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Bauvorhaben Kupferhaut für Domtürme

Schon von Weitem ist zu sehen: An den Domtürmen in Halberstadt wird gebaut.

Von Sabine Scholz 21.05.2017, 08:00

Halberstadt l Der Anblick wird erstmal ein sehr anderer sein, das weiß Dombaumeister Dr. Volker Lind. Aber nach einem bis anderthalb Jahren dürften die Dächer der Domtürme wieder schwarz sein. Denn erstmal werden sie rötlich glänzen, wenn ihnen eine Kupferhaube verpasst wurde.

Kupfer trugen die Domtürme, seit sie im 19. Jahrhundert etwa von Höhe der Rosette neu aufgebaut worden waren. „Die alten Türme waren baufällig, deshalb hatte man sich entschlossen, für 480 000 Goldmark die Türme neu zu bauen. Fertig wurde man damit 1892. Wenn man bedenkt, dass damals ein Steinmetz 60 Pfennige pro Stunde bekam, weiß man, das Preußen Ende des 19. Jahrhunderts nicht kleckerte. Heute wäre das eine Millionensumme“, berichtet Volker Lind.

So teuer werde das mit dem Gerüstaufbau startende Unterfangen Turmsanierung diesmal nicht, sagt der Dombaumeister. Die Kulturstiftung des Landes Sachsen-Anhalt ist Bauherrin und rechne mit Kosten von rund 450 000 Euro pro Turmhelm. „Mit einer neuen Schiefereindeckung wären wir nicht billiger weggekommen, das Material ist fast genauso teuer.“

Aber warum überhaupt Kupfer? Das habe man sich in gemeinsamen Gesprächen von Stiftung und Denkmalschutz reiflich überlegt. „Wenn wir jetzt ohnehin etwas am Dach machen müssen, dann wollten wir etwas Nachhaltiges tun. Zum einen entspricht die Kupferdeckung den historischen Vorgaben, zum anderen hält Kupfer auch länger als Schiefer“, sagt Lind. Ihre Kupferhaut verloren hatten die Domtürme 1917. Im Ersten Weltkrieg wurde das Metall als „kriegswichtig“ eingestuft.

Walter Bolze hatte sich Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre bei der Reparatur des von Bomben getroffenen Doms wieder für Schiefer entschieden, an Kupfer war in der Mangelzeit nicht zu denken. Auch die Schalung hatte Bolze erneuern lassen, die die Dachhaut tragende Stahlkonstruktion aus dem 19. Jahrhundert blieb erhalten. „Die ist immer noch in Ordnung“, sagt Lind, weshalb dort nichts ersetzt werden müsste. Bei der einmal im Jahr erfolgenden Sichtkontrolle wurden immer mal wieder Fehlstellen entdeckt, manchmal lagen Schieferziegel auf dem Boden.

Im vergangenen Jahr wollte man den Dachzustand genauer erkunden und entdeckte bei Aufnahmen, die mit einer Drohne aufgenommen worden waren, erhebliche Schäden. „Es sind größere Bereiche ausgebrochen, die Dacheindeckung ist insgesamt so schadhaft, dass wir handeln müssen, damit keine Passanten gefährdet werden.“

Rund vier Wochen wird es noch dauern, bis die Spezialisten das Hängegerüst fertig aufgebaut haben. Auf Stahlträgern, die aus den Fenstern der obersten Glockenstube ragen, wird das Baugerüst aufgestellt. Mit solchem Gerüst hatte auch auch Walter Bolze gearbeitet. Dass keine Halberstädter Gerüstbaufirma am Dom tätig ist, habe mit den spezifischen Anforderungen zu tun, erklärt Lind. „Wir haben dort oben eine erhebliche Windlast, dass darf man nicht unterschätzen.“

Mit den Arbeiten beauftragt wurde nach der erfolgten Ausschreibung die Firma, die auch das Gerüst an den Martinitürmen vor einigen Jahren aufgebaut hatte. Auch am Nordturm werden diese Fachleute arbeiten, allerdings erst im nächsten Jahr. Die Arbeiten wurden, ebenso wie für die Kupfereindeckung der Helme, für beide Türme zusammen ausgeschrieben, um keinen Wechsel bei den ausführenden Firmen zu haben.

Noch nicht vergeben sind die Aufträge für die Holzarbeiten im Inneren der Turmhauben. Dort stehen mehrere, mehr als zehn Meter lange Holzleitern, auf denen man bis in die Spitze des Dachs klettern kann. Das sei nicht ungefährlich und zudem auch nicht mehr zulässig, sagt Volker Lind. Deshalb ist nicht nur bereits die unterste Holzleiter durch eine aus Metall ersetzt worden. Es sollen auch kleine Holzpodeste gebaut werden, die jeweils nach rund 4,5 Metern einen Schritt zur Seite erlauben, damit werde die Konstruktion sicherer und stabiler. Die im Turmhelm vorhandene Schalung soll erneuert und dicker werden. Der Zustand der Holzschalung der Turmdächer selbst werde als recht gut eingestuft.

„Man hat für Schalung und Dachsparren Lärche verwendet. Neben Eiche ist es das beste Bauholz, was man verwenden kann. Aber ob wir wirklich nur kleinere Reparaturen vornehmen müssen, wie wir jetzt vermuten, wird sich zeigen, wenn wir den Schiefer he-runtergenommen haben.“ Und von noch einer Besonderheit berichtet Volker Lind. Verwendung gefunden haben im Dach 50 Millimeter dicke Waggonbohlen. „Solche, die man damals in der DDR wirklich zum Bau der Güterwaggons benutzt hat. Es wäre genial, wenn wir die lassen könnten. Vielleicht muss man in Teilen etwas austauschen. Aber der Zustand scheint auf den ersten Blick recht gut zu sein.“

Um das Material in die Höhe zu transportieren, ist ein Aufzug installiert, der auch von den Bauleuten selbst genutzt werden darf. Das spart Zeit und Kraft. Immerhin „fußt“ das Gerüst in einer Höhe von 60 Metern. Dann sind es noch 31 Meter bis zur Spitze. Die Goldkugeln und Eisenkreuze auf den Turmspitzen werden im Lauf der Arbeiten auch kontrolliert und fehlende Nieten ersetzt. Die Turmzier abzunehmen, sei nicht geplant. Das sei zuletzt 1992 geschehen. Damals hatten Industriebergsteiger die Turmhauben erklommen, um alles ab- und nach der Reparatur wieder anzumontieren.

Die Arbeiten am Südturm sollen im Oktober beendet sein. Mit größeren Sanierungen an der Fassade unter den Dachhauben rechnet Dombaumeister Volker Lind nicht. „Aber auch das kann man erst genau beurteilen, wenn man sich die Risse an den Gesimsen aus der Nähe angesehen hat.“