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Erinnerung Ex-Grenzer wandern durch den Zaun

Der ehemalige Eiserne Vorhang im Kleinen Fallstein zog am Sonnabend Besucher an, die im Grenzabschnitt ihren Dienst verrichtet hatten.

Von Uwe Meyer 31.08.2016, 01:01

Rhoden l Es sind Ex-Mitarbeiter des Bundesgrenzschutzes, der Bundespolizei, des Zolls und der DDR-Grenztruppen, die vor wenigen Jahren einen losen Zusammenschluss gebildet haben. „Wir veranstalten jährlich eine Wanderung im ehemaligen Grenzgebiet“, informierte Karl-Heinz Stüring, der aus dem etwa 160 Kilometer entfernten Liebenau anreiste. Zusammen mit Wolfgang Roehl aus Lehrte bereitete er diese Wanderung von Hornburg bis zur Osterwiecker Fallsteinklause vor, wo der Abschluss erfolgte. Einige der Wanderer reisten zu diesem Treffen aus Ostholstein und anderen entfernt liegenden Gegenden an.

Vor 30 Jahren ist es unvorstellbar gewesen, dass der ehemalige Winnigstedter Zöllner Friedhelm Köchy, der heute in Wunstorf wohnt, und der aus Pabstorf stammende Helmut Maushake (heute Anderbeck), der bis zur Grenzöffnung bei Hessendamm als Offizier der Grenzaufklärung im Bataillonsstab Hessen seinen Dienst versah, vergnügt nebeneinander durch den Kleinen Fallstein wandern würden. Gemeinsam sahen sich alle Teilnehmer den ehemaligen innerdeutschen Grenzverlauf mit den erhaltenen Überresten eines Grenzzaunes sowie den Führungsturm zwischen Hornburg und Rhoden an. Dieser Turm ist deshalb etwas Besonderes, weil er nicht überall aus Betonfertigteilen errichtet wurde. Im oberen Bereich ist ein Mauerwerk vorhanden. Mit einer Landkarte in den Händen erläuterte Roehl nähere Einzelheiten über das Grenzgebiet.

Für eine kleine Überraschung sorgte der Rhodener Marko Hahn, der eine Schaufensterpuppe mit einer Uniform bekleidete und am Zaun aufstellte. Die Kleidung besorgte sich Hahn extra aus dem Grenzmuseum Abbenrode. „Für eine Ausstellung im Turm suche ich ältere Uniformen und andere Utensilien aus der Zeit vor der Grenzöffnung“, bittet er um Unterstützung.

Vor dem Grenzzaun erzählte Maushake: „Meine Mutter sagte vor längerer Zeit oft, dass es in 50 Jahren diese Grenze nicht mehr geben würde.“ Er sei froh, dass es zur Grenzöffnung und Wiedervereinigung gekommen ist. Köchy, der später seinen Dienst in Ostdeutschland und Hamburg versah, erinnerte sich an einen Grenzzwischenfall aus den 1970er Jahren: „In Jerxheim-Bahnhof flohen zwei Grenzsoldaten aus dem nicht weit entfernten Turm. Mit einem Kollegen habe ich die Geflohenen aufgegriffen, die später nach Helmstedt gebracht wurden.“

Zu den Wanderern gehörte der aus Berlin angereiste Hermann Pröhl, der nach langen Vorbereitungen als Postenführer in Hötensleben im Jahr 1968 zusammen mit dem Soldaten Norbert Kühn in Richtung Schöningen geflohen ist. Mitglieder eines Fußballvereins in Herten informierten dann die zuständigen westdeutschen Behörden. Wo Kühn heute lebt, weiß er nicht. „Ich würde mit ihm gerne Kontakt aufnehmen.“ Pröhl steht bei Seminaren und anderen Veranstaltungen gerne als Zeitzeuge zur Verfügung.

Bevor die ehemaligen Grenzer den Bunker im Kleinen Fallstein anschauten, erinnerte sich Günter Maschewski aus Wiedelah, der vor vielen Jahren seinen Dienst bei Hornburg verrichtete, an Pastor Franz Kleinert aus seinem Ort: „Der Pastor zeigte einem Bischof die Grenze, machte wohl einen zu großen Schritt, wurde von der DDR- Grenztruppe festgenommen und in Magdeburg verhört.“ Nach zwei Tagen traf der Pastor wieder in seinem Heimatort ein, er musste die Hin- und Rückfahrt bezahlen.

Lothar Engler aus Wiedelah sprach sich mit Nachdruck dafür aus, alte Teile der einstigen Grenze als Mahnmal zu erhalten. So wie auch im Okertal. In dieser Angelegenheit pflege er gute Kontakte mit Einwohnern aus Wülperode.