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Integration Lernen zwischen 300 Jahre alten Wänden

Das Deutsche Fachwerkzentrum Quedlinburg vermittelt Menschen mit unterschiedlicher Herkunft Fachwissen. Ein Lernort ist in Halberstadt.

Von Jörg Endries 25.05.2017, 01:01

Halberstadt l Im Deutschen Fachwerkzentrum Quedlinburg wird nicht nur Deutsch gesprochen. Jugendliche aus vielen Ländern unterstützen die Fachleute bei der Sanierung wertvoller Baudenkmäler in der Harzregion beziehungsweise profitieren vom Erfahrungsschatz des Zentrums. Dazu gehören unter anderem Studenten, die praktische Erfahrungen sammeln oder auch Flüchtlinge. Jugendliche aus 25 Ländern waren bislang bei den zahlreichen Vorhaben mit eingebunden.

Ein Seminar mit Menschen unterschiedlicher Herkunft hat vor einigen Tagen in dem über 300 Jahre alten Fachwerkhaus Grudenberg 8 in Halberstadt stattgefunden. Darunter Flüchtlinge aus Afrika. Sie lernen das traditionelle Arbeiten mit Lehm, das Instandsetzen und das Ausmauern von Gefachen mit Lehmziegeln und anderen ökologischen Baustoffen. Aber auch das Sichern des noch vorhandenen historischen Lehmputzes aus der Bauzeit des Hauses. „Verblüffend ist, wie schnell die Teilnehmer lernen, obwohl sie aus anderen Berufen kommen und meist noch nie auf dem Bau gearbeitet haben“, sagt Claudia Hennrich. „Wir wollen ihnen helfen, dass sie erfolgreich ins Berufsleben integriert werden können“, so die Geschäftsführerin des Fachwerkzentrums Quedlinburg.

Dabei will dem Fachwerkzentrum ein neuer Partner helfen – die Landesinitiative Fachkraft im Fokus, wie Christian Sauer informiert. Die Förderservice GmbH der Investi­tionsbank Sachsen-Anhalt und das Land Sachsen-Anhalt haben 2015 in Halberstadt ein Büro der Landesinitiative eröffnet. Christian Sauer betreut Flüchtlinge im Harzkreis und im Bereich Sangerhausen. Zwei weitere Mitarbeiterinnen helfen bei der Integration von Menschen in das berufliche und soziale Leben.

„Die Seminare des Fachwerkzentrums ermöglichen Flüchtlingen in alte Handwerkskunst reinzuschnuppern. Das ist eine tolle Möglichkeit sich beruflich zu erproben.“ Daher will die Landesinitiative die Arbeit des Fachwerkzentrums mittel- und langfristig unterstützen. Wobei Sauer explizit auch die Arbeiten am Haus Grudenberg 8 in Halberstadt nennt. „Wir möchten Kontakte zur Handwerkerschaft knüpfen und vermitteln“, sagt Christian Sauer.

Das Haus Grudenberg 8 wird mit finanzieller Unterstützung der Commerzbank-Stiftung, der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt aufwendig saniert – energieeffizient, ökologisch und mit alten Handwerkstechniken. Bislang sind die Kosten dafür mit etwa 888 000 Euro angegeben.

Die zweigeschossigen Gebäude Hühnerbrücke 4 (bereits fertiggestellt) und Grudenberg 8 mit ihren Krüppelwalmdächern entstanden zeitgleich 1697 im typischen Barockstil. Bis 1820 beherbergten die beiden Bauten mit der Städtischen Lateinschule den ältesten erhaltenen Schulkomplex in Halberstadt. Dann wurden sie für Wohn­zwecken genutzt.