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Bürgerentscheid Bleiben die Stühle künftig oben?

Ob die Räume der Diesterwegschule bald leer bleiben, haben die Halberstädter selbst in der Hand. Sie sind zum Bürgerentscheid aufgerufen.

Von Sandra Reulecke 18.09.2016, 07:12

Halberstadt l In Halberstadt verspricht der heutige 18. September ein historisches Datum zu werden: Zum ersten mal in der Geschichte der Stadt können die Halberstädter im Rahmen eines Bürgerentscheids abstimmen. „Soll die Grundschule Diesterweg saniert werden und erhalten bleiben?“, lautet die Frage.

Rund 35 000 Halberstädter werden zu dem Bürgerentscheid an die Wahlurne gebeten, teilt Timo Günther mit. Als stellvertretender Stadtwahlleiter organisiert er die Abstimmung mit. Er erläutert, dass es nicht nur darauf ankommt, wofür sich die Mehrheit ausspricht. „Wenn die meisten nein sagen, ist der Entscheid abgelehnt. Stimmen jedoch mehr für ja, wird es noch einmal interessant“, so Günther. Denn damit der Entscheid Erfolg hat, ist es notwendig, dass mehr als 25 Prozent der Wahlberechtigten sich für eine Sanierung aussprechen. Bei 35 000 Wahlberechtigten sind also mehr als 8750 Ja-Stimmen nötig.

Wie hoch die Beteiligung der Halberstädter an der Wahl ist, bleibt abzuwarten. Fakt ist dagegen, dass sich etwa 2230 Bürger Unterlagen für die Briefwahl zuschicken lassen haben, berichtet Günther.

Wer abstimmen darf, hat bereits im August eine Benachrichtigung erhalten. Auf dieser ist vermerkt, welches Wahllokal zuständig ist. Insgesamt gibt es 26 Wahlbezirke.

Wobei „Wahl“ aus rechtlicher Sicht nicht der richtige Begriff sei, erläutert Timo Günther. „Es handelt sich um eine Mehrheitsabstimmung.“ Zur Vereinfachung nutze die Stadt jedoch selbst den Terminus für den Bürgerentscheid. Das Ergebnis wird zeitnah auf der Homepage der Stadt und mündlich im Rathaus bekannt gegeben.

Das Votum setzt den Schlusspunkt für eine hoch-emotionale Debatte, die seit Jahren in der Stadt geführt wird. Spätestens seit der knappen Entscheidung des Stadtrats im April – 20-Ja-, 18-Nein-Stimmen und eine Enthaltung für die Schulschließung – ist ein regelrechter Streit eskaliert.

Einig sind sich Befürworter und Gegner lediglich in einem Punkt: Der Zustand der Schule, die nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut wurde, ist miserabel. Es gibt tiefe Risse in den Wänden, Putz bröckelt. Eine Sanierung würde Millionen verschlingen. Die Stadt Halberstadt schätzt die Kosten auf etwa 5,5 bis 6,1 Millionen Euro.

Befürworter der Schließung – allen voran die CDU-Stadtrats-Fraktion – argumentieren, dass selbst mit der Unterstützung von Fördergeldern die Sanierungskosten den Finanzrahmen der hoch verschuldeten Stadt sprengen würden. Denn: Halberstadt weist ein aktuelles Haushaltsdefizit von rund 13 Millionen Euro auf.

Die Gegner der Schulschließung unter Federführung des Schulfördervereins sind dagegen der Überzeugung, dass es auch günstigere Varianten gäbe. Zum Beispiel eine Sanierung im Bestand, also eine Mängelbeseitigung.

Nach dem Beschluss zur Schließung hat der Förderverein Diesterwegschule und Sargstedter Siedlung eine Unterschriftenaktion für ein Bürgerbegehren gestartet und mehr als die 3000 benötigten Unterschriften dafür gesammelt. In der Siedlung selbst leben etwa 2 500 Wahlberechtigte.