, so der Chef der Staatsanwaltschaft in der Kreisstadt. Da davon auszugehen sei, dass der festgenommene 20-Jährige nicht allein gehandelt habe, hielt sich Roggenbuck mit weiteren Details aus ermittlungstaktischen Gründen zurück.

Nur soviel: Der Beschuldigte – noch sei unklar, ob er vorbestraft oder bereits polizeilich in Erscheinung getreten ist – habe in der Vernehmung Erklärungen abgegeben. Nun gehe es darum, weitere Komplizen aus dem Verkehr zu ziehen, so Roggenbuck.

Auf gewerbsmäßigen Diebstahl, der dem Mann vorgeworfen werde, stehen nach Roggenbucks Worten zwischen einem und zehn Jahren Freiheitsstrafe.