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Dorfladen Kleiner Laden mit Vorbild-Charakter

60 bis 70 Kunden kommen täglich in den Dorfladen in Ströbeck. Ob das genug ist und was gekauft wird, berichtet Pächterin Doreen Pittelkow.

Von Sandra Reulecke 15.02.2018, 00:01

Schachdorf Ströbeck l Hartnäckigkeit zahlt sich aus. Um es charmant zu sagen. Doreen Pittelkow findet klarere Worte: „Herr Ledderbohm ging mir so lange auf die Nerven, bis ich endlich ja gesagt habe.“ Sie lacht. Danach war ihr in den vergangenen Monaten nicht immer zumute. Seit Juni betreibt die 43-Jährige den Dorfladen in Ströbeck – auf nachdrückliches Bitten von Maik Ledderbohm. Eine anstrengende Zeit mit Höhen und Tiefen liege hinter ihr, sagt die Pächterin.

Ihr Geschäft füllt die Lücke, die die Schließung des PUG-Marktes vor genau zwei Jahren, im Februar 2016, hinterlassen hat. Damit verlor der Halberstädter Ortsteil trotz Protests der Einwohner die einzige Einkaufsmöglichkeit. Ledderbohm, ein ehemaliges Mitglied des Ortschaftsrates, hat sich dafür stark gemacht, dass es wieder ein Geschäft im Ort gibt, und das Haus gekauft.

Dass Bedarf bestand, bewies die Resonanz bei Einwohnerversammlungen zum Thema Dorfladen. Fragebögen zum Kaufverhalten wurden auch im Nachbardorf Aspenstedt verteilt. Die Ergebnisse waren vielversprechend. Großes Interesse zeigte sich in den ersten Tagen, als Doreen „Reni“ Pittelkow den Laden eröffnete. Viele Neugierige kamen, um sich die Verkaufsräume – barrierefrei umgebaut, hell gestrichen und modern eingerichtet – aus der Nähe anzusehen.

Hat das Interesse der Kunden über die Monate angehalten? Immerhin waren fehlende Umsätze das Argument von PUG, die Filiale zu schließen. „Der Januar war kein guter Monat“, berichtet Doreen Pittelkow. „Aber der läuft überall schlecht.“ Weniger Umsätze seien auch in den Urlaubszeiten zu verbuchen.

Aber: „Im Durchschnitt kommen 60 bis 70 Kunden täglich“, sagt die Pächterin. „Vor allem die Rentner sind froh, dass sie wieder selbst einkaufen können.“ Viele von ihnen erledigen ihre Wochen-Einkäufe im Dorfladen, vorrangig am Vormittag. Nachmittags sind es Kinder und Jugendliche, die Süßigkeiten, Getränke und Zeitschriften kaufen, berichtet die zweifache Mutter. Die Altersgruppen dazwischen kommen, wenn sie beim Großeinkauf etwas vergessen haben oder für frische Waren wie Wurst, Gebäck, Obst und Gemüse. Regionale Produkte seien gefragt, zum Beispiel Honig aus dem Huy.

Das Angebot im Laden wurde den Kundenwünschen entsprechend erweitert. Blumen und Bücher sind dazu gekommen, ebenso Literatur über Ströbeck. Seit dieser Woche ist der Dorfladen zudem ein DHL-Paketshop. „Das wurde viel nachgefragt, dass es auch Briefmarken gibt“, berichtet Doreen Pittelkow. Ihr sei es wichtig, mehr über ihre Kunden zu erfahren, über Kaufgewohnheiten ebenso wie über die Familien. „Man muss sich für sie interessieren, das erwarten Kunden in einem Dorf.“

Die gelernte Fleischereifachverkäuferin, Wirtschafterin und Landwirtin spricht aus jahrelanger Erfahrung. Seit 2005 betreibt sie einen Dorfladen in ihrem Heimatort Rohrsheim, 2016 kam einer in Dardesheim dazu. Zwischen den Kunden in den Dörfern gibt es Unterschiede, hat sie festgestellt. „Tiefkühlware läuft in Ströbeck zum Beispiel sehr gut, in Rohrsheim gar nicht.“

Dank des Zeitungsbeitrags über die Eröffnung des zweiten Ladens ist Maik Lederbohm auf die Rohrsheimerin aufmerksam geworden und hat sie für Ströbeck angefragt. Die Suche nach einem Pächter zog sich zuvor über Monate hin. Es gab Interessenten, die gleich wieder absprangen und die Ungewissheit, ob das Konzept angenommen wird, nagte an dem Initiator. Trotz der Rückschläge: „Ich würde es immer wieder so machen“, sagt Ledderbohm.

Und er schmiedet weitere Pläne. Zusätzlich zu einer bereits vermieteten Wohnung im Obergeschoss des Gebäudes sollen noch zwei Wohnungen nebenan entstehen. Hauptaugenmerk liege derzeit auf einem Café, für das ein Raum neben dem Dorfladen ausgebaut wird. Er soll nicht nur als Raum für Veranstaltungen, zum Beispiel für jene des Schachmuseums, zur Verfügung stehen, sondern auch ein Treffpunkt für die Senioren des Ortes sein. Sie hätten nach einer solchen Möglichkeit gefragt, so Ledderbohm. Als Zielgruppen wolle er ebenfalls Besucher des Schachmuseums und Radtouristen ansprechen – die sich dann gleich mit Proviant im Dorfladen eindecken. „Auch Kleinigkeiten bringen uns weiter“, betont er.

„Ich hoffe, dass das mit dem Café bis zum Jahresende klappt“, so Ledderbohm. Fördergeld aus dem Leader-Programm sei bereits bewilligt. Damit unterstützt die Europäische Union seit 1991 modellhafte Projekte im ländlichen Raum. Und die Laden-Café-Kombination aus Ströbeck hat Vorbild-Charakter. Wie Ledderbohm berichtet, hat sich eine Delegation von Leader angemeldet, sich das Konzept vor Ort ansehen zu wollen.