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FeuerwehrVerwaltung rückt ab Januar mit aus

Der Osterwiecker Stadtrat hat ohne Gegenstimme die Risikoanalyse und Brandschutzbedarfsplanung beschlossen.

Von Mario Heinicke 15.12.2015, 00:01

Stadt Osterwieck l Einer der Kritikpunkte im Vorfeld war es, dass das 74 Seiten umfassende Papier zwar viele Hinweise gibt, aber keine Termine vorgibt, wann was für die Feuerwehr angeschafft oder gebaut werden sollte. Die Stadtverwaltung hatte daraufhin nachgelegt und neun konkrete Punkte für 2016 und 2017 in die Beschlussvorlage eingearbeitet. Über einige wurde in Form von Gegenanträgen lange gestritten.

Zum Beginn der Sitzung erinnerte aber Schauens Ortswehrleiter Steffen Richardt die Abgeordneten daran, dass sie es seien, die den Feuerwehrleuten „die Werkzeuge in die Hände geben, die wir brauchen“. Auch Osterwiecks Ortswehrleiter Jens Mönnekemayer kritisierte den Investitionsstau in den Wehren. Der Stadtrat müsse dafür sorgen, dass die Feuerwehr leistungsfähig bleibe. „Sonst werden wir ausrücken und können nicht helfen, weil uns das Geld für die Ausrüstung gefehlt hat.“

Welche Entscheidungen hat der Stadtrat nun gegen den Investitionsstau und für eine höhere Einsatzbereitschaft der Wehren am Tage, wenn die meisten Feuerwehrleute außerhalb auf Arbeit sind, getroffen?

Die 18 Ortsfeuerwehren haben 367 Einsatzkräfte, von denen zwischen 6 und 18 Uhr aber in der Regel nur 65 verfügbar sind. Tagsüber sind im ganzen Stadtgebiet überhaupt nur 30 Kräfte verfügbar, die etwa bei Bränden unter Atemschutz arbeiten dürfen. Dem will die Stadtverwaltung nun entgegenwirken, indem neun Mitarbeiter – vier aus der Verwaltung und fünf aus dem Bauhof – eine Tageseinsatzstaffel bilden.

Es handelt sich um bereits aktive Einsatzkräfte aus den Ortsfeuerwehren. Voraussichtlich Mitte Januar soll die Staffel einsatzfähig sein. Es muss vor allem noch zusätzlich Einsatzkleidung beschafft werden, die dann an der Arbeitsstelle bereitliegt. Stadtwehrleiter Frank Kenzig unterstrich aber, dass diese Staffel keine Ortsfeuerwehr ersetzen werde, sondern nur die im Einsatz befindlichen Wehren personell verstärken könne.

Nächstes Jahr sollen in Schauen und Sonnenburg Löschwasserzisternen errichtet werden. In Schauen ist das notwendig, weil in diesen Tagen der Trinkwasserhochbehälter außer Betrieb genommen wird und dann zum Löschen nicht mehr ausreichend Wasser im Ortsnetz ist.

Rohrsheims Feuerwehr soll ein neues Gerätehaus bekommen. 2016 sind erste vorbereitende Schritte geplant, um 2017 einen Fördermittelantrag für den Bau 2018 stellen zu können.

Eigentlich sollte nach dem Vorschlag der Verwaltung das Hessener Löschgruppenfahrzeug, ein Robur aus DDR-Zeiten, sofort außer Betrieb genommen werden. Hessens Ortsbürgermeister Klaus Bogoslaw (Aktiv für Hessen) stellte jedoch den Antrag, das Fahrzeug im Bestand zu lassen, so lange es noch den TÜV bekommt. „Es wird gebraucht als Zugmittel für den Schlauchwagen und die Anhängeleiter.“ Dies sagte Bogoslaw im Ergebnis einer Ortschaftsratssitzung mit der Hessener Ortswehrleitung.

Stadtwehrleiter Kenzig war die Verärgerung über diese Entwicklung anzumerken. Mit dem Ortswehrleiter sei man sich zum Anfang des Jahres einig gewesen, das alte Fahrzeug, das vor einigen Jahren aus Bühne umgesetzt worden war, zu verschrotten. Bei Großbränden, die lange Schlauchleitungen erfordern, würden noch andere Feuerwehren herangeholt. Und die alten Leitern aus DDR-Zeiten sollen generell außer Dienst kommen. Dafür werde angestrebt, ein Drehleiterfahrzeug für die ganze Stadt anzuschaffen. Vorbereitungen dafür sollen 2017 beginnen.

Der Robur kann in Hessen bleiben. Ein anderer Antrag von Bogoslaw fand keine Mehrheit. Für 2017 war vorgeschlagen worden, für die Ortsfeuerwehren Hessen und Osterwieck neue hydraulische Rettungssätze zu beschaffen. Dabei handelt es sich um Schere und Spreizer, vor allem, um eingeklemmte Personen aus Unfallautos zu bergen.

Beide Wehren besitzen zwar diese Technik, angesichts der heute stabiler gebauten Autos reicht deren Kraft aber nicht mehr in jedem Fall aus. Bogoslaw wollte die Hessener bereits 2016 mit einem neuen Gerät ausstatten lassen. „Wenn wir schon 2016 solch ein Gerät bestellen, dann muss es Osterwieck bekommen“, erklärte Stadtwehrleiter Kenzig. Denn die Feuerwehr im Nachbarort Dardesheim habe bereits solch ein starkes Gerät. Der Osterwiecker Bereich sei aber unterversorgt. So wird nun wohl Osterwiecks Ortswehr schon 2016 die neue Technik bekommen. Darüber hinaus soll Anfang 2016 ein älterer hydraulischer Rettungssatz von Dardesheim nach Wülperode umgesetzt werden.

Die längste Diskussionszeit im Stadtrat nahm die Ortsfeuerwehr Zilly mit ihrem alten Robur als Mannschaftswagen ein. Geplant war für 2017 die Beschaffung eines neuen Fahrzeugs. Die Abgeordneten Marc Heyer und Lothar König (beide Bürgerinitiative Zilly) scheiterten letztendlich mit ihrem Antrag, den Kauf bereits auf 2016 vorzuziehen.

Anlass für den Antrag ist die fehlende Sicherheit des Robur für die auf der Ladefläche Mitfahrenden. Ein Schreiben der Feuerwehrtechnischen Zentrale wurde in Zilly so interpretiert, dass das Fahrzeug nicht mehr für den Personentransport genutzt werden kann. „Wie transportieren wir unsere Kameraden?“, fragte Heyer.

Stadtwehrleiter Kenzig und Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (Buko) stellten in ihren Stellungnahmen fest, dass der Robur dafür grundsätzlich noch zulässig sei. Entsprechende Recherchen seien hinsichtlich der Gesetze und Bestimmungen unternommen worden. Kenzig ging noch weiter. „Wir haben 18 Ortsfeuerwehren in der Stadt, was mache ich in den anderen Orten?“ In Berßel stehe ein Fahrzeug, das 52 Jahre alt wird. In Rohrsheim gebe es sogar als einziges Feuerwehrfahrzeug nur einen Robur. „Das sind ganz andere Sorgen.“

Angesichts dieser vielen offenen Fragen beantragte Rüdiger Seetge (Aktive Bürger), die weitere Debatte auf die nächste Ratssitzung zu vertagen. „Ich warne davor“, entgegnete Bürgermeisterin Wagenführ. „Das zu vertagen, löst nicht unsere Probleme.“ Ohne Beschluss gebe es keine Investitionen, auch nicht für die Löschwasserzisternen. Die große Mehrheit war dann doch für die Weiterführung der Debatte.

Der Osterwiecker Ortschef Ulrich Simons (CDU) sorgte sich, dass die Bürgermeisterin mit einem Beschluss freie Hand hätte, eines der beiden Osterwiecker Löschfahrzeuge nach Berßel umzusetzen, so wie es in der Bedarfsplanung vorgeschlagen wird. „Ein gesundes Misstrauen ist immer gut.“ Daher wurde mit in den Beschluss aufgenommen, dass jedes einzelne Vorhaben aus dem Planwerk vor dessen Umsetzung noch mal gesondert beschlossen werden soll.

Simons erinnerte daran, dass die damals selbstständige Stadt Osterwieck die beiden großen Fahrzeuge „nicht aus der Westentasche bezahlt“ habe. Der Osterwiecker Hartmut Janitzky gab zu bedenken, dass die Berßeler, wenn sie ein Osterwiecker Fahrzeug bekommen, auf Grund der Ausstattung zu jedem der 30 bis 40 Einsätze im Jahr mit ausrücken müssten.

Um das Geld ging es zu guter Letzt auch noch. Marc Heyer hatte in der Sitzung lange keine Antwort erhalten, von welchem Finanzbedarf 2016 und 2017 ausgegangen wird. Letztendlich stand eine Summe von rund 200 000 Euro für die Feuerwehren im Raum. Die Bürgermeisterin gab zu bedenken, dass pro Jahr lediglich 530 000 Euro für Investitionen ausgegeben werden dürften, wovon ein Teil schon vertraglich gebunden sei. „Ich melde zumindest meine Bedenken an“, sagte sie, da nun ein hydraulischer Rettungssatz für 25 000 Euro schon 2016 kommen soll.

Und dass das vielleicht auch noch nicht ausreichen wird, deutete Lüttgenrodes Ortsbürgermeister Daniel Wüstemann (Sportgemeinschaft Lüttgenrode) an. Er kritisierte, dass die Aussagen in der Risikoanalyse zur Löschwasserversorgung in Lüttgenrode „nicht der Realität entsprechen“. Es müssten nach Einschätzungen aus seiner Ortsfeuerwehr mindestens 40 000 Euro ausgegeben werden, damit die Versorgung gesichert ist.