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Fahrzeugbau Großauftrag für Halberstädter Firma

Ein Riesenauftrag für die Halberstädter Firma VIS ist der Wartungsvertrag mit Abellio. Volumen: Mehr als 100 Millionen Euro.

Von Theo Weisenburger 30.06.2017, 01:01

Halberstadt l Die bloßen Zahlen allein sind schon beeindruckend. Ab Dezember werden die Fachleute der Verkehrs-Industrie-Systeme GmbH (VIS) in Halberstadt 54 neue Triebwagen des Hallenser Bahnunternehmens Abellio Mitteldeutschland warten und reparieren. Bei der VIS entstehen 30 neue Arbeitsplätze, der Vertrag hat eine Laufzeit von 14 Jahren und ein Gesamtvolumen von mehr als 100 Millionen Euro.

Doch hinter diesen nüchternen Zahlen steckt mehr – eine Geschichte, die durchaus hätte dramatische Auswirkungen haben können. Als das Land im vergangenen Jahr per Ausschreibung einen neuen Betreiber für das komplette Dieselnetz Sachsen-Anhalt gesucht hat, rangen neben Abellio auch der HEX-Betreiber Transdev und die Deutsche Bahn um den Zuschlag. Hätte Transdev die Ausschreibung gewonnen, wäre der ohnehin bestehende Wartungsvertrag mit der VIS sicherlich verlängert worden. Alles gut also. Hätte aber der frühere Monopolist Deutsche Bahn die Strecken betreiben dürfen, wäre der Wartungsauftrag wohl an ein bahneigenes Unternehmen gegangen. Der in der Vergangenheit arg gebeutelten VIS hätte dieser Ausgang das Leben richtig schwer machen und den Konsolidierungskurs gefährden können.

Kein Wunder also, dass die VIS-Verantwortlichen – allen voran Eigentümer Dirk Zeppenfeld und Geschäftsführer Ronald Krahl – erst einmal tief durchgeatmet und nach dem Vertragsabschluss mit Abellio zum Fest eingeladen haben. Schließlich galt es am Donnerstag nicht nur die neue Partnerschaft mit den Hallenser Bahnbetreibern, sondern auch den 15. Geburtstag der aus dem früheren Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) hervorgegangenen VIS zu feiern.

Bislang wartet die VIS 23 HEX-Triebwagen, künftig werden es mehr als doppelt soviele Abellio-Fahrzeuge sein. „Das sichert den Standort Halberstadt“, sagte Verkehrsminister Thomas Webel (CDU), der, bei allem Lob für Vorgänger Transdev, dem neuen Betreiber für eine Entscheidung besondere Anerkennung zollte. Die neuen Triebwagen sind mit WLAN, Steckdosen und leistungsfähiger Klimaanlage ausgestattet, zudem gibt es mehr Platz für Fahrräder. Webel: „Wir brauchen solch ein gutes Angebot.“

Das findet auch der Harzer Landrat Martin Skiebe (CDU). Die Region benötige nicht zuletzt für den Tourismus einen leistungsfähigen Schienennahverkehr. „Es ist wichtig, dass diese Mobilität auch in Zukunft erhalten bleibt.“ Das zu gewährleisten, sei eine Herausforderung. Er habe jedoch keine Sorge, dass dies gelingen werde. Schließlich habe die VIS in der Vergangenheit bewiesen, dass sie „in schweren Zeiten am Ball bleibt“.

Darauf spielte auch Halberstadts Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) an. Nach der Übernahme „ging es viele Jahre bergab“, am Ende seien es nur noch rund 70 Beschäftigte gewesen. „Doch Sie haben die Mitarbeiter nicht im Stich gelassen und sich nach neuen Auftraggebern umgeschaut“, sagte er zu den Eigentümern.

Aber nicht nur die – auch Seniorchef Horst Zeppenfeld war gestern dabei – zeigten sich mit der jüngsten Entwicklung zufrieden. „Die ganze Mannschaft ist sehr froh“, sagte Fertigungsmeister Frank Brehmer. Den Mitarbeitern und den Kernkompetenzen der VIS seien die letztlich erfolgreichen 15 Jahre zu verdanken. „Unsere Belegschaft schaut optimistisch in die Zukunft.“

Das könne sie auch, sagte Roman Müller, der Chef von Abellio Mitteldeutschland. Das Abellio-Streckennetz wächst mit dem neuen Dieselvertrag von zehn auf 26 Linien. Das verlange von der VIS eine neue Qualität. Das Halberstädter Unternehmen wird in seine Infrastruktur investieren und sich zertifizieren lassen. „Wir verlassen uns ganz auf die VIS“, sagte Müller, und weiter: „Wir sind zuversichtlich, dass dieses Vertrauen gerechtfertigt wird.“

VIS-Eigentümer Dirk Zeppenfeld sagte das zu. Das habe sich bereits in den vergangenen Monaten gezeigt. „Wir haben hart verhandelt, aber immer gradlinig. Wir wussten immer, dass wir uns aufeinander verlassen können“, sagte er in Richtung seiner neuen Geschäftspartner.