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Hof-Blicke Grüne Oase hinter alten Mauern

Hof-Blicke heißt eine Serie der Volksstimme, in der wir grüne Innenhöfe in der Stadt und den Ortsteilen vorstellen.

Von Sandra Reulecke 21.09.2016, 01:01

Halberstadt l Erika Koch ist stolz auf ihre grüne Oase hinter dem Haus in der Burchardistraße 8. „Ihr müsst unbedingt auch zu uns kommen und unseren Hof zeigen“, meldete sie sich bei der Volksstimme. Einladung angenommen. Auch Roswitha Hutfilz, Chefin der Abteilung Stadtgrün im Halberstädter Rathaus, ist gespannt, was sich hinter dem Haus verbirgt. „Glaubt man gar nicht, dass hier viel Platz für Pflanzen sein soll“, kommentiert sie an der Eingangstür.

Aber weit gefehlt. Auf dem Hof blüht und grünt es. Herzstück ist eine Sitzecke unter einem Baldachin mit schmiedeeisernen Pfeilern. „Hier sitzt die Famile zusammen oder die Angestellten von meinem Sohn und meiner Schwiegertochter trinken Kaffee“, berichtet Erika Koch. Das rund 150 Quadratmeter große Fachwerkhaus ist nämlich nicht nur Heim für drei Generationen, sondern beherbergt auch zwei Büros. Tierfreundlich ist das Grundstück ebenfalls: Es gibt eine Katze, Hunde, Fische und Hasen.

Noch vor der Wende hat Ralf Koch, der Sohn von Erika Koch, eine Hälfte des um 1880 erbauten Gebäudes gekauft. Nach der Wende kam die zweite Hälfte in Familienbesitz. Erika Koch und ihr mittlerweile verstorbener Mann zogen 1995 in die Burchardistraße.

„Das Haus gehörte früher einer Frau, die in der Straße eine Bäckerei betrieben hat“, sagt Erika Koch. Es sei ein hartes Stück Arbeit gewesen, Gebäude und Hof nach den Wünschen der Familie zu verändern. Leitungen mussten erneuert werden, der Fußboden wurde herausgerissen, Stromkabel verlegt und Fachwerk freigelegt, erinnert sich die 80-Jährige. „Der Hof war früher zugebaut. Es gab einen Schuppen mit Außentoiletten und einen riesigen Birnenbaum.“ Beides musste weichen. Ebenso der Beton, aus dem Wege auf dem Hof gegossen worden waren. Heute bestehen die Pfade aus Natursteinen. „Die hat mein Sohn selbst verlegt. Er hat viel handwerkliches Geschick“, sagt Erika Koch. Eben jenes hat er auch bei einem Brunnen bewiesen, der am Haus steht. „Der war total zugemauert. Beim Freilegen hat mein Sohn ein altes Kinderfahrrad entdeckt.“ Mittlerweile ist die sechs Meter tiefe Quelle wieder nutzbar. Mit dem Wasser werden die Tomaten im Gewächshaus und die anderen Pflanzen gegossen.

Dekoriert ist der Hof mit Steinfiguren, Wurzeln, Weidengeflecht und Steinen. „Wir bringen von überall was mit, aber langsam müssen wir aufhören – der Platz reicht kaum“, sagt die Grundstücksbesitzerin lachend. Jeder Winkel des Hofs ist genutzt und birgt Überraschungen: einen großen Teich, Laternen, Gehege für die Hasen. Die Gestaltung hat zum Großteil die Schwiegertochter übernommen. „Ein kleines Grundstück zu gestalten, ist schwieriger als ein großes: Alles auf engstem Raum unterzubringen, ohne dass es überladen wirkt, ist eine echte Herausforderung“, sagt Roswitha Hutfilz.

Auch der Einfluss von Erika Koch selbst ist zu erkennen. Die ehemalige Lehrerin ist kunstbegeistert. Noch heute besucht sie regelmäßig den Malzirkel – und sie dekoriert gern im Haus und auf dem Hof. Umgeben ist das schmale, längliche Grundstück von einer Mauer. „Die gehörte zum Küchengarten des Klosters“, berichtet Erika Koch. Zwischen den Blättern des großen Nussbaums hindurch hat man einen guten Blick auf das Burchardi-Kloster. „Wenn die Blätter gefallen sind, sieht man es noch besser“, sagt die Seniorin. Um den Teich und die Fische darin vor dem Laub zu schützen, zieht die Familie im Herbst ein Netz darüber.

Ohnehin sei der 50 Jahre alte Baum nicht nur Segen. Zwar spende er im Sommer viel Schatten und trage reichlich Walnüsse. „Aber wir haben Angst, dass er, beziehungsweise trockene Äste, mal auf unser Haus fallen“, sagt Erika Koch.

Roswitha Hutfilz kann die Befürchtung gut nachvollziehen. Mehr, als den Baum regelmäßig beschneiden zu lassen, kann sie leider nicht raten. „Er bekommt hier viel Feuchtigkeit und fühlt sich sichtlich wohl. Darum wachsen die Äste auch schnell nach.“ Die Familie solle den Baum beobachten – wenn es um die Sicherheit des Hauses geht, lässt es sich vielleicht nicht verhindern, den Baum irgendwann zu fällen. Das werde ein schwieriges Unterfangen aufgrund der enormen Höhe des Baums und der Enge des Grundstücks. Das zu sagen, fällt der Expertin sichtlich schwer. Sie ist begeistert von dem Hof und seinem dichten Blätterdach. „Es ist überraschend schön. Ich hätte nicht gedacht, dass sich so etwas in der Unterstadt verbirgt.“ Besonderen Charme habe die Vielfalt der Pflanzen – von Februar bis fast zum Winter blühe immer etwas.

Sie wollen ebenfalls an unserer Aktion teilnehmen, Ihren Innenhof von Fachleuten begutachten lassen und Tipps für die Gestaltung bekommen? Dann melden Sie sich bei der Volksstimme, Westendorf 6 in 38820 Halberstadt, Telefon: (03941) 699220 oder per E-Mail an redaktion.halberstadt@volksstimme.de