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Ärzte-Streit Handchirurgen mit Ameos über Kreuz

Niedergelassene Handchirurgen in Halberstadt kritisieren das Ameos-Klinikum. Sie befürchten eine Überversorgung.Ist das berechtigt?

Von Dennis Lotzmann 15.02.2017, 11:52

Halberstadt l Der Ton ist moderat, die Botschaft in der Sache indes klar. Mehrere Ärzte im Harzkreis, die unter anderem auf Handchirurgie fokussiert sind, haben die Entscheidung, im Ameos-Klinikum eine auch auf Handchirurgie spezialisierte Fachklinik aufzubauen, kritisiert: Die bekannt gegebene Erweiterung der handchi-rurgischen Kapazität sei völlig überraschend, heißt es in einem Schreiben an die Volksstimme, das fünf Mediziner unterzeichnet haben. Und damit nicht genug. „Offensichtlich haben die Betreiber in Nichtberücksichtigung der bisher ärztlich vorhandenen Kapazitäten gehandelt“, werden die Mediziner mit Blick zum Ameos-Klinikum Halberstadt noch deutlicher.

Mit dem Vorstoß reagieren die Unterzeichner, darunter Dr. Karl-Michael Kluger und Dr. Michael Tripps, auf einen redaktionellen Beitrag, der im Januar in der Volksstimme publiziert worden ist. Zumindest verweisen die beiden Halberstädter Mediziner gegenüber der Volksstimme auf jene Publikation vom 9. Januar.

Darin wurden die neuen Ameos-Chefärzte Dr. Ludger Mazur für die Kardiologie und Dr. Andreas David Niederbichler für den Bereich der plastischen, ästhetischen und Handchirurgie vorgestellt. Und dabei war mit Blick auf Niederbichler auch von dessen Spezialisierung auf Handchirurgie und Notfallmedizin die Rede.

Eben dieser Fakt hat die fünf Fachkollegen im Harzkreis alarmiert und ist in jenen Brief gemündet. Sie befürchten, das wird mit den Zeilen klar, eine Überversorgung auf diesem medizinischen Fachgebiet. So heißt es mit kritischem Ton in Richtung Ameos-Klinikum: „Hier wäre eine Analyse und Integration der vorhandenen ärztlichen Kompetenz sinnvoll gewesen.“

Ein Punkt, den Michael Tripps auf Anfrage gegenüber der Volksstimme bestätigt. „Es gibt keinen Grund, weitere handchirurgische Kompetenz in den Landkreis zu holen“, so der niedergelassene Orthopäde, Unfallchirurg und Sportmediziner. Genau das wollten die fünf Unterzeichner – neben Tripps und Kluger auch noch Dr. Christian Fischer aus Quedlinburg, Dr. Reinhard Schlotter aus Blankenburg und Dr. Alexander Krumnow aus Quedlinburg – mit dem Schreiben deutlich machen, so Tripps.

Ein Vorstoß, der im Ameos-Klinikum mit einiger Verwunderung registriert worden ist, wie der ärztliche Chef Prof. Dr. Klaus Begall gegenüber der Volksstimme signalisiert. Der Direktor des Klinikums ist zugleich bemüht, die Wogen zu glätten und die Befürchtungen der fünf Unterzeichner zu relativieren: „Um es ganz klar und deutlich zu sagen: Wir haben keinen Handchirurgen eingestellt.“

Stattdessen sei es das erklärte Ziel von Ameos, die Fachrichtung plastische und ästhetische Chirurgie hier vor Ort aufzubauen. „Wir hatten im Bereich von Ameos-Ost, also zwischen Bernburg, Aschersleben, Staßfurt, Haldensleben und Halberstadt, bislang keinen darauf spezialisierten Mediziner und wollen diesen Bereich mithilfe von Dr. Niederbichler besetzen“, betont Begall. Letztlich solle so ein bestehendes Defizit für den hiesigen Raum abgestellt werden, stellt der Klinikchef klar. Andernfalls müssten Patienten weite Wege bis nach Magdeburg oder in andere Kliniken auf sich nehmen.

Zugleich ist Begall auch hinsichtlich der fachlichen Spezialisierung von Niederbichler um eine Relativierung bemüht. „Der Kollege ist ein ausgewiesener Spezialist für plastische Chirurgie, die Handchirurgie gehört quasi mit dazu“, erklärt Begall und versichert: „Diese Fachrichtung wird bei uns auf keinen Fall im Mittelpunkt stehen.“ Was freilich nicht bedeute, dass Niederbichler die Therapie von Handverletzungen gänzlich ausschließe. „Dass er bei Bedarf auch mal eine verletzte Hand behandelt, ist klar.“

Klaus Begall, der über das Ameos-Klinikum hinaus für seinen ausgleichenden Stil bekannt ist und geschätzt wird, hält ein Gespräch mit allen Betroffenen und Beteiligten für sinnvoll. Der im Harz ansässige medizinische Arbeitskreis Handchirurgie, zu dem die fünf Unterzeichner gehören, sei wohl die passenden Plattform, ist er überzeugt.

Chefarzt Niederbichler konnte aufgrund längerer Abwesenheit in der aktuellen Diskussion nicht selbst zu Wort kommen.