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Ehrenbürger Brückenbauer der Versöhnung verstorben

Der Halberstädter Ehrenbürger Jzchak Auerbach ist 78-jährig in Israel verstorben.

Von Jörg Endries 01.03.2017, 00:01

Halberstadt l „Halberstadt ist meine Heimat, ich fühle mich als Halberstädter.“ Das sind die Worte Jzchak Auerbachs, die er vor wenigen Monaten im Rahmen eines Empfangs an Halberstädter Bürger, Freunde und Schüler der Grundschule Miriam Lundner gerichtet hatte. Am Montag traf die traurige Nachricht im Rathaus ein, dass Halberstadts Ehrenbürger ­Jzchak Auerbach am 24. Februar im Alter von 78 Jahren in Jerusalem gestorben ist, informiert Rathaus-Sprecherin Ute Huch.

„Wir sind tief betroffen über diese traurige Nachricht“, sagt Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke). Ende Januar hatte die Stadtverwaltung noch Genesungswünsche nach Israel geschickt, da sich Jzchak Auerbach nach einem Schlaganfall im Oktober 2016 nicht so recht erholen konnte.

Jzchak Auerbach ist der letzte in Halberstadt geborene jüdische Mitbürger und Sohn des letzten Rabbiners dieser Stadt, Hirsch Benjamin Auerbach. Anlässlich seines 60. Geburtstages hatte die Stadt Halberstadt Jzchak Auerbach die Ehrenbürgerschaft angetragen, die ihm im August 1998 durch den damaligen Repräsentanten ­Johann-Peter Hinz nach Tel Aviv überbracht worden ist, erinnert Ute Huch.

Erstmalig besuchte Jzchak Auerbach 1987 seine Geburtsstadt nach Kontakten zu Werner Hartmann, Johann-Peter Hinz und Dr. Martin Gabriel, die die Brücken des Verstehens geschmiedet haben. Gelebtes Zeichen dafür ist unter anderem die Menora am Westportal des Halberstädter Domes. Anlässlich seines 70. Geburtstages enthüllte er das Namensschild „Willy Cohn“ – ein ehemaliger jüdischer Mitbürger Halberstadts – für einen Platz an der Hochschule Harz. Dies tat er gemeinsam mit Itai Cohn – einem Großneffen des Namensgebers.

Damals sagte ein sichtlich gerührter Jzchak Auerbach: „Es ist eine Freude für mich, dass die Erinnerungskultur in meiner Geburtsstadt von Jahr zu Jahr wächst, und dass in ­Zukunft dieser Platz den Namen eines jüdischen Mannes tragen wird, der diese Stadt geliebt hat und in ihr verwurzelt war.“

Von großer Bedeutung waren für Jzchak Auerbach die engen Verbindungen zur Grundschule „Miriam Lundner“. Die Jungen und Mädchen waren beeindruckt von seinen ­Erzählungen aus der Vergangenheit, aber auch über das gegenwärtige Leben in Israel, so Ute Huch.

Andreas Henke erinnert sich an angenehme Begegnungen mit dem freundlichen Halberstädter, dem seine Geburtsstadt sehr am Herzen lag. So beispielsweise an das letzte Zusammentreffen im August 2016, als Auerbach mit großer Freude den in goldenen hebräischen Lettern gestalteten Schriftzug („Israelitisches Haus des Gebetes“) des neuen Tores am Zugang der ehemaligen Synagoge in der Bakenstraße enthüllte.

Andreas Henke: „Es ist uns in Halberstadt seit jeher große Verpflichtung und Her­z­ensangelegenheit, jüdische Geschichte und Kultur, aber genauso auch das Leid jüdischer Mitbürger im gesellschaftlichen Bewusstsein zu halten. Wie schnell Vergessen und Intoleranz Hass und neues Leid hervorrufen, ist aktuell erlebbar. Umso wichtiger sind Erinnerung, Mahnung, Verständigung und Versöhnung – von Jzchak Auerbach war dies immer wieder vorbildlich gelebt. Dafür sind wir Jzchak Auerbach zu tiefem Dank verpflichtet. Wir trauern um einen wertvollen Menschen, um einen Brückenbauer der Versöhnung.“