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Dorfjubiläum Die Krönung für den Grafen Hessi

Hessen erlebte am Sonnabend mit dem historischen Umzug einen weiteren Höhepunkt seiner Festwoche zur 1050-Jahr-Feier.

Von Mario Heinicke 20.06.2016, 11:19

Hessen l Es hat alles geklappt. „Wir konnten ja vorher nichts probieren“, sagte Olaf Keil, der am Sonnabend zusammen mit Jörgen Bolte und Uwe Kortegast den Hut der Organisation für den Umzug auf hatte. Es galt, letztendlich an die 800 Leute, dazu Pferde, Kutschen und Fahrzeuge zu dirigieren. Damit jeder seinen Platz findet. Ohne Generalprobe. Es gab nur diesen einen „Auftritt“.

Der Aufwand, diesen Umzug zu organisieren, war groß. Vor zweieinhalb Jahren ging es los, erinnerte sich Olaf Keil. Kutschen wurden von außerhalb engagiert, historische Traktoren für die Festwagen aus Osterwieck und Langenstein. Viele Kostüme galt es zu organisieren. Um die 30 bis 40 Exemplare stammten aus den Händen von Gisela Bekurts sowie Kathrin Vincenz. Mit den Jahren für den Karneval, die Schlossnächte und eben jetzt für den Umzug entstanden. Gisela Bekurts hatte das Nähen einst im Osterwiecker Kleiderwerk gelernt.

Und dann hat Hessen die Besonderheit der langen Bundesstraße 79, deren Verkehr im Ort nicht umgeleitet werden kann. Letztendlich knapp zwei Stunden ruhte somit zur Mittagszeit der Durchgangsverkehr. Sieben Regionalbereichsbeamte der Polizei aus Osterwieck, Veckenstedt, Wernigerode und Halberstadt, 44 Feuerwehrleute aus Lüttgenrode, Osterode, Rohrsheim, Stötterlingen, Veltheim und Wülperode sowie die DRK-Sanitäter aus Osterwieck sicherten den Umzug ab.

Und die Region war ebenso im Publikum vertreten. Dabei hatten die Hessener das Glück der Tüchtigen, dass das gute Wetter hielt. „Das habe ich ihnen gegönnt“, bekannte Rohrsheims Ortsbürgermeister Hans-Jörg Gifhorn (parteilos). Das Nachbardorf hatte zwei Wochen zuvor Ortsjubiläum gefeiert und auch den Wettergott auf seiner Seite gehabt.

Marco Jede, der Veltheimer Ortsbürgermeister (parteilos), schaute sich auch den Hessener Umzug an. Sein Dorf ist das nächste, das Jubiläum feiert. Dort gibt es einen Festumzug am 10. Juli.

Mittendrin statt nur dabei waren Osterwiecks Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (Buko) und Landrat Martin Skiebe (CDU), der zugleich Schirmherr der Festwoche war. Sie hatten es bequem auf der drei Kilometer langen Umzugsstrecke und wurden in einer Kutsche chauffiert.

Was aus der Entfernung des Publikums kaum zu sehen war, die Stadtchefin hatte zur Feier des Tages Ohrringe mit dem Hessener Logo angesteckt. Ein spontanes Geschenk von Sissy Markworth vor einer Woche zum Festauftakt. „Die passten super zum Outfit“, sagte junge Frau. Die Ohrringe hatte die gebürtige Hessenerin, die jetzt in Peine ein Nagelstudio betreibt, eigentlich für sich angefertigt. Für den Umzug stellte sie nun für sich ein neues Paar her. Mehr als diese vier Stück gibt es bisher nicht, verriet Sissy Markworth, die immer noch einmal die Woche zum Singen im Frauenchor ins Heimatdorf kommt.

In 33 Bildern zeigte der Umzug die 1050-jährige Geschichte von Hessen, die eigentlich noch länger währt. So gehörte dem Grafen Hessi, den Namensgeber Hessens um 780, das erste historische Bild. Für Detlef Baumann im Kostüm des Grafen war es eine Freude, diese Rolle ausfüllen zu dürfen. An seiner Seite Gemahlin Helga. Detlef Baumann, ein Ur-Hessener, hatte auch schon an den Festumzügen zu 1000- und zur 1025-Jahr-Feier teilgenommen. Dies war für ihn nun die Krönung.

Noch nicht so lange dabei, aber auch schon mit viel Erfahrung in historischen Kostümen sind Nico und Nicolle Heinze. Sie stellen sonst bei den Schlossnächten aus der Herzogfamilie Heinrich Julius und Elisabeth dar.

Zwei andere Persönlichkeiten aus den Schlossnächten, der Hofgärtner Johann Royer und die Hofdame, fehlten im Umzug. Klaus Bogoslaw, Ortsbürgermeister (parteilos) und „Chef vom Ganzen“, und Bärbel Däumler moderierten stattdessen den Umzug. Beide führten dabei den Zuschauern vor Augen, welch außergewöhnliche Geschichte ihr Dorf vorweisen kann. Sie machten auch darauf aufmerksam, als mit Erna Rademacher die älteste Hessenerin und mit Freia-Sofie Müller die jüngste Einwohnerin in Cabrios vorbeifuhren. Oder dass der Schulabschlussjahrgang 1966, also zur 1000-Jahr-Feier, auf einem Festwagen ein Klassentreffen feierte.

13 der 33 Bilder im Umzug waren der Historie gewidmet. Ortsgeschichte schrieb dabei auch die Elektrofirma Achilles, 1740 als Kupferschmiede schon existent. 1897 haben Wilhelm Achilles und sein Sohn Richard mit einem Elektrizitätswerk Hessen unter Strom gesetzt. Heute ist Gerrit Achilles der Inhaber und hat die gute Hoffnung, dass sein Sohn Richard die Tradition fortführt.

Einen Riesenblock bildete der Hessener Sportverein mit seinen 280 Mitgliedern, darunter die frischgebackenen Harzliga-Fußballmeister und Pokalsieger. Auch alle anderen Vereine, die Einrichtungen, Organisationen sowie Firmen beteiligten sich und hatten dabei kreativ viele Festwagen gestaltet.

Lob gab es von allen Seiten für den Umzug. Detlef Baumann freute sich über die vielen Zuschauern. „Der Umzug war gut organisiert“, sagte Nicolle Heinze. Bürgermeisterin Wagenführ hat beobachtet, wie der Zusammenhalt in Hessen gewachsen ist. „Davon wird der Ort noch lange zehren.“