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Kandidatenkür Parteien nehmen Kurs auf Bundestagswahl

Am Wochenende haben CDU, SPD und Linkspartei im Harz personelle Weichen gestellt. Unter anderem wurden Bundestagskandidaten gekürt.

Von Dennis Lotzmann 21.11.2016, 00:01

Halberstadt l Heike Brehmer, Eberhard Brecht und sehr wahrscheinlich Evelyn Edler: Mit diesen drei Direktkandidaten gehen CDU, SPD und die Linkspartei im Harz bei der Bundestagswahl im Herbst 2017 wohl ins Rennen.

Nachdem die Christdemokraten bereits am Freitagabend die Bundestagsabgeordnete Heike Brehmer mit klarer Mehrheit ins Rennen um eine dritte Legislaturperiode geschickt haben (die Volksstimme berichtete), folgten die Sozialdemokraten am Sonnabend. Hier setzte sich der ehemalige Quedlinburger Oberbürgermeister Eberhard Brecht in einer Kampfabstimmung gegen Mario Hennig durch. Die Linken kürten Evelyn Edler zur neuen Kreisvorsitzenden. In Parteikreisen wird dies als Richtungsentscheidung für die Nominierung des Direktkandidaten zur Bundestagswahl gewertet. Dann will Edler kandidieren.

Wer Überraschungen erleben wollte, konnte den Freitagabend anderweitig verplanen. Die Christdemokraten setzten bei ihrem Nominierungsparteitag auf Kontinuität. Sie stellten der bislang einzigen Harzer Bundestagsabgeordneten Heike Brehmer zum dritten Mal das Ticket für den Start in den Bundestagswahlkampf aus. Mit einer überwältigenden Mehrheit von 95 Prozent, wie Kreisvorsitzender Ulrich Thomas betont. Die 54-Jährige konnte 100 der 105 gültigen Stimmen auf sich vereinen. Herausforderer Martin Koch aus Thale, der auf eine Vorstellung vor den Parteifreunden verzichtete, holte fünf Stimmen.

Während die Chrisdemokraten damit den Faktor Kontinuität betonen, läuteten die Harzer Sozialdemokraten Tags drauf einen personellen Neustart ein. Neben einem Wechsel an der Spitze des 400 Mitglieder zählenden Kreisverbandes wurden auch Stellvertreter- und Beisitzer-Posten neu besetzt.

Ganz an der Spitze machten die Genossen erwartungsgemäß den Weg frei für eine personelle Verjüngung: Der 36 Jahre alte Tobias Kascha übernahm den Staffelstab vom 61-jährigen Ronald Brachmann, der nicht wieder kandidiert hatte, um den Weg Richtung Verjüngzung frei zu machen. Kascha – bislang Kreis-Vize und bei der Wahl ohne Gegenkandidaten – konnte sich bei sieben Gegenstimmen und einer Enthaltung auf 58 Sympathisanten stützen.

Der Wernigeröder kündigte an, drei Schwerpunkte in den Fokus zu rücken: Neben der Suche nach jungen Talenten sei es wichtig, die Sozialdemokraten in den Städten und Gemeinden wieder stärker ins Rampenlicht zu rücken. „Wir haben gerade erst in Harzgerode einen weiteren Bürgermeister-Posten an die CDU verloren. Dieser Trend muss gestoppt werden, die SPD muss in der Kommunalpolitik wieder stärker mitmischen.“ Zudem solle die öffentliche Darstellung optimiert werden.

Dabei kann Kascha auf Kevin Müller und Kurt Neumann als Stellvertreter setzen. Während der Ballenstedter Neumann mit 39 Stimmen in dieser Funktion bestätigt wurde, rückte der Wernigeröder Müller mit 40 Stimmen vom Beisitzer zum Vize auf. Der Landtagsabgeordnete Andreas Steppuhn – bislang Beisitzer und Mitbewerber bei der Vize-Wahl – scheiterte hier ebenso wie bei der Kür der zehn Beisitzer. Das wiederum darf als Richtungsentscheidung und Schlappe für die Budde-Fraktion, der Steppuhn zugerechnet wird, gewertet werden.

Steppuhn macht für sein Abschneiden „die persönlichen Angriffe des bisherigen Kreisvorsitzenden Ronald Brachmann“ verantwortlich. Diese hätten ihr Ziel nicht verfehlt, so Steppuhn zur Volksstimme. Er wolle künftig direkter mit den SPD-Ortsvereinen im Harz zusammenzuarbeiten und den direkten Bürgerdialog suchen.

Der neue Wirtschaftsminister Armin Willingmann, der ein Grußwort an die Genossen richtete, übernimmt keine Aufgaben im SPD-Kreisvorstand. Offensichtlich will sich der Wernigeröder auf seine Aufgabe als Ressortchef für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung im Land konzentrieren.

Während die SPD an der Spitze des Kreisverbandes eine Verjüngung anstrebt, wird mit Blick auf die Bundestagswahl auf Erfahrung gesetzt. Bei einer Kampfabstimmung setzte sich Eberhard Brecht mit 57 Stimmen gegen Mario Hennig (30 Stimmen) durch. Der Harzgeröder Hennig, der schon einmal CDU-Kandidatin Brehmer unterlegen war, macht damit den Platz frei für den langjährigen Bundes- und Kommunalpolitiker Brecht.

Der 66-Jährige, der bereits elf Jahre im Bundestag saß, später 14 Jahre Bürgermeister der Welterbestadt Quedlinburg war und 2015 aus Altersgründen ausschied, sieht sich als Versöhner: „Ich sehe unser Land in einer schwierigen Lage, ich sehe eine tiefe Spaltung der Gesellschaft bis hin zum Hass – das kann niemand wollen“, so Brecht. „Ich kann‘s nicht aushalten, das nur passiv von zuhause zu beobachten“, begründet er seine erneute Motivation.

Er setze auf die argumentative Auseinandersetzung und wolle um das Direktmandat kämpfen. „Ich habe nochmal nachgedacht – ein Brecht mit Bekanntheitsgrad hat bessere Chancen“, sagt er mit Blick auf Mario Hennig. Ersatzkandidat ist mit Carsten Barner der Harzer Juso-Vorsitzende.

Dass sich Eberhard Brecht im Wahlkampf im Wahlkreis 68 (Harz und Altkreis Aschersleben) mit Heike Brehmer auseindersetzen muss, steht nunmehr fest. Sehr wahrscheinlich werden die Linken dann Evelyn Edler als Direktkandidatin ins Rennen schicken.

Die 35-Jährige steht für den Generationenwechsel, mit dem die Linken ins Bundestagswahljahr 2017 starten. Auf dem Kreisparteitag wählten 45 Delegierte aus den Harzer Ortsverbänden die Wernigeröderin zur Nachfolgerin des scheidenden Kreisvorsitzenden André Lüderitz. Lüderitz hatte nach zehn Jahren nicht erneut kandidiert. In geheimer Wahl holte Edler ebenso wie Brehmer 95 Prozent der Stimmen. Lüderitz wurde zum Stellvertreter gewählt.

Evelyn Edler, die sich Anfang 2017 der Nominierung als Direktkandidatin im Bundestagswahlkreis 68 stellen will, kann dabei auf die Unterstützung des Kreisvorstandes setzen. Mit Blick auf die Bundestagswahl kritisiert auch sie die tiefe soziale Spaltung im Land. Zudem sieht sie einen weiteren Schwerpunkt im Einsatz für den ländlichen Raum.